Sollte die Promille-Grenze für Radfahrer herabgesetzt werden?

Marburg. Pro, Sabrina Göpel (19), studiert Psychologie: Wenn man denkt, man könnte noch leicht angetrunken mit dem Fahrrad nach Hause fahren, kann sich dies zu einem Abenteuer entwickeln. Denn mit Alkohol im Blut ist es schwieriger, das Gleichgewicht zu halten, man hat eine verzerrte Raumwahrnehmung und man kann nicht mehr schnell genug reagieren. Die Unfallgefahr ist drastisch ­erhöht.

Tobias Kube (24), studiert Psychologie: Ja, Sabrina, Radfahren unter Alkoholeinfluss kann zum Abenteuer ­werden, aber - im Vergleich zum Auto - zu einem, das nur mich betrifft. Denn beim Fahrradfahren besteht sehr viel weniger die Gefahr, dass ich auch andere Menschen in Mitleidenschaft ziehe. Deswegen denke ich, dass wir es den Menschen selbst überlassen sollten einzuschätzen, inwiefern sie noch fahrtauglich sind.

Sabrina: Auch Radfahrer fahren relativ schnell. Wer betrunken ist, kann seine Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen. Das bedeutet, die Gefahr, die vom Radfahren ausgeht, wird häufig unterschätzt. Denn betrunken fährt man sehr wohl auch in jemand anderen rein, ohne das zu wollen. Man ist aktiver Straßenverkehrsteilnehmer und gefährdet sowohl andere Radfahrer als auch Autos.

Tobi: Sabrina, du hast doch am Anfang selber gesagt, dass man als betrunkener Radfahrer langsamer denkt, langsamer reagiert. Und wenn man so richtig betrunken ist, wird man nicht wie ein Tour-de-France-Sieger die Straße runtersprinten, sondern ganz besonders langsam fahren. Und gerade weil man dann vorsichtig fährt, bleibt noch relativ gut die Gelegenheit zu reagieren, um potenziellen Schaden zu vermeiden.

Sabrina: Vielleicht tendiert man dazu, ein bisschen langsamer zu fahren, wenn man betrunken ist, aber das wissen wir nicht genau, weil wir es eben nicht mehr merken. Außerdem neigt man dazu, gerade wenn man mit dem Fahrrad fährt, noch ein bisschen mehr Alkohol zu trinken. Man denkt eben nicht: „Okay, ich bin mit dem Auto unterwegs“. Das heißt, wir sollten die Alkoholpromille-Grenzen auf jeden Fall heruntersetzen, weil man nicht nur andere Verkehrsteilnehmer, sondern vor allem sich selbst, als ungeschützter Radfahrer - meist noch ohne Helm - sehr stark gefährdet.

Tobi: Sabrina, ich bin schon ein paar mal betrunken Fahrrad gefahren und bin jedes Mal bewusst sehr langsam gefahren. Gerade weil ich ja wusste, wie gefährlich das gegebenenfalls für mich ausgehen könnte. Wenn ich betrunken fahre, sind die Strecken ja auch ziemlich kurz. Und die Wahrscheinlichkeit, das mir da etwas passiert, ist doch wirklich sehr gering. Ja klar, es besteht ein Risiko, aber ein Risiko, welches ich selbst einschätzen möchte und mir nicht vom Staat vorschreiben lassen möchte, wie viel ich trinken darf, wenn das ­potenzielle Risiko allein mich betrifft.

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