Psychologen sagen: Multitasking ist doch besser als sein Ruf

Die soeben präsentierte Studie der Universität Basel überrascht auf den ersten Blick: «Wenn zu viel Nachdenken hinderlich ist: Wie kognitive Belastung die Urteilsleistung verbessern kann», lautet der Titel übersetzt. Janina Hoffmann, Bettina von Helversen und Jörg Rieskamp von der Fakultät für Psychologie berichten in der Fachzeitschrift Studie «Psychological Science», dass es eben doch möglich sei, mehrere kognitive Herausforderungen gleichzeitig zu bewältigen. Manchmal sogar besser.

Multitasking: Möglich oder nicht?

Und das behaupten die drei, nachdem Forscher aus verschiedenen Ländern bewiesen haben, dass Multitasking nicht wirklich funktioniert. Und dass Konzentration und Leistung abnehmen, wenn man mehrere Aufgaben parallel zu erledigen versucht: Telefonieren beim Autofahren, haben Forscher der Universität Utah gemessen, senkt die Leistungsfähigkeit um 40 Prozent. Und Clifford Nass von der Stanford University bewies, dass geübte Multitasker gegenüber «Neulingen» im Test arg ins Hintertreffen gerieten: Sie konnten viel schlechter Relevantes von Irrelevantem unterscheiden.

Das muss aber nicht sein, wie eben jetzt die Basler Psychologen beweisen: In zwei grossen vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Experimenten zeigen sie, dass eine kognitive Zusatzbelastung nicht automatisch zu einer schlechteren Urteilsleistung führt. Im Gegenteil, abhängig von der Wahl der Lösungsstrategie könne das die Leistung sogar verbessern. «Im Alltag müssen Menschen häufig mehrere Aufgaben gleichzeitig lösen. Es ging uns darum, zu zeigen, welche Strategien Menschen helfen, eine hohe kognitive Belastung zu bewältigen», erklärt Hoffmann.

Einfache Strategien helfen besser

Diese können oft nicht wählen, ob sie Multitasking gut finden oder nicht. Zu diesem Zweck mussten 90 respektive 60 Teilnehmende in zwei Experimenten Urteilsaufgaben lösen: Basierend auf Merkmalen von Comicfiguren wie kurzes/langes Haar oder grünes/blaues T-Shirt, lernten die Teilnehmer abzuschätzen, wie viele Tiere die Figuren einfangen können. Die eine Aufgabe erlaubte, sich die Figur im Gedächtnis zu merken, die andere konnte nur über kognitiv anstrengende Regeln gelöst werden. Daneben wurden die Probanden mit Zusatzaufgaben abgelenkt.

Nun zeigte sich: «Wer bei der ersten Aufgabe nicht versuchte, eine Regel zu abstrahieren, sondern sich die Figuren merkte, also gedächtnisbasiert arbeitete, löste die Aufgabe sogar besser als jene, die keine Ablenkung zu bewältigen hatten», erklärt Hoffmann. «Dagegen konnte die zweite Aufgabe nur besser von Teilnehmern gelöst werden, die trotz kognitiver Belastung noch Regeln abstrahieren konnten.»

Diese Erkenntnisse helfen herauszufinden, unter welchen Umständen Menschen Probleme besonders gut lösen können: Das ist nicht immer dann der Fall, wenn sie ein Problem nach dem anderen lösen, sondern dann, wenn sie die einfachste Strategie herausgefunden haben.

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