Psychische Erkrankungen werden häufiger erkannt – Saarbruecker

Saarbrücken. Über kaum ein anderes Thema berichteten Medien in jüngster Zeit so häufig wie über psychische Störungen. Ein in der Öffentlichkeit viel beachtetes Phänomen ist das so genannte Burnout. Doch nehmen psychische Störungen in der Arbeitswelt wirklich zu? Darüber referierte der Professor für klinische Psychologie an der Psychologischen Hochschule Berlin, Frank Jacobi, in Saarbrücken bei einem Vortrag des Berufsverbandes der Psychologen im Saarland, der Industrie- und Handelskammer Saarland und der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände. Trotz vermeintlich alarmierender Zahlen legte der Psychotherapeut in seinem einstündigen Vortrag vor etwa 160 Psychologen, Unternehmern und Managern anhand von Studien und Daten dar, dass es zumindest keine Belege für eine „dramatische Zunahme“ psychischer Störungen wie Angst oder Depression gebe.

Wie Jacobi unter Berufung auf eine europäische Studie aus dem Jahr 2010 sagte, waren im gleichen Jahr etwa 38 Prozent der europäischen Bevölkerung von einer psychischen Störung oder Gehirnstörung betroffen. Nach einer Studie aus dem Jahr 2005 litten etwa 27 Prozent an psychischen oder neurologischen Störungen. Den Anstieg erklärte Jacobi damit, dass 2005 lediglich Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren untersucht wurden, während in die neuere Studie auch Kinder, Jugendliche sowie Personen über 65 Jahre einbezogen wurden.

Als einen wichtigen Grund, warum in den Gesundheitsberichten und Statistiken die Zahlen der psychischen Störung so stark angestiegen seien, nannte Jacobi die Entdeckungsrate psychischer Störungen. Ärzte seien heute besser darin geschult, psychische Probleme anzusprechen und zu diagnostizieren. Hinzu käme, dass sich öfters Patienten mit solchen Problemen bei Ärzten vorstellten. Insgesamt sei eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber psychischen Störungen zu verzeichnen, erläuterte Jacobi. Vielleicht, so Jacobi, seien „wir heute einfach ein bisschen anders krank“, doch nicht unbedingt häufiger.

Nach seiner Einschätzung sei Burnout ein nicht zu unterschätzendes Phänomen im beruflichen Alltag. Zwar gebe es eine „gefühlte Zunahme“ von Burnout-Patienten, doch sei mangels breit angelegter Erhebungen nicht bekannt, ob die Zahlen tatsächlich zugenommen haben. Falls Betroffene bei sich eine abnehmende Arbeitsleistungsfähigkeit feststellen und sie Mühe haben, ihren alltäglichen Verpflichtungen nachzukommen, so sollten sie das abklären, rät Jacobi. bera

Beitrag vom: 17.02.2012, 16:13

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