Studierende der JLU präsentieren Ergebnisse aus Praktikum im Pflichtkurs …

GIESSEN (fod). Haben Energy Drinks wirklich eine stimulierende Wirkung und helfen über ein Leistungstief hinweg, wie es die Werbung verspricht? Lässt sich bei Menschen wie bei den berühmten Pawlow‘schen Hunden der Speichelfluss nach vorheriger Konditionierung alleine durch ein Klingelgeräusch stimulieren? Und was empfiehlt sich im Gespräch mit dem Patienten für den Arzt zur Risikobeschreibung einer Krankheit oder Operation: die Nennung einer natürlichen Zahl oder einer Prozentzahl? Solche Fragen, denen man in der modernen Medizin schon seit vielen Jahren nachgeht, beschäftigen im jetzigen Sommersemester auch die Teilnehmer des Pflichtkurses Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie am Fachbereich Medizin der Justus-Liebig-Universität (JLU).

Allesamt im vierten Fachsemester ihrer Ausbildung widmeten sich die angehenden Ärzte verschiedensten Fragestellungen und wandten dabei Methoden an, wie sie auch in klinischen Forschungsstudien vorkommen. Das Ganze im Rahmen eines erst zum zweiten Mal ausgerichteten Experimentalpraktikums dieses Kurses der Vorklinik, der in seiner Ausgestaltung bundesweit einmalig ist. Bei der Präsentation der Ergebnisse galt es, vor einem Hörsaal mit rund 150 Kommilitonen und Hochschullehrern auch rhetorische Fähigkeiten zu beweisen.

Manches Experiment verlangte einige Vorbereitungszeit. So mussten Jaika Kinsky und Emina Nurkan die Getränke für die doppelt blind ermittelte Experimental- und Kontrollgruppe so mixen, dass keiner den mit stimulierenden Stoffen wie Koffein und Taurin versetzten Energy Drink herausschmecken konnte. Ihre Hypothese, dass derartige Drinks die geistige Leistungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit steigern, sollte sich als falsch herausstellen. Es sei „keine signifikante Verbesserung“ feststellbar gewesen, schlussfolgerten die Studentinnen nach Auswertung der Fragebögen. Damit dürfte der eine oder andere, der zuletzt sein „Prüfungs- und Lern-Heil“ in solchen Aufputschmitteln gesucht hat, um auch ganze Nächte durchzumachen, künftig wohl die Finger davon lassen. Ein wenig abenteuerlich mutete die Versuchsanordnung der Studierenden Anna-Maria Falker, Thomas Karlischek und Katja Wenkel an. Ihre beiden randomisierten, also per Zufall verteilten, Probandengruppen sollten nach dem Vorbild des legendären Experiments von Iwan Petrowitsch Pawlow an Hunden sechsmal Brausepulver zu sich nehmen. Der Unterschied: bei den einen wurde jeweils vorher eine Fahrradklingel betätigt, bei den anderen jeweils danach. Nach der Auswertung von zuletzt in den Mund gelegten Salivetten, die den Speichel aufsaugten, zeigte sich, dass erstere Methode die deutlich größere Menge erbrachte. Der neutrale Reiz, das Klingeln, war somit zum konditionierten geworden, zogen die angehenden Ärzte als Fazit ihres Experiments. Eine Erkenntnis, die sich in der Klinik unter anderem darin zeigt, dass Übelkeit laut Studien bei einem Viertel der Behandelten schon vor der Chemotherapie eintritt, wenn sie nur das Krankenhaus betreten. Für den Heilungserfolg ist es zudem förderlich, wenn Patienten mehr von dem verstehen, was ihnen ihr Arzt zu Diagnose und Behandlung erläutert. Das gilt auch für ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen beiden. Voraussetzungen, die sich im oftmals hektischen Klinikalltag nur schwer realisieren lassen, aber deutlich von Vorteil sind, wie Student Pascal Renn mit seinen Kommilitonen bei einer Untersuchung der Mitteilung von statistischen Risikokennwerten festgestellt hatte.

Nach einer dem Gespräch folgenden Befragung, bei dem Medizinstudenten als Probanden dienten, sollte sich zeigen, dass natürliche Zahlen zu erwartbaren Behandlungserfolgen wesentlich besser als Prozentzahlen verstanden und verinnerlicht wurden. Bei häufig medizinisch ungebildeten Laien sollten noch größere Unterschiede zu erwarten sein. Das Resultat belegte eindrücklich, dass bei einem Arzt-Patient-Gespräch viele Dinge zu berücksichtigen sind.

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