So lernen Studenten leichter: Pausen nicht vergessen!

Kerstin Sperber ist Diplom-Psychologin und hat Anfang 2014 Kap, ein Kompetenzzentrum für angewandte pädagogische Psychologie (www.kap-info.de), in Trier ins Leben gerufen. Zunehmend suchen auch Studierende ihren Rat. Dr. Sperber ist zudem Lehrbeauftragte in der Psychologie und den Bildungswissenschaften an der Uni Trier und hält dort regelmäßig Seminare. Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund gibt sie Tipps, die das Lernen leichter machen.

TV-Serie: Studieren in Trier


Frau Sperber, Studierende sind in der Regel über 18 Jahre alt, und persönliche Lerntechniken haben sich schon gefestigt. Kann Hans noch Methoden lernen, die Hänschen bis dahin nicht gelernt hat?
Kerstin Sperber: Natürlich, besser spät als nie. Zwar fällt es in jüngeren Jahren leichter, aber lernen, und eben auch Lernen lernen, kann man das ganze Leben lang. Vorausgesetzt, man setzt sich aktiv mit dem Stoff auseinander.
Was sollten Studierende beim Vorbereiten auf Prüfungen beherzigen?
Kerstin Sperber: Eine gute Arbeitsorganisation und ein sinnvoller Arbeits- und Zeitplan sind wichtig. Dazu zählen ein ruhiger Arbeitsplatz, wenige Ablenkungen etwa durch das Handy, und dass nötige Unterlagen und Bücher griffbereit sind. Studierende sollten den Lernstoff aufteilen, Teilziele definieren, Lernphasen in den Alltag integrieren und auf Pausen achten. Vermeidung und Ablenkung sind verführerisch. Wenn jemand damit Schwierigkeiten hat, könnten Freunde oder Kommilitonen als "Hilfs-Coachs" einbezogen werden.
Wie kann man effektiv lernen?
Kerstin Sperber: Effektive Prüfungsvorbereitung beinhaltet mehrere Phasen. Erstens, sich auf das Lernen vorbereiten sowie die eigene Arbeitshaltung reflektieren: Was klappt gut, was kann noch verbessert werden? Schotte ich mich genug ab? Strenge ich mich genug an? Kann ich durchhalten, auch wenn mich eine geistige Tätigkeit anstrengt oder langweilt? Welcher Lerntyp bin ich? Nutze ich zum Lernen mehrere Kanäle - hören, lesen, selbst sprechen oder Stoff bildlich darstellen? Lernzeiten sollte man planen und am besten auch Zeit für Unvorhergesehenes einplanen. Zweitens gilt es, den Stoff aufzubereiten. Das heißt: verschiedene Quellen zusammenführen, Stoff in sinnvolle Zusammenhänge bringen, eigene Beispiele generieren. Einzelne Themen sollten nacheinander und inhaltlich möglichst abwechselnd erledigt werden.

Dritter Schritt: den Stoff einprägen. In dieser Phase sollte man keine neuen Inhalte mehr lesen, sondern ausschließlich wiederholen. Mit eigenen Beispielen und selbst formulierten Erläuterungen festigt sich der Stoff besser. Wichtig dabei ist, den Lernstand regelmäßig zu kontrollieren. Man kann sich Prüfungsfragen ausdenken und eine Probeprüfung durchführen. Auch Experimentieren ist angesagt: mal neue Lernarten ausprobieren, etwa Lernstoff aufnehmen und immer wieder anhören. Oder Stoff nicht immer nur sitzend, sondern auch mal in Bewegung lernen. Und dran denken: Alle zwei Stunden Pausen machen! In der letzten Phase steht Wiederholen an: Es ist ratsam, nur noch mit eigenen Aufzeichnungen oder Karteikarten zu arbeiten. Vor der Prüfung sollten Studierende einen Ruhetag einplanen und einhalten. Und ausreichend und tief genug schlafen ist ratsam, denn besonders in Tiefschlafphasen transportiert unser Gehirn Infos ungestört ins Langzeitgedächtnis.
Was können Studierende tun, damit das Schreiben von Hausarbeiten, Bachelor- oder Masterarbeiten besser klappt?
Kerstin Sperber: Wichtig ist, nicht zu früh mit dem Schreiben zu beginnen! Eine gute Literatur-Recherche und Zeit zum Lesen zu investieren sind die Basis. Dabei sollten Stichpunkte und Ideen notiert werden, und dann kann das Schreiben beginnen. Empfehlenswert ist auch, sich früh genug mit den jeweils geforderten Regeln zur Manuskriptgestaltung auseinanderzusetzen, etwa wie zitiert werden und Literatur angegeben oder wie Kopfzeilen, Überschriften oder Tabellen formatiert werden sollen. Die PC-Einstellungen sollten bereits vor dem eigentlichen Schreiben korrekt angepasst werden. Denn hinterher kostet es zu viel Zeit und Nerven. Ein weiteres Schlüsselwort ist großzügiges Zeitmanagement.

Besonders bei Abschlussarbeiten ist es notwendig, Zeit zum "Reifen" der Argumentationsweisen und Formulierungen einzuplanen. Den Text ruhig auch mal weglegen, etwas anderes erledigen oder drüber schlafen. So schafft man Raum für neue Ideen. Zwischen den einzelnen Schreibphasen sollten Studierende auch Sport oder Treffen mit Freunden einplanen und damit einen Ausgleich zwischen Kopf, Herz und Hand finden.
Was hilft gegen Prüfungsangst?
Kerstin Sperber: Wenn die Angst sich nur leicht und noch nicht lange zeigt, ist ein guter Lern- und Arbeitsplan nützlich. Denn eine solide Vorbereitung gibt Sicherheit. Auch Entspannungstechniken können helfen. Diese sollten aber bereits vor der eigentlichen Prüfungsphase eingeübt und erprobt werden. Wenn es aufgrund der erlebten Angst zu körperlichen Reaktionen wie Herzklopfen, Schwitzen, Übelkeit oder Kopfschmerzen kommt und wenn dabei Gefühle von Hilflosigkeit oder Minderwertigkeit oder auch Konzentrationsstörungen oder Gedächtnishemmungen auftreten, bitte Rat und Unterstützung bei Fachleuten einholen!
Welche sind die häufigsten Fehler, die Sie als Lehrbeauftragte an der Uni am Lernverhalten von Studenten beobachten?
Kerstin Sperber: Zum einen lassen sich Studierende während der Lernphasen zu viel durch Social Media ablenken und zum anderen sind Lernzeiten und Inhalte oft nicht gut geplant. Zu viel Stoff wird auf einmal gelernt oder abends oder nachts vor dem Termin, so dass man bereits gestresst in die Prüfung geht.

Manche geben in Lernphasen zu schnell auf oder vermeiden sie lieber, als sich mit dem eigenen Lernen auseinanderzusetzen. Manche schätzen auch die zu bewältigende Stoffmenge falsch ein.


Das Online-Dossier zur Serie volksfreund.de/studium

 

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