Psychologie: Langeweile ist ein Gesundheitsrisiko

Wer sich chronisch langweilt, ist anfällig für Bluthochdruck und psychische Krankheiten, sagen Forscher. Doch Langeweile in kleinen Dosen beflügelt die Kreativität. von Tina Groll

Wer sich im Job langweilt, hat ein höheres Herzinfarkt-Risiko
als Menschen, die Sinn und Erfüllung in ihrer Arbeit finden. Die Ergebnisse
britischer Forscher aus einer Langzeitstudie unter Beamten sind
erstaunlich. Langeweile als Gesundheitsrisiko? Auch andere Studien belegen, dass Langeweile Stress verursacht. Wer sich langweilt, hat einen höheren
Puls und Blutdruck als andere, und in seinem Blut findet sich das Stresshormon Cortisol. Damit
sei Langeweile sogar stressiger als Traurigkeit, haben Neurowissenschaftler in
Kanada herausgefunden. Das Magazin Psychologie heute hat den Stand der Wissenschaft zum
Thema Langeweile jetzt zusammengefasst. 

Einig sind sich die
Forscher demnach darüber, dass sich Langeweile als biochemischer
Prozess im Kopf erklären lässt. Wer monotone Tätigkeiten verrichtet, aktiviert
sein Belohnungszentrum im Gehirn wenig. Ist dies über einen längeren Zeitraum der
Fall, kann ein Dopaminmangel entstehen. Dann ist die Anfälligkeit für
psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angstzustände, Aggressionen oder
Suchterkrankungen größer. Zugleich lässt ständige Langeweile die Widerstandskraft gegen widrige Umstände sinken, die sogenannte Resilienz.

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Allerdings muss
Langeweile kein chronischer Dauerzustand werden. Man kann sie gezielt beeinflussen, etwa durch Meditation und Achtsamkeit. Die amerikanische
Psychotherapeutin Nicole LaPera vermutet, dass Achtsamkeit eingesetzt werden kann, um neue Ressourcen zu aktivieren. Viele Menschen machen das sogar unbewusst und stärken so ihre Konzentration. Zum Beispiel in langweiligen Meetings. Um sich die Sitzungszeit zu vertreiben, kritzeln manche Büromenschen nebenbei. Britische Psychologen fanden heraus, dass die Kritzeleien Achtsamkeit und Konzentration stärken können. Sie helfen dem Zeichnenden, sich gedanklich von seiner Umwelt abzukoppeln. Die Gedanken und Gefühle geraten in Fluss, die Kreativität wird neu angeregt.

Eine amerikanische Forschergruppe hat im Experiment überprüft, ob Langeweile tatsächlich kreativ macht. Die Wissenschaftler ließen ihre Probanden kreative Aufgaben lösen. Die eine Hälfte musste sofort ans Werk. Die zweite Gruppe bekam zuerst eine monotone Aufgabe und sollte dann kreativ werden. Sie hatte die vielfältigeren Ideen.

Langeweile beflügelt allerdings nur, wenn sie nicht chronisch wird. Für Menschen mit
Jobs, die sie weder fordern noch befriedigen, gilt deshalb: Sie sollten versuchen, ihre Tätigkeit zu verändern, sich neben der Arbeit einen Ausgleich suchen – oder den Job ganz wechseln.

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