Psychologie: Sprich darüber!

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Die Trennung vom Lebenspartner tut weh. Psychologen haben untersucht, wie man Liebeskummer wieder loswird

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11.01.15, 01:20

Psychologie

Die Trennung vom Lebenspartner tut weh. Psychologen haben untersucht, wie man Liebeskummer wieder loswird

Von
Fanny Jiménez

Liebeskummer und Herzschmerz kommen meist im Winter und um Weihnachten. Laut Statistik passiert ein Drittel aller Trennungen in der vermeintlich besinnlichen Zeit. Dann tauchen Fragen auf: Was ist bloß falsch gelaufen? Wer bin ich ohne den Partner? Da mögen sich die Freunde noch so anstrengen mit Ratschlägen zur Ablenkung: Menschen mit Liebeskummer wollen nur über Liebeskummer reden. Zu Recht, sagt die Psychologin Grace Larson von der Northwestern University in Evanston (US-Staat Illinois). Das unaufhörliche Reden und Nachdenken helfe tatsächlich am besten dabei, über den Verlust hinwegzukommen. Dabei braucht es noch nicht mal einen, der zuhört – Liebeskummer lässt sich mit Selbsttherapie heilen.

Larson hat zusammen mit Kollegen 210 frisch Getrennte ins Labor gebeten, um zu untersuchen, was gegen Liebeskummer hilft. In der Studie baten die Forscher einen Teil der Probanden, zweimal kurze Fragebögen zu ihrer Person und zur Trennung auszufüllen. Eine zweite Gruppe hingegen wurde an vier Terminen im Verlauf von neun Wochen immer wieder gebeten, die Beziehungsgeschichte sowie die Trennung so genau wie möglich wiederzugeben. Die Versuchsteilnehmer taten das, indem sie allein in einem Raum saßen und ihre Stimme selbst aufnahmen.

Paare haben ein "Wir-Gefühl"

"Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es nicht so gut ist, die Betroffenen immer wieder an die Trennung zu erinnern, indem man sie bittet, diese zu beschreiben", erklärt Larson. Doch die Ergebnisse zeigen das Gegenteil. Denn den Teilnehmern, die ständig über ihre Trennung gesprochen hatten, ging es nach neun Wochen weit besser als jenen, die nur ein paar Kreuzchen in den Fragebögen gemacht hatten. Die Probanden fühlten sich weniger einsam und wurden seltener von Gefühlsausbrüchen überfallen.

Doch das Sinnieren nahm dabei einen Umweg: eine Veränderung des Selbstkonzeptes. Die Forscher hatten dies mit Fragebögen ebenfalls erfasst, weil eine frühere Studie gezeigt hatte, dass nach einer Trennung in der Regel das Selbstkonzept, also das Wissen über eigene Fähigkeiten, Gefühle und Verhalten, völlig durcheinandergerät. Denn Paare entwickeln mit der Zeit ein Verständnis von "wir" – etwa gemeinsame Hobbys und Freunde. Die Partner seien dann oft in der Lage, die Sätze des anderen vorherzusagen. Sie haben auch das Gefühl, dass der andere sie selbst ergänzt. Endet die Beziehung, gerät das Bild der eigenen Identität ins Wanken.

Doch die Reflexion über die Trennung kann dabei helfen, schnell ein neues Selbstkonzept zu schaffen, sich selbst unabhängig vom Partner und trotzdem vollständig zu fühlen. Oder, wie Larson es formuliert: "ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wer man als Single ist".

Die Idee, dass das Selbstkonzept sehr flexibel ist, kam Wissenschaftlern Anfang der 90er-Jahre. Damals begann der US-Psychologe Arthur Aron damit, Partnern sich überlappende Kreise vorzulegen – in verschiedenen Ausprägungen. Er bat seine Probanden anzugeben, welcher Grad der Überlappung für ihre Beziehung charakteristisch sei. Und tatsächlich hatten die meisten das Gefühl, der Partner sei ein mehr oder weniger großer Teil von ihnen. Fast niemand gab an, sich von seinem Partner komplett unabhängig zu fühlen. Spätere Untersuchungen belegten dann, dass sich die Partner tatsächlich immer ähnlicher wurden, je länger sie zusammen waren, etwa in ihren Werten und Einstellungen. In manchen Beziehungen wird diese Überlappung sogar so stark, dass sie zur Ursache für eine Trennung werden kann. Identifiziert sich ein Partner zu stark mit dem anderen, verliert er also eine "Eigenständigkeit", ist die Bindung ungesund für eine Beziehung.

Eine völlig normale Überlappung der Persönlichkeiten nach einer Trennung wieder aufzulösen, sei schmerzhaft, erklärt Larson. Sie vermutet, dass die wiederholte Reflexion über die Trennung dabei hilft, weil sie es dem Betroffenen nach und nach immer größere Distanz zu dem Geschehenen ermöglicht. Dieses Prinzip, das Aufarbeiten durch Reflexion, war bisher vor allem für das Schreiben bekannt. So wendet der Psychologe James W. Pennebaker von der University of Texas in Austin das "reflexive Schreiben" als therapeutische Technik bereits seit mehr als 20 Jahren an. Vier Tage in Folge für etwa 15 Minuten das aufschreiben, was einen gerade innerlich durcheinanderwirbelt, das entspanne in turbulenten Zeiten und führe zu besserem Schlaf und verbesserter Immunfunktion.

Mit Schreiben Distanz aufbauen

"Emotionale Umbrüche berühren jeden Teil des Lebens", schreibt der Psychologe auf seiner Website. "Man verliert nicht einfach einen Job oder lässt sich scheiden. Diese Dinge berühren alle Aspekte dessen, was man ist – die finanzielle Situation, das Verhältnis zu anderen, den Blick auf sich selbst. Das Schreiben hilft dabei, uns zu fokussieren und die Erfahrung zu sortieren."

Die Reflexion, im Kopf oder auf dem Papier, ist also nach einer schmerzhaften Trennung eine gute Strategie. Man sollte über die Trennung so schreiben oder sprechen, als würde man es einem Fremden erzählen, rät Larson. Das helfe dabei, emotionale Distanz aufzubauen und sich von den Ereignissen innerlich zu lösen. Wer sein Selbstkonzept neu geordnet hat, der ist auch wieder offen für eine neue Beziehung.

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