Psychologie für den Hausgebrauch

„Ich bin nie gelobt worden.“ Mit dem Titel seiner Neuerscheinung zielt Aloys Butzkamm nicht auf sich selbst. Der studierte Theologe, Archäologe, (Kunst-)Historiker und Diplom-Psychologe greift damit nur eine der verbreiteten Störungen heraus, die er in seinem Taschenbuch beleuchtet.

Minderwertigkeitskomplexe, nicht Nein sagen können, Schlafstörungen, Langeweile, allgemeiner Frust, Funkstille in der Ehe und Hassgefühle („Der ist für mich gestorben“) beschreibt Butzkamm (82) kurzweilig, scharf in der Analyse und mit zahlreichen Beispielen aus dem wirklichen Leben gespickt. Auch massivere Themen wie Alkoholismus, tiefe Depressionen und Suizid-Gedanken greift er auf. Den Verweis, das diese in den Kompetenzbereich eine Psychiaters – eines Arztes mit Spezialausbildung – gehören, stellt er voran.

Seine „Einsichten in die menschliche Psyche“ (Untertitel) hat der umtriebige Geist, der bisher über Theologie und Kunstgeschichte publiziert hat, im Psychologiestudium und als Diplompsychologe im Ev. Krankenhaus in Castrop-Rauxel und im Kath. Johanneshospital in Hagen gewonnen. Seine Ausführung zu Störungen, die jeden treffen können, richten sich zunächst „an ganz normale Menschen“ – hier liegt der Akzent auf Vorbeugen und Gegensteuern. Überdies wird Betroffenen der Weg zum Fachmann erleichtert und gewinnen Angehörige mehr Verständnis für psychisch Kranke.

Im letzten Drittel liefert Butzkamm allgemeinverständlich den wissenschaftlichen Hintergrund – vom klassischen Konditionieren (Pawlow) über die positive Verstärkung (Skinner) und das Imitationslernen (Bandura) bis zur Psychoanalyse (Freud) – im besten Sinne eine psychologische Handreichung für den Hausgebrauch.

Das Tröstliche: Die Lerntheoretiker, denen Butzkamm eher zugeneigt ist, gehen davon aus, dass Störungen „erlernt“ sind. „Das geht ganz schnell, aber was man erlernt hat, kann man auch umlernen.“ Die Frau, die panische Angst vor Aufzügen hat, nimmt er ganz praktisch an die Hand und mit in den Lift hinein – sie schafft es. Zum Thema Glaubenszweifel meint der Geistliche, der weiterhin als Seelsorger im Pfarrverbund Ost tätig ist: „Klasse, die habe ich auch.“ Und: „Lass uns drüber reden.“ Ein Glaube ohne Fragen bleibe in den Kinderschuhen stecken.

Und Gelegenheiten für ein Lob oder ein Dankeschön gebe es jeden Tag Dutzende, egal ob am Schalter oder im Laden. Butzkamm: „Lob ist wie Sauerstoff, so wichtig wie Essen und Trinken. Gelobt werden ist wie ein Antidepressivum, dazu noch rezeptfrei, kostenlos, ohne Nebenwirkungen und garantiert wirksam.“

Genug des Lobes.

Präsentation im Pfarrsaal: Der Autor stellt sein Buch an diesem Sonntag, 16. Dezember, um 10.45 Uhr allen Interessierten im Pfarrsaal der katholischen Kirchengemeinde St. Pius, Piusstraße 1, in Rüdinghausen vor. Davor lädt die Gemeinde um 9.45 Uhr zur Sonntagsmesse mit Pfarrer Butzkamm ein.

Das Buch: Aloys Butzkamm, Ich bin nie gelobt worden, Einsichten in die menschliche Psyche, 2012 Bonifatius Verlag Paderborn, 90 Seiten, 9,90 Euro.

Von Johannes Kopps

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