Sind Frauen die besseren Chefs?

10.08.2015 | 06:28 | 

Andrea Lehky (Die Presse)

Psychologie. Frauen in der Führungsetage sind machtbesessener und streitsüchtiger als ihre männlichen Pendants. Ihre „dunkle Triade“ – Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie – ist noch ausgeprägter, besagt eine neue Studie.

Von wegen, Frauen im Management machen den Umgangston empathisch und konziliant. Im Gegenteil, die Spitzenfrauen sind weniger kompromissbereit und umgänglich als ihre männlichen Kollegen. Und sie stehen ihnen in puncto Selbstdarstellung und Machtwillen um nichts nach.

Dieses nicht wenig verblüffende Ergebnis stammt aus einer noch unveröffentlichten Studie der Universität Hohenheim, der ersten deutschen Untersuchung ihrer Art. Repräsentative 500 Führungskräfte, ausnahmslos Vorstände und Geschäftsführer, wurden befragt. 200 von ihnen waren Frauen.

Man dürfe jetzt nicht folgern, dass alle weiblichen Führungskräfte die ungeliebten „typisch männlichen“ Charaktereigenschaften hätten, relativiert Studienleiterin Marion Büttgen, Inhaberin des Lehrstuhls für Unternehmensführung: „Aber diese Eigenschaften scheinen nützlich zu sein, wenn man an die Spitze will.“

Die dunkle Triade

Wie kam Büttgen zu den überraschenden Ergebnissen: Alle Manager füllten zuerst einen Fragebogen aus, einen klassischen Persönlichkeitstest („Big Five“), wie ihn viele Jobsuchende kennen. Er eruiert nützliche berufsbezogene Eigenschaften, etwa Extraversion, emotionale Stabilität oder Gewissenhaftigkeit.

Im Anschluss klopfte ein zweiter Fragebogen verdeckt die „dunkle Triade“ ab, namentlich Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie. Charakterzüge also, die man üblicherweise weder gern selbst haben will, noch sie sich bei seinem Vorgesetzten wünscht. Die Fragen lauteten etwa:

  • „Es mag unbescheiden klingen, aber meine geistige Überlegenheit ist offensichtlich.“ Typisch für Narzissmus als Mischung aus Grandiosität, Eitelkeit, Autorität und Dominanz. 
  • „Ich stelle mich mit wichtigen Leuten gut, um später davon zu profitieren.“ Eine Frage zu Machiavellismus, definiert als Härte, Ergebnisorientierung, Misstrauen, Zynismus und strategisches Kontaktverhalten. 
  • „Über etwas, das ich in der Vergangenheit falsch gemacht habe, denke ich nicht lange nach.“ So spricht ein Psychopath mit manipulativem Charme, Lügenbereitschaft, mangelnden Schuldgefühlen, emotionaler Kälte, Verantwortungslosigkeit, Impulsivität und übergroßer Risikoneigung.

Siehe da: Beide, die Manager wie die Managerinnen, erzielten in der dunklen Triade fast identisch hohe Werte. Bei den Damen waren sie allerdings signifikant höher als bei ihren Geschlechtsgenossinnen in der Normalbevölkerung. Vor allem in puncto (Un-)Verträglichkeit schnitten sie markant schlechter ab. Ein Rückschlag für viele Unternehmen, die gerade wegen Empathie und Kompromissfähigkeit einen hohen Frauenanteil im Führungsteam anstreben. Die Frauen der Oberliga scheinen auf diese Tugenden zu pfeifen. Büttgen: „Ihnen ist es sogar noch wichtiger, ihren Kopf durchzusetzen.“

Ein bisschen Eigenliebe schadet nicht. Im Gegenteil, erfolgreiche Führungskräfte brauchen ein gesundes Maß davon. Denn zwischen Narzissmus und Performance besteht ein Zusammenhang: Bis zu einem gewissen Punkt steigert er die Leistung, dann fällt sie ab.

Bei den klassischen Persönlichkeitsdimensionen nach dem Big-Five-Test zeigten sich bei den Leading Ladies – anders als in der Normalbevölkerung – kaum Unterschiede zu ihren männlichen Pendants. Die Damen erwiesen sich als emotional genauso stabil und gewissenhaft wie die Herren, sie waren minimal extrovertierter und offener für Neues, aber weniger anpassungsfähig. Konträr zur Normalbevölkerung: Hier sind Frauen eher kooperativ und weniger kompetitiv.

Der Platz an der Spitze hat allerdings einen Preis, so ein Nebenergebnis der Studie. Eben weil die Topmanagerinnen den Weg nach oben als besonders hart und steinig empfinden, kostet er sie viel Kraft und Energie. Die fehlt anderswo. Die befragten Herren hatten trotz Spitzenposition Familie, die Damen blieben deutlich öfter kinderlos und Single. An fehlenden Kinderbetreuungsplätzen dürfte das nicht liegen: „Sie könnten sich jede Nanny leisten“, sagt Büttger, „aber sie investieren alle Zeit und Aufmerksamkeit in die Karriere“.

Frauen, die es bis ganz an die Spitze schaffen, haben ein ähnliches Persönlichkeitsprofil wie vergleichbare Männer. Das besagt eine Studie der deutschen Universität Hohenheim mit 500 Teilnehmern, davon 200 Frauen. Besonders bei der „dunklen Triade“ (Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie) schneiden sie markant höher ab als Frauen aus der Normalbevölkerung – vor allem in puncto Unverträglichkeit.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2015)

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