Ständige Erreichbarkeit stört Erholung

Viele der geistig tätigen Beschäftigten nutzen Smartphone und Laptop auch nach Feierabend beruflich – und gefährden damit ihre Erholung. Zu diesem Schluss kamen Psychologen der Universität Kassel.


Akten, die sich auf dem Wohnzimmertisch stapeln, das Telefonat mit der Kollegin nach dem Abendessen, die späte E-Mail vom Chef, die vor dem Schlafengehen noch beantwortet werden muss: Die Grenze zwischen Beruf und Privatleben verschwimmt besonders für geistig tätige Arbeitnehmer immer stärker. Nicht zuletzt durch die Nutzung von Smartphones und Laptops, die eine ständige Erreichbarkeit garantieren. Wirtschaftspsychologen aus Kassel untersuchten in einer aktuellen Tagebuch-Studie nun die berufliche Nutzung dieser Geräte nach Feierabend.

Tagebuch-Studie mit Wissensarbeitern

Teilnehmer der Studie waren bundesweit insgesamt 138 Wissensarbeiter, also Beschäftigte verschiedener Unternehmen, die geistig tätig sind. Sie führten unter anderem eine Woche lang Tagebuch und hielten darin morgens, nach der Arbeit und am Abend fest, inwieweit sie Internet und Mobilfunk für berufliche Zwecke nutzten. Außerdem machten sie Angaben zu ihrer beruflichen Inanspruchnahme und ihrem Wohlbefinden.

Auch nach Feierabend erreichbar

Es zeigte sich, dass fast zwei Drittel der geistig tätigen Beschäftigten manchmal (20 Prozent), häufig (27 Prozent) oder immer (14 Prozent) auch abends Internet oder Smartphone nutzten, um berufliche E-Mails abzurufen oder geschäftliche Gespräche zu führen. Nur zehn Prozent der Teilnehmer gaben an, den Feierabend nie zu unterbrechen; weitere 21 Prozent taten dies selten.
Durchschnittlich 26 Minuten verbrachten die die Probanden in ihrer Freizeit damit, berufliche E-Mails zu bearbeiten oder berufliche Anrufe entgegen zu nehmen. Wurden nur die Tage betrachtet, an denen der Feierabend unterbrochen wurde, waren es sogar 46 Minuten.

Hohe Akzeptanz, doch Einschränkungen im Wohlbefinden

Ein großer Teil der Befragten war mit der Erreichbarkeit nach Feierabend einverstanden: Viele Personen empfanden es grundsätzlich als positiv, abends in dringenden Fällen erreichbar zu sein. Nur zwölf Prozent der Teilnehmer beschrieb sich als unzufrieden oder sehr unzufrieden mit dem Ausmaß ihrer beruflichen Inanspruchnahme nach Arbeitsende.

Interessanterweise notierten jedoch auch Personen, die ihre ständige Erreichbarkeit als positiv empfanden, am Morgen häufig eine schlechtere Stimmung und weniger Vitalität. Zudem stellten sie tendenziell eine schlechtere Schlafqualität fest. So scheine auch eine als positiv empfundene Erreichbarkeit am Feierabend eine Belastung darzustellen, die der Erholung entgegenwirke, folgern die Wissenschaftler. Auch wenn weitere Erhebungen notwendig seien, um die Ergebnisse verallgemeinern zu können, plädieren sie für spezielle Smartphone-Filter, um die Belastungen durch berufliche Nachrichten zu verringern, ohne die Erreichbarkeit einzuschränken. Es müsse Regeln und technische Lösungen für das Internet-Zeitalter geben, die die Nachteile der modernen Kommunikationsmöglichkeiten vermeiden, aber deren Vorteile erhalten.


5. Januar 2015
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
Foto © Blafield/Universität Kassel


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