Streit und Langeweile: In Fernbeziehung Alltag erlauben – ka

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Vorfreude am Bahnsteig

Tränenreiche Abschiede am Bahnsteig, Hunderte Euro Fahrtgeld - und am Ende scheitert es doch. Fernbeziehungen stellen Pärchen oft auf eine harte Probe. Nach Einschätzung von Psychologen scheitern die Beziehungen aber gar nicht an der Ferne - sondern an der Nähe. Denn die schwierige Phase kommt meist erst dann, wenn die Pendelei vorbei ist und die Partner zusammenziehen.

Diese Erfahrung hat auch Alexa Gärtner* gemacht. Als sie nach drei Jahren Fernbeziehung zu ihrem Mann nach Südkorea übersiedelte, fingen die Eheprobleme an. «Ich habe Seiten an ihm wahrgenommen, die ich vorher nicht kannte», sagt die 57-Jährige im Rückblick. Die Ehe scheiterte.

Dabei führten Alexa und ihr Partner zwischen Europa und Asien eine sehr intensive Beziehung - mit vielen tollen Briefen und immensen Telefonkosten. Wenn er in den Ferien bei ihr in Deutschland wohnte, dann waren das Hoch-Zeiten, sagt Alexa. Normalen Alltag gab es nicht. «Es lässt sich viel in Fernbeziehungen verstecken», sagt Karin Krause, Diplom-Psychologin in Frankfurt. Der Knackpunkt komme dann, wenn man zusammenzieht. Manche Paare müssten ihr Territorium neu abstecken. Allerdings gibt es auch schon vor dem vermeintlichen Happy End jede Menge Fallstricke in Fernbeziehungen:

Das leidige Thema Geld: «Viele jammern, dass die Reiserei soviel kostet. Und dann kommt der Vorwurf: Immer muss ich zu dir fahren», sagt Paartherapeutin Vera Matt aus Berlin. Auch wenn die Fernbeziehung in eine gemeinsame Wohnung mündet, bleibt das Geldproblem bestehen. Wer zahlt wie viel in die Haushaltskasse? Darüber sollte das Paar so früh wie möglich sprechen.

Minenfeld Telefonieren: «Sehr konfliktreich sind die Anrufe», weiß Psychologin Matt aus Gesprächen mit verzweifelten Pärchen. Am Anfang ist alles Friede-Freude-Eierkuchen, mehrmals am Tag wird ins Telefon gesäuselt oder eine verliebte SMS losgeschickt. Spätestens wenn jemand einen Anruf vergisst, fangen die Konflikte an. «Dann werden Telefonate eingefordert, Druck gemacht. Oder sie werden lästig», warnt Matt. Dabei sei es grundsätzlich wichtig, zu sprechen und sich über den Alltag auszutauschen. Aber man müsse auch verstehen, wenn der Partner müde vom Job ist und einfach das Gespräch verschieben möchte. Ihr Rat: «Diplomatisch, aber ehrlich sagen, dass man keine Lust zum Telefonieren hat.»

Alles ins Wochenende stopfen: Der Versuch, alle Pläne in einem Wochenende unterzubringen, ist laut Matt zum Scheitern verurteilt. Dann erlebe man zwar mit dem Partner lauter tolle Samstage und Sonntage mit exquisiten Ausflügen. «Aber diesen Standard kann ja keiner aufrechterhalten.» Die Paare sollten nicht versuchen, am Wochenende einen auf heile Welt zu machen. «Das fliegt einem spätestens um die Ohren, wenn man zusammenzieht.» Wichtig sei, dass auch Zeit für Streit und unangenehme Gespräche ist, sagt Therapeutin Krause.

Sich fremd fühlen: Bei vielen Pendel-Pärchen ist die Nähe über Telefon und SMS oft viel größer, als wenn sich die Partner dann gegenüberstehen. «Freitagabend sind sich dann viele erstmal ziemlich fremd.» Das sei ganz normal. «Geben Sie sich Zeit zum Beschnuppern», rät Psychologin Krause. Für die Beziehung ist es laut Matt auch schlecht, wenn sich einer in der Wohnung des Partners wie ein Besucher fühlt und sogar fragt, wenn er sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank nehmen möchte.

Zusammenziehen als Bewährungsprobe: Den Wechsel von «Fern» auf «Nah» sollten Paare behutsam angehen. «Am besten nicht sofort ins große Wir springen, sondern am Anfang ein bisschen Fernbeziehung beibehalten», rät Matt. Das bedeutet: Nicht von heute auf morgen alles zusammen unternehmen. Viele seien auch von Macken des Partners überrascht, die sie noch nicht kannten. Etwa, wenn jemand im Alltag ein Morgenmuffel ist. Grundsätzlich sollte sich jeder über seine eigenen Erwartungen im Klaren sein und diese auch deutlich formulieren.

Eine Fernbeziehung muss nicht per se schlecht sein. «Man sollte allerdings die seelische Konstitution dafür haben», sagt Alexa Gärtner. «Wer ein großes Bedürfnis nach direkter körperlicher Nähe hat, für den ist es nichts.»

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