Rückgang auf der ganzen Linie

-Johannes Loy- Im Bistum Münster haben in den vergangenen Wochen fünf Priester den Bischof um Entpflichtung vom Priesteramt gebeten. Ein weiterer bat um Bedenkzeit. Diese Personalien bieten Gesprächsstoff im Bistum, denn unter ihnen finden sich die Namen dreier herausragender Theologen: Prof. Dr. Andreas Tapken (46), langjähriger Leiter des Priesterseminars in Münster, zuvor Professor für Psychologie an der Gregoriana in Rom, sodann Prof. Dr. Klaus Arntz (48), Moraltheologe in Augsburg, schließlich Prof. Dr. Albert-Peter Rethmann (51), früher Sekretär von Bischof Reinhard Lettmann, danach Moraltheologe an der Universität Prag und zuletzt Direktor des Instituts für Weltkirche und Mission der Deutschen Bischofskonferenz an der Hochschule St. Georgen in Frankfurt/Main.

Priesterrücktritte haben stets viele Gründe, zumal in einer Zeit, in der die Kirche in Deutschland einen Rückgang und Umbruch auf ganzer Linie verzeichnet. Diese Gründe reichen in der Regel von dem Wunsch, in Ehe und Familie zu leben, bis hin zu privaten Gründen, dem Amt des Priesters nicht mehr genügen zu können, oder persönlichen Glaubenskrisen. Arntz und Rethmann haben ihren Entschluss öffentlich mit dem Wunsch begründet, heiraten zu wollen.

Bischof Felix Genn gehen die jüngsten Personalien nah. Kurz vor Ostern hatte er die Priester im Bistum Münster deshalb aufgefordert, sich gegenseitig zu stützen, zugleich äußerte er „inneren Respekt“ für die Entscheidungen jener Priester, die jetzt den Rückzug antraten. Domkapitular Hans-Bernd Köppen, Personalchef des Bistums Münster, betont im Gespräch mit unserer Zeitung, dass die Rücktritte berühren und betroffen machen, hebt jedoch gleichzeitig hervor, dass sie „aus unterschiedlichen persönlichen Motiven“ erfolgten.

Mit Blick auf schwierige Fusionsverhandlungen und Proteste, zuletzt in Telgte und Ahlen, weist Köppen Vorwürfe mangelnden Dialogs der Bistumsleitung zurück und verweist auf die zahlreichen Gespräche auf Pfarr- und Dekanatsebene, zum Beispiel auch unter Führung von Generalvikar Norbert Kleyboldt. Zuweilen sei die Situation konfliktbeladen, auch in den Gemeinden selbst gebe es Pfarrer und Gremien, die zuweilen Einzelinteressen vor das Gemeinwohl stellten. Planerisch und personell sieht Köppen die Umbruchsituation mit einer Portion Optimismus und verweist auf Gemeinden wie Nottuln, wo das pfarrliche Leben bereits in guten neuen Bahnen verlaufe.

Konflikte freilich gibt es auch in anderen Bistümern in Deutschland. Im Bistum Augsburg findet der aus Görlitz stammende Mixa-Nachfolger Bischof Konrad Zdarsa kaum Zugang zu den bodenständigen Schwaben, die sich vehement dagegen wehren, dass viele ihrer Dorfkirchen mehr oder minder dichtgemacht werden sollen.

In Österreich haben sich rund 400 Kleriker zu einer Pfarrer-Initiative zusammengeschlossen, die zum Ungehorsam gegenüber der ihrer Meinung nach reformunwilligen Kirchenführung in Rom aufruft. Die in der FAZ zu lesende Überschrift „Es lutherlt im Staate Österreich“ klingt harmlos, dürfte aber viele alarmieren.

Derweil geht auch im einstmals so kraftstrotzenden Bistum Münster die Zahl der Gläubigen spürbar zurück. Weniger Taufen, weniger Trauungen und weniger Kirchenbesucher: Für Köppen liegt der Grund der Krise deshalb nicht im Priestermangel oder gar in deren eheloser Lebensform, sondern im Gläubigenmangel und im Glaubensverlust, aus dem dann eben auch ein Priestermangel erwachse.

Johannes Loy

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