Qualität familiengerichtlicher Gutachten soll kontinuierlich verbessert werden

Rechtspsychologen fordern, dass die Qualität familiengerichtlicher Gutachten kontinuierlich verbessert wird. Sie machten auf einer Pressekonferenz deutlich, wie sich der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen für verbindliche Ausbildungsstandards für Gutachter vor Gericht engagiert. Außerdem ist ein neues Verzeichnis erschienen, das Gerichten hilft, geeignete Rechtspsychologen als Gutachter auszuwählen.


An der Pressekonferenz, die am 14. November in Berlin stattfand, nahmen die Rechtsanwältin und Diplompsychologin Dr. Anja Kannegießer, die Rechtsanwältin Ingeborg Rakete-Dombek und der Rechtspsychologe Professor Dr. Max Steller teil. Diplom-Psychologin Gita Tripathi, Hauptgeschäftsführerin des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen, moderierte das Gespräch.

Anja Kannegießer begrüßte, dass die „Qualität im familiengerichtlichen Bereich im Dialog mit den anderen relevanten Fachverbänden und Kammern gemeinsam verbessert wird.“ Seitdem das Bundesjustizministerium unlängst zu gemeinsamen Gesprächen geladen habe, tauschten sich verschiedene psychologische, medizinische und juristische Verbände beziehungsweise Kammern dazu aus. Ziel sei es zum Beispiel, verbindliche Ausbildungsstandards für Gutachter vor Gericht zu schaffen. Hierbei bringt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen engagiert seine langjährige Erfahrung ein.

Mehr Lehrstätten zur Rechtspsychologie

Max Steller wies darauf hin, dass die Qualität familiengerichtlicher Gutachten verbessert werden müsse, wenn es beispielsweise um das Umgangs- oder Sorgerecht gehe. Qualitätssicherung ist dabei ein unaufhörlicher Prozess: „Die Debatte um Qualitätssicherung ist nicht neu, ich verfolge sie seit 40 Jahren, und sie ist nie zu Ende.“ Dazu müssten aber auch deutschlandweit mehr Lehr- und Forschungsstätten eingerichtet werden, vor allem zur Psychologie im Familienrecht.

Ingeborg Rakete-Dombek betonte, wie wichtig es sei, dass sich Psychologen und Juristen bei familienrechtlichen Fragen austauschten. Beide Berufsgruppen verwenden mitunter Begriffe ganz unterschiedlich: „Richter denken häufig, jede Bindung sei eine Beziehung und grundsätzlich positiv.“ Aber Psychologen betrachteten den Bindungsbegriff differenzierter. Zudem müssten Richter Gutachter sorgfältiger auswählen.

Verzeichnis zertifizierter Rechtspsychologen

Auf die Frage, warum es zu Fehlurteilen komme, sagte Max Steller: „Wir haben immer wieder Probleme gesehen, wenn sich Gutachter vereinzelt niederlassen.“ Dieses „Solistentum“ und ungenügende Qualifikation seien Fehlerquellen, wenn unzureichende Gutachten erstellt würden. Abhilfe schaffe etwa Teamarbeit, wenn fünf bis sechs Kolleginnen und Kollegen zu ähnlichen Fragestellungen zusammenarbeiteten.

Gita Tripathi wies auf das gerade erschienene Verzeichnis „Psychologische Sachverständige im Rechtswesen“ hin. Darin sind Psychologen aufgeführt, die eine umfassende rechtspsychologische Weiterbildung absolviert haben und als „Rechtspsychologin/Rechtspsychologe BDP/DGPs“ zertifiziert sind. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) brachten die Weiterbildung 1995 auf den Weg. Das Verzeichnis hilft Gerichten und Staatsanwaltschaften, geeignete und qualifizierte Gutachter auszuwählen.

Schließlich lud Anja Kannegießer noch zum 5. Tag der Rechtspsychologie ein, der am 15. November in Berlin zum Thema „Rechtspsychologie – Herausforderungen in der Vielfalt“ stattfand. Dabei hielten Experten Vorträge zu Kriminalprognosen, lösungsorientierten Gutachten, zur Kritik an familienrechtspsychologischen Sachverständigen und zur Aussagepsychologie.


Weiterführende Links

Verzeichnis „Psychologische Sachverständige im Rechtswesen“

19. November 2014
Quelle: Deutscher Psychologen Verlag
Foto: Deutscher Psychologen Verlag

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