Plakate, die dem Denkvermögen schaden

Ausländerfeindliche Botschaften wirken sich auf Fähigkeiten von Migranten aus

Dass ein Klima der Ablehnung Bildung, Karriere und sozialen Aufstieg von Zuwanderern behindert, mag einleuchtend sein. Dass ein derartiger Zusammenhang aber auch in einer konkreten Versuchsanordnung und anhand von Intelligenztests belegbar ist, überrascht vielleicht dennoch.

Markus Appel vom Institut für Pädagogik und Psychologie der Kepler-Universität Linz hat mit Kollegen die psychologischen Folgen ausländerfeindlicher FPÖ-Plakate mit Slogans wie "Deutsch statt nix versteh'n" oder "Daham statt Islam" untersucht. Die Forscher berichten im Fachblatt Political Psychology, dass sich diese Botschaften tatsächlich negativ auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auswirken.

Appel und Kollegen ließen zwei Experimentalgruppen mit jeweils etwa 50 zufällig gewählten Mittelschülern "sprachfreie Intelligenztests" absolvieren, also etwa Bildreihen vervollständigen. Die Hälfte der Schüler stammte aus Ländern wie Albanien oder der Türkei. Dann mussten sie Booklets mit Werbeplakaten zu Produkten und politischen Parteien durcharbeiten. Die eine Gruppe bekam Plakate von ÖVP, SPÖ und Grünen vorgesetzt, die andere wurde mit jenen der FPÖ konfrontiert, erklärt Appel. Beim anschließenden, erneuten kognitiven Leistungstest zeigte sich, dass sich nur die Leistung einer Gruppe verändert hatte: Jugendliche mit Migrationshintergrund, die mit FP-Plakaten konfrontiert waren, hatten sich signifikant verschlechtert.

"Es gibt eine ganze Reihe von Studien, die ähnlich aufgebaut sind", erläutert Appel. Relativ wenige würden sich allerdings mit Migration beschäftigen, sondern mit ähnlichen Fragen im Bereich des "Stereotype threat", der Bedrohung durch Stereotype. Der Begriff bezeichnet die Angst, ein negatives Stereotyp zu bestätigen. Frauen, denen etwa in einer Studie vor dem Lösen von Physikaufgaben mitgeteilt wurde, es gehe um die Analyse von Geschlechterunterschieden, erbrachten ebenfalls schlechtere Resultate. "Auch wenn ein Mathematiklehrer motivieren will und den Mädchen sagt, sie 'können genauso gut sein wie Jungen', kann das ein negatives Stereotyp aktivieren", so Appel.

Das Ergebnis der Experimentalstudie deute auf einen ursächlichen Einfluss von gesellschaftlicher Ablehnung auf die Leistung von Zuwanderern hin, sagt Appel. "Es steht zu befürchten, dass ein ausländerkritisches Klima mitverantwortlich ist für die im Durchschnitt geringeren Bildungserfolge von Jugendlichen mit Migrationshintergrund." (pum, DER STANDARD, 4.9.2013)

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