Primaten-Psychologie

Seit der kanadische Psychoanalytiker Elliott Jaques den Begriff 1965 erstmals verwendete, ist die «Midlife Crisis» nicht mehr aus dem Vokabular der Alltagspsychologie wegzudenken. Diese Stimmungsverdüsterung in der Lebensmitte tritt aber nicht nur beim Menschen auf, sondern auch bei seinen nächsten Verwandten, den Menschenaffen. Das zeigt zumindest eine gross angelegte Studie eines internationalen Forscherteams.





Bildstrecken
Neues Zuhause für Menschenaffen im Basler Zoo





Video

Menschenskind, bist du ein Schnüggel!
Nehmt das, ihr Primaten!Fairness unter Affen



Genstudie: Orang-Utan-Bestände kollabierten schon vor längerer Zeit
Einst schwangen sich hunderttausende Orang-Utans durch die Wälder der Inseln Borneo und Sumatra. Heute leben in stark zerstückelten Populationen noch 50'000 Individuen auf Borneo und 6600 auf Sumatra. Fest steht, dass die grossflächige Abholzung der Regenwälder für den Rückgang verantwortlich ist. Doch wann der Kollaps genau stattfand, war bislang unklar. Nun haben portugiesische, britische und französische Forscher sowie das Team von Carel Van Schaik von der Universität Zürich eine umfassende Erbgutanalyse von 126 Individuen aus ganz Borneo gemacht. Sie fanden klare Anzeichen eines Kollapses der Bestände, wie sie im Fachblatt «PloS One» berichten.
Die Datierung aufgrund von Genveränderungen ergab, dass dieser Kollaps auf Borneo mancherorts schon 200 bis 2000 Jahre zurückliegt - also schon vor der rasanten Ausbreitung von Palmölplantagen in den letzten 15 Jahren. Es gebe Hinweise darauf, dass der Schwund mit der Ankunft der Landwirtschaft auf Borneo zur vorindustriellen Zeit zusammenhängt, schreiben die Forscher.
Klimatische Veränderungen und die Jagd durch indigene Völker seien am Rückgang indes kaum beteiligt gewesen. Die jüngste Abholzung habe die Orang-Utans mit grosser Wahrscheinlichkeit auch beeinträchtigt, allerdings seien Einflüsse neueren Datums auf die Genstruktur schwierig zu messen.
(sda)


Die Wissenschaftler hatten Betreuer von insgesamt 508 Menschenaffen unterschiedlichen Alters nach dem psychischen Zustand der Tiere befragt. Das Ergebnis: Affen im Alter von rund 30 Jahren wurden von ihren Betreuern als am unglücklichsten eingestuft. Dies entspreche einem Menschenalter von etwa 40 bis 50 Jahren.

Ihr Wohlbefinden zeige damit ähnlich wie beim Menschen eine typische Senke im mittleren Alter, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin «Proceedings of the National Academy of Sciences» (PNAS). Das deute darauf hin, dass die Midlife-Crisis möglicherweise auch biologische Wurzeln habe und nicht allein auf Faktoren im menschlichen Leben beruhe.

Wie wohl sich ein Mensch mit sich und seinem Leben fühlt, verändert sich mit dem Alter: «Studien in Dutzenden von Ländern zeigen, dass das psychische Wohlbefinden in der Jugend meist hoch ist, im mittleren Alter auf ein Minimum abfällt und dann mit zunehmendem Alter wieder langsam ansteigt», schreiben Alexander Weiss von der University of Edinburgh und seine Kollegen.

Unabhängig von Lebensumständen

Diese typische U-Kurve zeige sich in armen und reichen Gesellschaften und sowohl bei Männern wie auch bei Frauen. Kinder oder andere persönliche Lebensumstände hätten ebenfalls nur einen geringen Einfluss.

Die Ursachen der Midlife-Crisis seien bisher unklar. Einer Hypothese nach sollen enttäuschte Hoffnungen verantwortlich sein: Im mittleren Alter wird man sich bewusst, dass sich viele Ansprüche aus der Jugend nicht erfüllen lassen, beim Älterwerden lernt man dann, dies zu akzeptieren.

Nach Ansicht der Forscher deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass die Midlife-Crisis sehr alte und eventuell biologische Wurzeln habe. Möglicherweise habe es sie schon bei den gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Menschenaffe gegeben.

(sda)

Open all references in tabs: [1 - 7]

Leave a Reply