Psychologie Kamerastudie – Kölner Stadt




Grundsätzlich bin ich dafür, keine ästhetischen Verbotsschilder aufzustellen, niemals und nirgends. Polanski hat einfach ausprobiert, ob „Der Gott des Gemetzels“ auch im Kino funktioniert, und das tut er prächtig. Aber warum passt Yasmina Rezas Bühnenstück so gut auf die Leinwand? Weil Polanski und sein großartiger und bewährter Kameramann Pawel Edelmann eben kein abgefilmtes Theater abliefern; weil sie das dialektische Kabinettstück fertigbringen, der Bühne mit den Mitteln des Kinos zu huldigen und umgekehrt das Bühnenstück zur psychologischen Kamerastudie umzuformen: allein die Szene, in der Polanski Kate Winslet wie zufällig, wie nebenbei im Spiegel zeigt, während Christoph Waltz als ihr Ehemann einen seiner schwer erträglichen Monologe hält, führt optisches Erzählen par excellence vor. In solchen Momenten löst Polanski das Theaterstück in Bilder auf, wie sie nur das Kino bieten kann.

Diese Meisterschaft dehnt sich zudem auf die Inszenierung des Raumes aus, oder besser, auf die Räume der Wohnung aus, die bei aller wohlgeordneten Bürgerlichkeit bald wie ein höhlenhaftes Gefängnis wirkt. Mehrfach nimmt das Ehepaar Cowan Anlauf, daraus zu entfliehen, doch wie von einer dunklen Magie fortgezogen, schaffen sie es kein einziges Mal, den Lift zu besteigen. Auch diese Bewegung – Flucht aus der Wohnung hinaus und wieder hinein, mit anderen Worten: Flucht aus dem Triebhaften hinaus und wieder hinein, vollzieht die Kamera mit wunderbarer Sensibilität nach. Diese Bewegung ist nichts anderes als Kino.

CONTRA von Jessica Düster: Die Subtilität geht verloren


CONTRA: Die Subtilität geht verloren



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