Mainz/Bonn - Vorbei die Zeiten in denen Dackelherrchen einen Cordhut trugen und sich im Zuchtverein organisierten. Für den Hundehalter von heute hat der Dackel den gleichen Status wie die Hornbrille oder der ganz, ganz schmale Schlips: Vintage, Retro, so out, dass er schon wieder in ist.
Besonders deutlich lässt sich der langsame Wandel der Szene an den Hundenamen ablesen: Wer an seine Leine heute noch einen Waldi, Hasso oder Bello kettet, outet sich als von gestern. Die klassischen Vokabeln nutzt inzwischen fast niemand mehr, wie die Magisterarbeit einer Studentin am Deutschen Institut der Universität in Mainz ergab.
Lieber rufen die Deutschen beim Gassigehen nach alkoholischen Getränken: Die Befragung von 1000 deutschen Hundehaltern habe ergeben, dass viele Hunde Jim Beam, Asti oder Brandy heißen, sagt Damaris Nübling. Die Namenkundlerin hat die Magisterarbeit der Studentin betreut. Noch beliebter seien Menschennamen: Ben oder Benny sowie Sam oder Sammy führen das Ranking an. Besonders interessant findet die Wissenschaftlerin, dass auch Lilly und Max zu den Favoriten zählen - die spielen auch bei Kindernamen ganz vorne mit.
"Damit ist der Hund gewissermaßen von der Hundehütte ins menschliche Bett gekommen", sagt Nübling. Die Ursache für die Alkoholmarken-Affinität mancher Halter vermuten die Germanisten in deren Eindeutigkeit. "Indem Hundehalter sagen, welchen edlen Alkohol sie trinken, können sie sich sozial einordnen." Mit Hundenamen wie London oder Paris weise der Halter möglicherweise auf seinen weiten Horizont hin.
Aber auch der Cordhut-Dackelfreund ist noch nicht ganz verschwunden. Viele der kleinen Wursthunde schlafen noch immer neben Eiche-rustikal-Schrankwänden. Nur liegen mittlerweile wahrscheinlich genauso viele von ihnen in minimalistisch eingerichteten Großstadt-Lofts - Hundehalter lassen sich nicht mehr kategorisieren. "Die Motive, aus denen Menschen Hunde halten, sind einfach immer vielfältiger geworden", sagt die Psychologin Silke Wechsung, die an der Universität Bonn ein Forschungsprojekt zur Mensch-Hund-Beziehung geleitet hat.
Das Motiv "Freude am Züchten" gibt es noch immer. "Es gibt noch die klassischen alten Schäferhund-Liebhaber." Allerdings sind laut Wechsung in den vergangenen Jahrzehnten viele weitere Motive dazugekommen. "Vom Mode-Accessoire bis zur Waffe - Hunde erfüllen die unterschiedlichsten Funktionen", sagt die Psychologin.
Wer trendy sein will, wählt als treuen Begleiter derzeit die Klassiker: "Alte Hunderassen werden neu entdeckt. Der Dackel zum Beispiel hat lange Zeit keine Rolle gespielt, kommt jetzt aber wieder", sagt Wechsung. Der Vierbeiner kann sogar die Funktion eines protzigen Sportwagens erfüllen: "Wer sein Image aufbessern will, macht das manchmal mit einem teuer und edel aussehenden Rassehund."