Studenten organisieren Seminar selbst

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Greifswald (OZ) - Für diese Veranstaltung gibt es keine Note, nicht mal einen Schein, der den Weg zum Diplom ebnet. Anne Klose (21) und Sebastian Lewek (30) absolvieren es trotzdem. Sie haben sich auch noch eine besondere „Rute auf den Rücken gebunden“. Die Beiden organisieren — ohne Honorar— das offene Seminar zur Umweltpsychologie, einer relativ jungen Disziplin. Sieben Studenten nehmen teil und treffen sich in diesem Semester einmal in der Woche. Es gibt zwar ein Lehrbuch, aber die Studenten beraten auch über andere Themen.

„Wir fanden das Fach, das in Greifswald bisher nicht angeboten wird, interessant“, begründet die aus Leipzig stammende Anne Klose ihr Engagement. Die Bekanntschaft mit Greifswalder Landschaftsökologen habe das Interesse gefördert. Auf Umweltschutz lasse sich das Thema Umweltpsychologie nicht einengen, setzt sie hinzu. Auch Hitze, Schall, Strahlung, die Ernährung, die Gerüche, der Einfluss der Städte sind zu berücksichtigen, nennt sie Beispiele. „Es gibt ja die natürliche Umwelt und die, die der Mensch schafft“, erläutert Sebastian Lewek weiter. Beide wirken auf die Menschen. Wie sie diese Umwelten erleben, das zeige sich im Verhalten der Menschen. Es gebe sehr viele Dimensionen, setzt der junge Mann schon ganz wie ein abwägender Wissenschaftler hinzu.

„Wir haben tolle Studenten“, kommentiert Dr. Fay Geisler (34), Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie. „In meiner Greifswalder Studienzeit hatten wir ein offenes Seminar zum freien Willen. Das zur Umweltpsychologie ist aber das erste offizielle offene Seminar. Das Institut stellt nur den Raum zur Verfügung.“ Die Studenten könnten in dieser Veranstaltung ihre frisch im Studium erworbenen Methoden anwenden, sagt Geisler. Eben das sei ja Anspruch eines wissenschaftlichen Studiums.

Sebastian Lewek ist wie Anne Klose im vierten Semester. Der Mann aus Erkner bei Berlin hat schon einen Bakkalaureus-Abschluss in Greifswald erworben. „In Kommunikationswissenschaften und Englisch“, erzählt er. „Das hat mich nicht befriedigt.“

Das Verhalten des Menschen, seine Entwicklung zu erklären und dafür die Ursachen zu finden, diesen Anspruch der Psychologie findet er faszinierend. Eine große Rolle spielen dabei Ängste vor Gefahren, sagen die Studenten. Ein gutes Beispiel dafür sind die Veränderungen der Einstellung der Menschen im Lauf der Zeit zur Kernenergie oder zu ihrer Ernährung. Menschen geraten in Stress, wenn sie etwas nicht beeinflussen können, setzt Lewek hinzu.

Ob man das Umweltverhalten von Menschen vorhersagen kann? Man kann es nur erklären und versuchen es zu verändern, meinen die Psychologiestudenten. Fay Geisler hat dafür ein Beispiel der etwas anderen Art aus einer Studie parat. Die Anbringung von „Augenpaaren“ über Mülleimern führte dazu, dass der Abfall weit häufiger dort landete, als ohne diese. Das Prinzip „Big brother is watching you“ wirkte — obwohl es nur Kunstaugen waren.

Psychologie kann man seit 1993 an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität studieren.

Das Greifswalder Institut ist das einzige in Mecklenburg-Vorpommern und eines von über 40 in Deutschland.

Seit 2011 gehören die Psychologen zur Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, davor gehörten sie zur Philosophischen Fakultät.

Neun Semester ist die Regelstudienzeit fürs Diplom, in Zukunft soll dieser Abschluss durch die gestuften Bachelor/Master-Studiengänge abgelöst werden.

Acht Lehrstühle existieren derzeit am Institut einschließlich einer Juniorprofessur.

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