Stimmungen beeinflussen das Wirtschaftswachstum

Der Wirtschaftspsychologe und Innovationsberater Winfried Neun beschreibt in seinem neuen Buch sehr eindrücklich die Hintergründe der letzten und der aktuellen Wirtschaftskrise. Auf Basis seiner Erfahrungen aus der Beratungspraxis zeigt er an Beispielen auf, warum insbesondere wirtschafts-psychologische Ansätze für die Entstehung von Krisen verantwortlich sind und was wir im Gegenzug als Unternehmer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer daraus lernen können.

Allensbach/ Wiesbaden. Allerorten ist von einer bevorstehenden und praktisch unvermeidbaren Wirtschaftskrise in Europa zu lesen und zu hören. Nach Milliardensummen für Griechenland soll nun aktuell Portugal folgen und aus den Rettungstöpfen der EU frisches Geld bekommen, um seine Haushaltsprobleme zu lösen. Krise ist „das“ Dauerthema der letzten Jahre. Finanzkrise, Euro-Krise und globale Energiekrise. Kaum eine Talkshow verzichtet auf eine mehr oder wenige tiefgründige Beschreibungen von fiskalischen und wirtschaftlichen Horrorszenarien.

Und was passiert? Das genaue Gegenteil: der aktuelle Ifo-Index steigt weiter, denn deutsche Unternehmen erwarten eine spürbare wirtschaftliche Erholung auf ohnehin hohem Ausgangsniveau im zweiten Halbjahr 2012. Damit stehen wir vor der Frage, ob und wem wir glauben sollen und noch können. Vielleicht dem neuen Bundespräsidenten, der in seiner Antrittsrede die Deutschen zu mehr Mut und Selbstbestimmung aufgerufen hat. Damit hat Joachim Gauck sein Kernthema Freiheit mit Begriffen vernetzt, die im Grunde nur eines voraussetzen: eine Basis für Veränderungen zu schaffen, die, so simpel es klingen mag, von Stimmungen abhängig sind. Diese Stimmungen positiv zu besetzen, zu fördern, nicht gleich wieder zu zerreden, sondern gezielt einzusetzen, dies zeigt Winfried Neun in seinem neuen Buch zum Thema Krisenvorbeugung und zur Bewältigung von aktuellen Krisen auf.

Der erfolgreiche Strategie- und Innovationsexperte plädiert dafür, „vergessene“ Werte wie Nachhaltigkeit, Loyalität, Gemeinwohl und Nutzen wieder verstärkt in das unternehmerische Handeln einzubringen – anstatt die Profitgier zur alleingültigen Maxime unternehmerischen Handelns zu erheben. Nur mit einer auch auf wirtschaftspsychologische Aspekte eingehenden Unternehmens- und Innovationsstrategie, so Winfried Neun, die den Nutzen für den Anwender in den Mittelpunkt unternehmerischen Handels stellt, lässt sich intelligentes Wachstum sicherstellen. Aktuellstes wirtschaftliches Beispiel ist Opel. Trotz einer Reihe von technologischen Verbesserungen kommt der deutsche Autobauer aus seinem (Umsatz-) und Stimmungstief nicht heraus. Nicht das in Bochum oder Rüsselsheim schlechte Autos gebaut würden. Das öffentliche Image des Unternehmens hat durch falsche Modell-Entscheidungen und eine verfehlte Unternehmensstrategie Marktanteile an innovativere Wettbewerber wie VW oder Audi verloren. Die Lösung liegt auf der Hand: Opel braucht mehr Freiheit vom Mutterkonzern General Motors, um im Wettbewerb auf dem härtesten Automarkt der Welt Deutschland zu bestehen. Diese Freiheit muss sich Opel erkämpfen oder wie Joachim Gauck es in seiner Antrittsrede so treffend formuliert hat: „Freiheit entsteht erst durch den Willen, Veränderungen positiv anzugehen, anstatt auf dem Erreichten zu verharren“.

