Osnabrücker Professorin forscht nach Hirn-Veränderungen bei Essstörungen – NOZ

Über die Gründe für krankhaftes Abnehmen sind zahlreiche Mythen im Umlauf. Allgemein bekannt sind zwei Faktoren, die zur Magersucht führen können: „Frauen mit übertriebenen Gewichtssorgen und einem geringen Selbstwertgefühl sind besonders anfällig für diese Krankheit“, sagt Silja Vocks.

Die Osnabrücker Psychologie-Professorin forscht seit Jahren zum Thema Essstörungen. Ihr Schwerpunkt ist ein dritter Faktor, der Frauen mit krankhaftem Untergewicht verbindet: Die Betroffenen leiden an einer extrem gestörten Körperwahrnehmung. Obwohl die Erkrankten stark untergewichtig sind, halten sie sich für dicker als Normalgewichtige.

„Aus früheren Studien wissen wir, dass es vor allem zwei Hirnregionen gibt, die für die visuelle Wahrnehmung menschlicher Körper entscheidend sind“, sagt Silja Vocks. Diese Hirnregionen mit den Namen „Fusiform Body Area“ (FBA) und „Extrastriate Body Area“ (EBA) hat die Psychologin in den vergangenen Jahren intensiv untersucht. In ihrer aktuellen Studie hat sie gemeinsam mit Kollegen der Ruhr-Universität Bochum eine wichtige Entdeckung gemacht: Bei magersüchtigen Frauen sind die beiden Hirnregionen schwächer miteinander verschaltet als bei Gesunden. Die Forscher sprechen von einer Art Verbindungsfehler. „Diese Auffälligkeiten im Gehirn könnten erklären, warum Frauen mit Magersucht sich selbst als dick wahrnehmen, obwohl sie objektiv untergewichtig sind“, sagt der Bochumer Studienleiter Boris Suchan.

Die Studie zeigte sogar einen klaren negativen Zusammenhang zwischen der Verschaltung der beiden Hirnregionen und der Einschätzung des Körpergewichts: Je schwächer die Verbindung, desto dicker fanden sich die magersüchtigen Frauen.

Die schlechte Verschaltung ist aber nicht die einzige Auffälligkeit, die die Forscher aus Osnabrück und Bochum im Gehirn von krankhaft Untergewichtigen gefunden haben. „In einer früheren Studie haben wir entdeckt, dass in der Extrastriate Body Area der Probandinnen auch die Graue Substanz vermindert war“, sagt Silja Vocks. Magersüchtige Frauen haben in dieser Region also offenbar weniger Gehirnzellen.

Laut Forschungsleiter Suchan könnten diese Veränderungen erklären, wie Magersucht entsteht. Silja Vocks ist in ihrer Deutung zurückhaltender: „Wir wissen erst einmal nur, dass es bei Magersüchtigen eindeutige Veränderungen in bestimmten Hirnregionen gibt.“ Wie so oft in der medizinischen Forschung bleibt auch nach dieser Untersuchung das Henne-Ei-Problem. Ob die Erkrankten schon vor der Magersucht eine schlechte Verschaltung und geringere Zelldichte in der untersuchten Hirnregion hatten oder ob das die Folgen der Krankheit sind – diese Frage ist nicht zu beantworten.

Auch für die Behandlung mit Psychotherapie oder Medikamenten ergeben sich aus den vorliegenden Resultaten keine unmittelbaren Erkenntnisse. „Wir betreiben hier Grundlagenforschung“, sagt Silja Vocks.

Indirekt aber ist das Wissen um den neuronalen Verbindungsfehler und die geringere Zelldichte eindeutig von praktischer Relevanz. Denn in einer früheren Untersuchung haben Vocks und ihre Kollegen bereits entdeckt, dass man die „Extrastriate Body Area“ allein durch Psychotherapie beeinflussen kann.

In dieser Studie absolvierte eine Gruppe von Magersüchtigen eine zehnstündige Körperbildtherapie. Dabei sprachen die Therapeuten mit den erkrankten Frauen unter anderem über typische Glaubenssätze von Essgestörten wie: „Mein Wert als Person hängt von meinem Gewicht ab.“ Nach der Therapie fotografierten die Forscher die behandelten Frauen und eine unbehandelte Kontrollgruppe im Bikini und zeigten den Probandinnen ihre Fotos, während sie im Kernspintomografen lagen. Das Ergebnis: Die „Extrastriate Body Area“ zeigte bei den Frauen, die die Körperbildtherapie gemacht hatten, eine deutlich höhere Aktivität als bei der Kontrollgruppe.

In allen erwähnten Studien haben die Forscher ausschließlich Frauen untersucht. Das hat laut Silja Vocks einen einfachen Grund: „Es gibt einfach deutlich weniger Männer, die unter Magersucht leiden.“ Ob also bei essgestörten Männern dieselben Hirnveränderungen vorlägen, sei zum jetzigen Zeitpunkt rein spekulativ.

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