Sex: Flaute im Bett

Keine Lust auf Sex?

Das Problem überhaupt erst einmal zu erkennen und einzuordnen kann Schwierigkeiten bereiten. Verspürt man keine Lust auf Sex, fehlt er einem naturgemäß auch nicht. Anders als bei der Potenzstörung entsteht dann wenig subjektiver Leidensdruck. Auch mit Richtwerten, die nahelegen, wie oft man Sex haben sollte, kommt man diagnostisch kaum weiter. „Der sexuelle Appetit von Menschen unterscheidet sich stark“, weiß Hartmann aus seiner sexualmedizinischen Sprechstunde. Was für den einen also wenig ist, mag dem anderen schon zu viel sein. Kommt es aber zu einer deutlichen Veränderung des Trieb­lebens oder zu entsprechenden Klagen des Partners, liegt häufig ein Problem vor.

Medikamente können dahinterstecken, denn verschiedene Präparate dämpfen die Lust. Aber auch seelische Nöte sind eine häufige Ursache, wobei die Zusammenhänge biologisch konkret beschrieben sind: Stress und Depression senken den Spiegel des Sexualhormons Testo­steron, das sowohl beim Mann als auch bei der Frau die Lust anfacht.

Daher führen auch hormonelle Störungen zu einem Lustverlust. Ist die Testosteron-Synthese gestört, wie zum Beispiel beim Klinefelter-Syndrom des Mannes oder bei schweren Lebererkrankungen, erlischt der Trieb. Erkrankungen der Schild- oder Hirnanhangdrüse können sich ebenfalls entsprechend auswirken. Bei Frauen bremsen Stillhormone oder die Wechseljahre leicht amouröse Bedürfnisse.

Lustkiller Übergewicht

Ein verbreiteter Lustkiller der körperlichen Art ist aber auch Übergewicht. Eine Studie mehrerer deutscher Universitäten zeigte vor drei Jahren, dass Männer mit bauchbetonter Adipositas bereits in jungen Jahren unterdurchschnittliche Testosteronwerte aufweisen. Der Grund: Das Fettgewebe enthält ein Enzym, welches das Hormon umwandelt.

Obwohl Testosteron also eine wesentliche Rolle im Triebleben spielt, lässt es sich nicht damit gleichsetzen. Ebenso wichtig wie der „Treibstoff“ ist der „Motor“, also vor allem der Kopf: Verschiedene Hirnareale steuern hier über komplizierte Regelkreise die Lust.

Daher ist die Gabe von Testosteron auch kein Patentrezept, wie Dr. Johannes Dietrich, Endokrinologe am Universitätsklinikum Bochum, betont: „Eine solche Therapie ist unter Umständen sinnvoll, doch hängt die Sexualität von weit mehr Faktoren ab.“ Außerdem könne das Hormon Nebenwirkungen verursachen.

Eine „Lustpille“, wie sie vor einigen Jahren bereits beworben wurde, werde es in absehbarer Zeit nicht geben, ist deshalb auch Uwe Hartmann überzeugt. Die Behandlung müsse je nach der individuellen Ursachenkonstellation erfolgen und könnte zum Beispiel eine Paartherapie beinhalten.

Potenz und Libido

Die Erektionsfähigkeit hängt auch vom Testosteron und naturgemäß zudem von ausreichender Lust ab. Hormonelle Störungen und Libidoverlust wirken sich deshalb meistens ungünstig auf die männliche Potenz aus. Gefäßleiden oder Störungen des Nervensystems behindern dagegen die Erektion, dämpfen aber nicht den sexuellen Appetit.

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