Rollenspiele am Computer verändern Urteilsvermögen

Eine Studie von Psychologen der Universität Witten/Herdecke untersuchte, wie sich das Hineinversetzen in virtuelle Avatare auf die menschliche Urteilskraft auswirkt.


Im Rahmen von Rollenspielen am Computer oder auf einer Spielkonsole erschaffen Spieler virtuelle Wesen und Charaktere mit bestimmten Fähigkeiten, sogenannte Avatare, die sie in der Rollenspielwelt repräsentieren. Psychologen der Universität Witten/Herdecke untersuchten in einer aktuellen Studie nun, inwieweit die Beschäftigung mit virtuellen Rollenspielen und Avataren auch das Verhalten in der wirklichen Welt beeinflusst.

Einfluss virtueller Assistenten

In ihrem Versuch ließen die Forscher die Hälfte ihrer Probanden zunächst ein virtuelles Rollenspiel spielen. Die Teilnehmer der Kontrollgruppe hingegen schauten den Spielenden nur zu, wurden aber selbst nicht aktiv. Im Anschluss waren alle Versuchspersonen gebeten, ein Urteil bezüglich der Eignung verschiedener Kandidaten für einen bestimmten Job abzugeben. Dabei war es immer so, dass einer der zwei beschriebenen Kandidaten, sowohl seiner Motivation als auch seiner Fähigkeit nach, der geeignetere Bewerber war.
Bevor die Versuchsteilnehmer selbst ihre Meinung abgeben konnten, beurteilten zwei virtuelle Assistenten die vorgestellten Kandidaten: In manchen Fällen waren diese Urteile richtig, in anderen falsch.

Rollenspiele fördern roboterhaftes Verhalten

Es zeigte sich, dass die Personen, die zunächst das virtuelle Rollenspiel gespielt hatten, anschließend eher geneigt waren, dem Urteil der virtuellen Assistenten zu folgen – auch dann, wenn dieses objektiv falsch war. Nach Ansicht der Wissenschaftler könne das Eintauchen in ein roboterhaftes Wesen auch in der realen Welt zu entsprechenden Veränderungen im menschlichen Urteils- und Erlebensvermögen führen – und damit zu einem blinden Vertrauen in die vom Computer generierten Antworten.

In einer früheren Studie hatten die Forscher bereits zeigen können, dass virtuelle Rollenspiele bei Spielern eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber emotionalen Informationen hervorrufen können. Vor dem Hintergrund solcher Ergebnisse sei es besonders wichtig zu hinterfragen, was virtuelle Spiele mit den Menschen machen und wie wir als Gesellschaft damit in Zukunft umgehen wollen.

Literatur
Weger, U. W., Loughnan, S., Sharma, D. Gonidis, L. (in press). Virtually compliant: Immersive video gaming increases conformity to false computer judgments. Psychonomic Bulletin Review.

Weger, U. W. Loughnan, S. (2014). Virtually numbed: Immersive video gaming alters real-life experience. Psychonomic Bulletin Review, 21 (2), 562-565.

30. Januar 2015
Quelle: Universität Witten/Herdecke
Foto © Ella Lapointe


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