Wer sind eigentlich diese Piraten?
Diese Frage stellten sich viele Wähler, als die junge Partei bei der Berlin-Wahl am 18. September plötzlich knapp neun Prozent der Stimmen holte. Ein bekanntes Gesicht oder eine Identifikationsfigur konnte die Partei anfangs nicht bieten. Das änderte sich schlagartig, als sich der Bundesvorstand der Partei im Oktober erstmals vor der Bundespressekonferenz präsentierte.
Neben dem unscheinbaren Berliner Fraktions-Chef Andreas Baum und Bundes-Parteichef Sebastian Nerz saß die politische Geschäftsführerin Marina Weisband (24).
Die schöne Piratin hatte ihre blonden Haare zu einem kunstvollen Zopfknoten frisiert, hatte auf jede Frage eine schlagfertige Antwort und eine Menge zu erzählen: Sie stammt aus Kiew (Ukraine), ist Jüdin, studiert Psychologie, schneidert ihre Kleider selbst.
MARINA WEISBAND WAR DER STAR DER PIRATEN!
Monatelang tingelte sie durch die Talkshows, gab etliche Interviews, wagte sich sogar in die „Harald Schmidt Show". Beim Internet-Netzwerk „Twitter" hat sie mehr als 18 000 Follower, mit denen sie manchmal bis spät in die Nacht diskutiert.
Aber jetzt hat Marina Weisband überraschend ihren Rückzug aus der Führungsspitze der Partei angekündigt.
„Spiegel Online" sagte sie, dass sie „im Moment öfter mal Krankheitsphasen habe“. Außerdem wolle sie sich auf ihre Diplomarbeit konzentrieren, werde der Partei aber als aktives Mitglied erhalten bleiben.
Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner (TNS Emnid) zu BILD.de:
„Mit Marina Weisband verlieren die Piraten ihre einzige Politikerin mit Wiedererkennungseffekt.“
Marina Weisband
Piratin macht ein Jahr Pause
Und jetzt? Jetzt will sich Marina Weisband um ihr Psychologie-Studium kümmern
Auf Twitter bekommt Weisband (Twitter-Name: @afelia) für ihre Entscheidung viel Unterstützung. Neben vielen Parteifreunden schrieb ihr auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Peter Altmaier: „Die Entscheidung von @afelia verdient grossen Respekt! Weil sie klug u ehrlich begründet ist, wird sie die @Piratenpartei nicht schwächen."
Aber stimmt das wirklich?
Weisbands Rückzug kommt für die Partei zu einem schwierigen Zeitpunkt.
Denn eine neue Identifikationsfigur ist nicht in Sicht, und in den Umfragen sind die Piraten seit dem Rekordwert von zehn Prozent (TNS Emnid-Umfrage im Oktober 2011) wieder zurückgefallen. Laut aktueller Allensbach-Umfrage liegt die Partei derzeit bundesweit bei vier Prozent – das würde nicht für den erhofften Einzug in den Bundestag reichen.
Auch bei den kommenden Landtagswahlen müssen die Piraten um den Einzug in die Parlamente bangen.
Im Saarland (Neuwahl am 25. März) kommt die Partei laut ZDF-Politbarometer derzeit auf fünf Prozent, in Schleswig-Holstein (Wahl am 6. Mai) laut TNS Emnid auf sieben Prozent, in Niedersachsen (Wahl am 20. Januar 2013) laut Infratest Dimap auf vier Prozent.
GEHEN DIE PIRATEN JETZT UNTER?
Experte Schöppner sieht die Partei „entzaubert“.
Die Botschaft „Freiheit für das Internet" allein reiche nicht aus, um langfristig Wähler an die Partei zu binden. Schöppner zu BILD.de:
„Die Wähler sind vom bisherigen Auftreten der Partei enttäuscht, weil sie auf wesentliche Fragen wie die Finanzkrise immer noch keine Antwort hat.“
Nach dem Rückzug der schönen Piratin werden sich künftig wieder viele Wähler fragen: Wer sind eigentlich diese Piraten?