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Psychotherapie hilft Magersüchtigen

Eine tiefenpsychologische Therapie wirkt bei Magersucht am längsten nach. Das zeigt eine neue Vergleichsstudie – die grösste, die bislang durchgeführt wurde.

«Manche geniessen die Macht über ihren Körper und die Sorge der anderen.»: 242 magersüchtige Frauen nahmen an einer Vergleichsstudie zur Therapie von Magersucht teil.

«Manche geniessen die Macht über ihren Körper und die Sorge der anderen.»: 242 magersüchtige Frauen nahmen an einer Vergleichsstudie zur Therapie von Magersucht teil.
Bild: Sean Masteson/Keystone

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Abnehmen um jeden Preis

Keine psychische Krankheit verläuft so tödlich wie die Magersucht: Ein Fünftel der Betroffenen stirbt an den Folgen ihres exzessiven Hungerns, letztlich an ihrer Unfähigkeit, ihren Körper und damit sich selber selbstständig wahrzunehmen.

Die Anorexia nervosa gilt als eine Zivilisationskrankheit, da sie in armen Ländern und bei armen Familien viel seltener vorkommt. Sie trifft fast nur Mädchen und Frauen, 0,3 Prozent der weiblichen Bevölkerung leiden daran. Obwohl genetische Faktoren das Gewicht mitsteuern, gilt die Magersucht als Ausdruck tiefer persönlicher, manchmal auch familiärer Konflikte. Schwere Anorexien machen einen stationären Klinikaufenthalt nötig.

Die psychotherapeutische Behandlung verläuft sehr aufwendig und ist stets von Rückfällen und Therapieabbrüchen bedroht. Nach sechs Jahren Dauer hat erst die Hälfte der Patientinnen ihre Symptome überwunden. (jmb)

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Sie lösen Sorge aus oder Wut, diese jungen Frauen, die mit Duldermiene herumlaufen und aussehen, als gehe der Wind durch sie hindurch. Die ihren ausgemergelten, zum Selbstopfer designten Körper vorzeigen wie ein ambulantes Schuldgefühl. Die mit kindlicher Stimme lieblich reden, für andere Brot backen und sich selber krankfasten.

Das führt immer wieder zu Notfällen, zu akuten Einweisungen in eine Klinik. Auch dort lassen Anorektikerinnen keinen gleichgültig. Je mehr die Patientinnen abnehmen, desto grösser wird die Irritation des Stationspersonals – ganz so, als würde die verdrängte Wut der einen bei den anderen explodieren. «Ich kenne sowohl das Verhalten wie auch die Reaktionen darauf», sagt der Psychiater Wolfgang Herzog von der Deutschen Gesellschaft für Medizin und Ärztliche Psychotherapie. Beides habe damit zu tun, dass den Patientinnen die Krankheitseinsicht fehle. Sie fänden ihr Erscheinungsbild normal und wehrten sich gegen alle Versuche, es zu ändern. Anorektikerinnen hätten nie gelernt, Nein zu sagen, dafür sagten sie jetzt Nein zum Essen. «Manche geniessen die Macht über ihren Körper und die Sorge der anderen.»

242 Frauen untersucht

Das erschwert die Therapie, und umso drängender stellt sich die Frage: Welche Therapie hilft am meisten, welche wirkt am schnellsten, welche wirkt am längsten nach? Wolfgang Herzog leitet die Abteilung für Psychosomatische Medizin in Heidelberg und hat die aufwendigste Vergleichsstudie mitgeleitet, die je zur Therapie von Magersüchtigen durchgeführt wurde. An der Untersuchung, die fast zwei Jahre dauerte, beteiligten sich zehn deutsche Kliniken. Diese Woche hat die Fachzeitschrift «The Lancet» sie publiziert. 242 magersüchtige Frauen nahmen teil, in drei Therapiegruppen unterteilt.

Die Kontrollgruppe durchlief eine herkömmliche Psychotherapie, ergänzt durch den Einbezug des Hausarztes oder der Hausärztin. Die Frauen der beiden für die Studie relevanten Gruppen absolvierten zwei Therapieformen, die speziell für Essstörungen weiterentwickelt wurden. Die eine gründet in der kognitiven Verhaltenstherapie, bei der die Patientinnen Informationen über die Folgen ihres Untergewichts bekommen und Techniken erlernen, mit denen sie ihre Magersucht überwinden oder wenigstens lindern können.

