"Pragmatisch gesehen will der Autofahrer doch nur von A nach B"


Erst kam der Schwerpunkt für den Masterstudiengang Psychologie, jetzt ist auch der Lehrstuhl besetzt. Seit Dezember 2011 ist die Umweltpsychologie mit Ellen Matthies komplett. Deutschlandweit ist Magdeburg damit einer der wenigen Standorte, an dem diese Disziplin gelehrt wird.

Magdeburg (rs) l Die Umweltpsychologie erklärt, dass Menschen nicht absichtlich die Umwelt schädigen. Seit Dezember 2011 wird die neue Disziplin von Prof. Dr. Ellen Matthies an der Otto- von-Guericke-Universität gelehrt. Der Volksstimme erklärt sie, wie wichtig es ist, mit den Menschen zu arbeiten, Bedürfnisse zu erkennen und nicht zu moralisieren.

"Nachhaltigkeit" ist längst ein gängiger Begriff. So geht es auch in der Umweltpsychologie häufig um die krisenhaften Veränderungen und den Klimawandel - aber vor allem darum, wie und warum der Mensch seine Umwelt schützt oder schädigt.

Die neue Professorin Ellen Matthies nennt ein Beispiel: "70 Prozent wollen Energie sparen, wissen aber nicht wie. Hier fehlen Kompetenzen!"

Dazu kämen Strukturen, die Umwelt schädigendes Verhalten förderten - das Auto ist für viele Deutsche ein Statussymbol. Abhilfe könnten hier nur Alternativen schaffen, die die Bedürfnisse der Menschen fokussieren: Welche Menschen handeln wie? Wie kann man ihnen dabei helfen? Ellen Matthies: "In der Regel verhalten sich Menschen nicht absichtlich Umwelt schädigend. Ich finde es schade, dass Menschen so sehr in Stereotypen verhaftet sind und Unterschiede so sehr betonen." Pragmatisch gesehen habe der Autofahrer erst mal nur das Bedürfnis, schnell von A nach B zu kommen.

Das ist aber nicht alles, womit sich die Umweltpsychologie beschäftigt. Es dreht sich immer um die Interaktion des Menschen mit seiner technischen und gebauten Umwelt. Ellen Matthies erzählt von einem Fall, an dem sie während ihrer Zeit in Bochum arbeitete: "Aufgrund der Größe der Universität ging es darum, ein Leitsystem für die Mensa zu entwickeln. Einerseits, um der Menschenströme Herr zu werden, andererseits, damit man sich in der Mittagspause wohl fühlen konnte."

Klassisch sind zudem Themen wie Energieeffizienz. Zwar verschandeln Photovoltaikanlagen auf Hausdächern oder Windräder auf freien Feldern einigen die Landschaft.

"Ich glaube an Zivilisation und technischen Fortschritt", lautet Matthies klare Entgegnung dazu. Denn man könne beispielsweise intelligente Häuser entwerfen, die eine hohe Energieeffizienz aufweisen und trotzdem viel Komfort bieten. Um Lösungen zu entwickeln, hält sie daher die Arbeit mit Ingenieuren für sehr wichtig: "Wir können noch viel klüger werden. Es gibt unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Zielen. Ich halte nichts von einfachen Antworten. Es gilt, die Komplexität zu identifizieren und Veränderungen anzustoßen." Die Psychologie will nicht die Welt retten. Sie versucht, Modelle des menschlichen Handelns zu entwerfen, um Verbesserungen erwirken zu können.

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