Schauspieler-Patienten: Hollywood im Hörsaal

In einen Raum mit etwa 15 Studenten tritt der Simulationspatient ein. Eine zuvor ausgesuchte Studentin (beispielhaft Stephanie aus dem fünften Klinischen Semester) spielt die Ärztin und beim Eintreten des „Patienten“ geht es sofort los. Die „Ärztin“ begrüßt die „Patientin“, sie setzten sich, das Gespräch beginnt. „Wir hatten heute diesen Termin vereinbart, um über die Ergebnisse der letzten Untersuchungen zu sprechen. Auf welchem Stand sind Sie bis jetzt? Was haben Ihnen die Ärzte und die Pfleger bisher über den Stand Ihrer Erkrankung erklärt?“ Die „Patientin“ berichtet, was man ihr bisher mitgeteilt habe, sie erscheint leicht beunruhigt, besorgt. „Leider muss ich Ihnen eine schlechte Nachricht mitteilen. (Pause) Wir haben in der letzten Untersuchung, der MRT, ein weiteres Wachstum der Tochtergeschwülste Ihres Tumors entdeckt. (Pause) Wir hatten gehofft, dass die Therapie das Wachstum der Tochtergeschwülste aufhalten und sie zurückdrängen würde. Doch leider ist dies nicht eingetreten, sie sind gewachsen und es sind noch weitere hinzugekommen. (Pause) Das bedeutet, nach unseren jetzigen Erkenntnissen, dass wir das Fortschreiten ihrer Erkrankung nicht mehr aufhalten können, sie nicht mehr heilen können.“

Im Raum ist es still. Keiner der zuschauenden Studenten rührt sich, alle schauen gebannt auf die Patientin. Diese schaut fassungslos die Ärztin an, schluckt, versucht zu sprechen, beginnt einen Satz, verstummt wieder. „Aber... Was soll das heißen? Ich habe doch die Chemotherapie bekommen und am Anfang sah es doch gut für mich aus. Ich dachte, es wird wieder. Mir ging es doch besser. Die Nebenwirkungen waren viel geringer als beim ersten Zyklus...“ (Pause) Die Augen werden feucht. „Ich… kann doch nicht sterben. Meine Kinder…“, sie verstummt. Die „Ärztin“ lässt die Patientin ausreden, wartet, sieht sie an. „Auch, wenn wir Ihre Erkrankung nicht mehr heilen können, heißt es nicht, dass wir nichts mehr für Sie tun können. Sie werden die Chemotherapie nicht mehr bekommen, was Sie von den Nebenwirkungen befreien wird. Wir können dann alles medizinisch Mögliche tun, um Ihre Schmerzen zu lindern. Wir werden Sie bei Beschwerden sofort mit Medikamenten unterstützen und werden Ihnen helfen, dass Sie die Ihnen verbliebene Zeit so gut wie möglich, in der Umgebung, die Sie sich dafür wünschen, gestalten können.“

Die „Ärztin“ ist sehr konzentriert, spricht ruhig und langsam. Die Patientin ist sichtlich durcheinander, ihre Hände sind gefaltet, sie sind rot vor Anspannung, die Fingergelenke scheinen weiß hervor. Sie versucht etwas zu sagen, stockt, schweigt wieder. Ihre Lippen zittern. Wiederholt muss sie einen begonnenen Satz abbrechen. „Ich kann das nicht glauben. Nicht verstehen…“. Nach einer längeren Pause spricht die Ärztin wieder: „Es ist natürlich jetzt ein Schock für Sie. Diese Situation ist sehr belastend und schwer für Sie. Es ist normal, dass Sie durcheinander sind. Es wird Zeit brauchen, um die Informationen zu verarbeiten. Aber Sie sind nicht alleine. Sie können mir und den anderen Ärzten jederzeit Fragen stellen. Wir werden uns die Zeit nehmen, aufkommende Fragen in Ruhe mit Ihnen zu besprechen. Auch Ihre Angehörigen können gerne zu uns kommen. (Pause) Wir vereinbaren nun erstmal einen Termin für ein weiteres Gespräch.“ Wieder eine lange Pause. „Ich glaube, ich brauche erst mal Zeit für mich, um das zu verarbeiten. Ich werde auf mein Zimmer gehen.“

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