Die andere Behandlung heisst fokale psychodynamische Psychotherapie. Sie hat sich aus der Psychoanalyse heraus entwickelt und interessiert sich weniger für die Symptome als vielmehr für die Ursachen der Magersucht, zum Beispiel die persönlichen Konflikte, auch die in der Familie und in Beziehungen.

Die Therapien dauerten zehn Monate, die Nachbeobachtung erstreckte sich über ein ganzes Jahr. Bei starker Gewichtsabnahme war es möglich, die Patientinnen vier Wochen lang stationär zu behandeln. Das Mass des Behandlungserfolges war die Gewichtszunahme, gemessen am Body Mass Index.

Das auffälligste Ergebnis der Studie ist das unauffälligste: Alle drei Therapien hatten dieselbe positive Wirkung, dass nämlich die Patientinnen in dieser Zeit an Gewicht zunahmen. Vor der Therapie wogen sie im Durchschnitt 46,5 Kilo, nachher fast vier Kilo mehr. Das klingt nach wenig; es gilt bei der Magersucht aber als Erfolg, weil viele Patientinnen das Gewicht nach der Therapie wieder wegfasten. Das ist mit ein Grund, weshalb die Behandlung so langwierig und schwierig verläuft.

Viele brechen ab

Wenn alle Therapien funktionieren, kann das nur heissen, dass schon die Intensität der Behandlung einen heilenden Effekt hat. Die genaue Betrachtung zeigt die Unterschiede zwischen den Methoden: Die Patientinnen mit der tiefenpsychologischen Psychotherapie, die sich mit den Ursachen ihrer Krankheit befassten, nahmen auch im Jahr nach Ende der Therapie konstant zu, deutlich mehr als die Kontrollgruppe. Das Resultat überrascht, weil tiefenpsychologische Behandlungsmethoden seit Jahren stark kritisiert werden. Im Vergleich dazu führte die kognitive Verhaltenstherapie zu einer raschen Gewichtszunahme, die sich nach Ende der Therapie aber abflachte.

Die tiefenpsychologische Methode, sagt Wolfgang Herzog, habe eine höhere Heilungsrate als die Verhaltenstherapie und eine deutlich höhere Rate als die Kontrollgruppe. Auch hätten weniger Patientinnen die Therapie abgebrochen oder zwischendurch im Spital behandelt werden müssen.

So brach knapp ein Viertel der Frauen die tiefenpsychologische Therapie ab, bei der Kontrollgruppe waren es 41 Prozent. Dieser Unterschied ist bemerkenswert, weil die Abbruchrate bei dieser Störung besonders hoch ausfällt. Weil es den Patientinnen so schwerfällt, ihre Krankheit als solche zu akzeptieren, werden sie oft von ihrer Familie, von Lehrern und Ärzten zu einer Therapie gedrängt. Mit der Folge, dass viele von ihnen sie unterlaufen oder abbrechen. Auch bei dieser Studie brach insgesamt fast ein Drittel der Frauen Therapie und Nachbehandlung ab, und ein Drittel musste vorübergehend in der Klinik betreut werden.

Die Beziehung zählt

Was bedeuten diese Resultate für die Psychotherapieforschung? «Dass es sie braucht», sagt Wolfgang Herzog lakonisch. Eine einjährige Nachbetrachtung nach Ende der Therapie könne bestenfalls Tendenzen andeuten, schaffe aber noch keine Klarheit über die bestmögliche Behandlung. Dennoch stimmen ihn die Resultate zuversichtlich. Die Studie habe gezeigt, wie positiv sich die enge Zusammenarbeit nicht nur mit den Patientinnen, sondern auch mit ihren Hausärzten und Familien auf die Behandlung auswirke. Der Erfolg der tiefenpsychologischen Therapie deute darauf hin, dass sich die Patientinnen intensiver auf eine Behandlung einliessen, die sich nicht nur auf das Symptom konzentriere. Mit der Folge, dass sie auch nach Ende der Therapie weiter zunähmen.

Wolfgang Herzog sagt aber auch, worauf Wissenschafter und Praktiker immer wieder hinweisen: Wie gut eine Therapie verläuft, hängt weniger von der Methode ab als von der Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Nur wenn diese Allianz gelingt, ist Heilung überhaupt möglich.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 18.10.2013, 11:10 Uhr


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