Psychologie: Lügen

Studien zufolge, lügen wir rund 200 Mal an einem Tag. Man kann nicht verhindern, dass der andere lügt, aber man kann wissen, wenn dem so ist! Werden Sie zum Detektor!

Was ist, wenn Ihnen harte Fakten fehlen, um zu beweisen, dass der andere lügt? Der Partner behauptet, die mehrfach auftauchende Telefonnummer auf dem Handy nicht zu kennen oder das kleine Kind betont, es nicht gewesen zu sein. Wer keinen mechanischen Lügendetektor zu Hand hat, muss selbst zu einem Ermittler werden.

Was löst Lügen im Körper aus?

Lügen bedeutet Stress für den Körper. Ein Detektor zeichnet also nichts anderes auf, als den Stresslevel des Verdächtigen. Dazu wird die Atmung, der Blutdruck, der Puls und die elektrische Leitfähigkeit der Haut gemessen. Für das Gehirn gesehen, ist das Lügen ein ausgesprochen komplexer Prozess. Man muss geistig eine mehrfache Buchführung haben. Das belastet natürlich – geistig und körperlich! Und bis auf den Berufsbetrüger abgesehen, verhält man sich nicht wie sonst normalerweise. Ob man will oder nicht, man muss sich 100-prozentig auf die Lügengeschichte konzentrieren, die Konzentration fehlt dann bei anderer Stelle. Es kann gleichzeitig nicht alles kontrolliert werden, um authentisch zu bleiben. Körpersprache, Stimme, Intonation sind plötzlich anders. Die Wahrheit bzw. eine erlebte Geschichte ist im Gehirn abgespeichert und kann schnell abgerufen werden, egal ob chronologisch, vor- oder rückwärts. Beim Lügen muss das Gehirn immer erst an die Wahrheit denken. Das kostet natürlich Zeit, denn Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Wissensstände und Widersprüche müssen überprüft und konstruiert werden. Das löst den Stress aus, der zusätzlich dadurch erhöht wird, dass man nicht auffallen darf.

Wie erkennt man das Lügen?

Zwei Dinge muss man wissen, um diesen Stress und Druck erkennen zu können: Wie ist das normale Verhalten des Verdächtigen? Und wann genau muss man auf diese Stressmuster achten? Natürlich kann man sich nicht 1000-prozentig auf ein Lügenerkennungsmerkmal verlassen. Die Kunst liegt im Erkennen eines abweichenden Verhaltens von der Gewohnheit. Der vermeintliche Blick nach oben bietet keinen Verlass. Ihre Überlegenheit liegt darin, die Sekunde, nachdem Sie eine Frage gestellt haben, zu nutzen und den Verdächtigen zu analysieren. Denn bevor als Antwort gelogen werden kann, muss erst die Wahrheit gedacht werden. Das Gehirn wird völlig überfordert, alles andere muss unkontrolliert bleiben. Mögliche Merkmale des Lügens können dann sein: ruhiger, aktiver, verzögert oder eilig auf die Frage reagieren, nachlässiger oder bedachter antworten, der Blick weicht aus oder verweilt zu lange, grinsen oder lachen, der Herzschlag nimmt zu, der Atem wird schneller, das Gesicht rötet sich, Schweißperlen bilden sich auf der Stirn. Egal was passiert, es wird passieren und verrät den Lügner.

Fragemethodik

Für eine "Vernehmung" beginnt man am besten erst mit ein paar Fragen, die nach leichtem Smalltalk aussehen. Fragen, die nicht ans Eingemachte gehen, die völlig belanglos erscheinen. So etwas wie "Wie war gestern die Party?" oder "Waren die Freunde nett zu Dir?". Dadurch bekommt man die Antwort auf die Frage nach dem Normalverhalten des Verdächtigen. Und dann wird die Hammer-Frage gestellt! Die Fragen, die an die Substanz gehen wie "Wo warst du gestern Nacht?" oder "Wie kommt der Lippenstift an deinen Hemdkragen?".

Noch ein paar Tipps obendrauf:

-    Durch seichtes Plaudern das Verhalten bei Ehrlichkeit prüfen!
-    Unstimmigkeiten bei Gesichtsausdruck, Körpersprache und Verhalten treten beim Lügen auf
-    Häufiges Blinzeln, Pausen, Stottern kann ein eindeutiges Indiz beim Lügen sein
-    Zahlreiche, übermäßige Details, unverstandene Details oder eine unstrukturierte Erzählung weisen auf Lügen hin
-    Je mehr Merkmale festgestellt werden können, desto wahrscheinlicher wird gelogen. Andere Gründe für Verhaltensstörungen müssen dafür aber ausgeschlossen werden können.
-    Stress erhöht man durch Nachhaken, zeitliches Springen, durch Köderfragen, Schweigen oder lange Pausen

Der Eignungstest

Lügen, bis sich die Balken biegen! Achten Sie währenddessen darauf, was mit Ihnen selbst passiert und wie Sie sich fühlen. Das ist kaum möglich, weil Sie sich so sehr auf das Lügen konzentrieren müssen. Der reinste Stress und eine Hochleistung für das Gehirn.

Solche Tricks kann nur ein Fachmann auf Lager haben. Der Ex-Agent und Experte für unterbewusst ablaufende Denk- und Handlungsmuster Leo Martin beschreibt in seinem Buch "Ich durchschau dich!" viele gute Taktiken, wie man die Menschen durchschauen kann und ihnen gehörig auf die Schliche kommt. Martin war über 10 Jahre für den Inlandsnachrichtendienst tätig und verrät dem Leser anhand eines spannenden Falls, wie man sich eine gute Menschenkenntnis aneignet. Man sollte immer der Gegenseite einen Schritt voraus sein, damit man sie durchschauen kann und nicht selbst durchschaut wird. Ein super interessantes und flüssig zu lesendes Ermittlungs-Meisterwerk, erschienen im Ariston Verlag, um 17 Euro.

Text: Elisa Gianna Gerlach

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