Dies führt zu dem an diesem Buch neuem - und in der wirtschaftspolitischen Diskussion bisher völlig fehlenden Begriff des Nutzens - den eine Dienstleistung oder ein Produkt für den Anwender erbringen muss. Damit geht gleichzeitig eine neue Definition des bisherigen Wachstums-Begriffs einher, der weniger prozentual in der Steigerung, denn nachhaltig in die Tiefe gehend sein muss. „Unternehmen müssen intelligenter wachsen als bisher, die regionale Expansion hat ausgedient, das innovative und intelligente Wachstum tritt an seine Stelle“, so Winfried Neun. Und Innovationen sind nie reine technische Fortentwicklungen, Innovationen sind die Menschen, die diese Veränderungen erfolgreich werden lassen. Und damit sind Innovationen untrennbar verknüpft mit wirtschaftspsychologischen Faktoren. Der derzeitige Hype um das neue I-pad ist nur ein Beispiel für eine Innovation, die weniger technisch, denn konsequent an den Wünschen und Anforderungen der Anwender orientiert ist.

Denn längst hat in der Weltwirtschaft eine neue Zeitrechnung begonnen. Ausgelöst durch Finanz-, Banken- und Schulden-Crash der EU-Staaten muss Europa zum Motor der wirtschaftlichen Neuorientierung werden. Gleichzeitig wird die Psychologie immer mehr zum bestimmenden Faktor des Wirtschaftens. Ein Paradigmenwechsel zeichnet sich ab: weg von der unkontrollierten Profitgier hin zu Nachhaltigkeit und Werterhaltung. Intelligentes Wachstum wird zum Leitthema der Wirtschaftssysteme. Und diesen Wandel in die Hand zu nehmen, setzt voraus, dass vor allem psychologische Aspekte verstärkt berücksichtigt werden, die noch längst nicht Eingang in Strategie- und Innovationsprozesse gefunden haben. „Den Mut, quer zu denken bringen nur wenige Unternehmen auf und verfahren lieber nach dem Motto: Augen zu und durch und widersetzen sich damit den dringend erforderlichen Veränderungen, die die deutsche Wirtschaft braucht, damit die Marke „made in germany“ ihren guten Ruf weltweit nicht verliert“, so Neun.

„Vor allem die Schwellenländer haben in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte im Innovationsbereich gemacht“, urteilt Winfried Neun und fordert die deutschen Unternehmen und Unternehmer dazu auf, über ihren eigenen Schatten zu springen und „neue Wege“ und „neue Sichtweisen“ zuzulassen, die zu nachhaltigen Wachstum und zu einer gesamtwirtschaftlichen Stabilität führen. Und die Stabilität sieht aktuell auch noch der Steuerzahlerbund gefährdet und rügt die Bundesbank bei der Verwendung von Target 2 Salden, die bei einem Zahlungsausfall von nur einem einzigen Mitgliedsland verheerende Auswirkungen auf die gesamt Euro-Zone, aber vor allem auf Deutschland als größte Exportnation hätte.

Diese Stabilität ist allerdings nur zu erreichen, wenn Veränderungsprozesse effektiv kommuniziert und von den Mitarbeitern „mit getragen“ werden, so Neun. Nicht umsonst scheitern nach aktuellen Studien drei Viertel aller Strategie- und Innovationsvorhaben in den Unternehmen am inneren Widerstand der Mitarbeiter. „Vielfach wird eine als notwendig selbst von den Beteiligten im Unternehmen angesehene Veränderung so schlecht von der Unternehmensführung „verkauft“, dass diese nur zum Scheitern verurteilt sein kann“, so Neun. Vielmehr müsse „positive Stimmung“ gemacht werden, um die Veränderung zum Erfolg zu führen. Damit spielen die so genannten „weichen Faktoren“ wie Commitment, Vertrauen und Loyalität eine weit größere Rolle auf dem Weg zum gemeinsamen Erfolg als in den letzten Jahren angenommen.

Diese notwenige und längst überfällige Veränderung ist das Kernthema des neuen Buches von Winfried Neun, das aktuell im Gabler Verlag erschienen ist. Ein Mut machendes, provokatives Buch für alle, die sich nicht länger als Spielball der Systeme treiben lassen, sondern den wirtschaftlichen Wandel aktiv in die Hand nehmen wollen.

Der Inhalt des Buches:
• Der Finanz-Crash aus ökonomischer und psychologischer Sicht
• Was wir aus Krisen lernen können
• Intelligentes Wachstum durch Querdenken und Innovation
• Drei Regeln zur Krisenvermeidung

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