Die natürliche Irrationalität des Menschen
Dass unsere Erinnerungen eben nicht wie abgespeicherte Dokumente unveränderlich auf einer Festplatte liegen, verdeutlicht Güntürkün mit Beispielen wie diesem: Jemand, den wir von früher kennen, erzählt von einem gemeinsamen Erlebnis. Ein Detail hat zwar Plausibilität, stimmt aber so nicht. Beispiel: die erste Käfer-Fahrt, die gefährliche Kurve, die Angst, Manuela auf der Rückbank.
Thema: Hirnforschung
Tatsächlich saß Manuela aber gar nicht auf der Rückbank. Gut möglich, dass unser Gedächtnis uns das zunächst auch so vermittelt. „Wir lehnen ab, wir grübeln“, so Güntürkün. Doch Wochen später hat die vermeintlich plausible Erzählung des Bekannten unser Gedächtnis „überzeugt“, fortan „erinnern“ wir uns: Manuela saß auf der Rückbank. „Ein Teil unseres Lebens ist von uns selbst erfunden“, fasst der Forscher dieses Phänomen zusammen.
Dass das Gehirn Erinnerungen modifiziert, hat für uns durchaus Vorteile: „Sonst könnte man keine neue Kaffeemaschine bedienen, sondern würde immer wieder bei Null anfangen“, so Güntürkün. Wer Zeugenaussagen bewerten wolle, für den sei das Wissen um diese „natürliche Irrationalität des Menschen“ aber unverzichtbar.