„Ohne den Master können wir Pizza backen“

In ihren Händen halten sie Rosen und Trauerkerzen, in der Luft schwebt der stechende Geruch von Weihrauch, inmitten der Menge ertönen traurige Klänge aus einem Saxofon. Schwarz gekleidet marschieren rund 250 Studierende der Fakultät Psychologie durch die Würzburger Innenstadt. Denn sie trauern. Sie trauern um ihre verloren gegangenen Masterplätze. Und damit auch um ihre verloren gegangene Zukunft.

„Wir werden weit weniger Masterplätze für unseren Studiengang bekommen, als wir benötigen“, sagt Psychologiestudent und Fachschaftsmitglied Johannes Großer. 81 Masterplätze hat das Institut für Psychologie für das kommende Semester beantragt, gerade einmal 48 Plätze davon hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bewilligt. „Anfang Juli haben wir die Zahlen bekommen“, sagt Großer. „Bis dahin hieß es, dass die Masterplätze relativ sicher seien“.

Johannes Großer, studiert

im sechsten Semester Psychologie

Einem großen Aufschrei folgte die Gegenwehr: Die Psychologie-Studenten schlossen sich zu einer Arbeitsgruppe zusammen. Gemeinsam haben sie ihren Unmut zusammengetragen und sich damit an das Ministerium gewandt – bislang ohne Erfolg. „Wir werden des Öfteren telefonisch nachhaken“, sagt Großer. Das gehe so weit, bis sie persönlich in München vorsprechen.

Ihre Forderung: weniger Bachelorplätze, mehr Masterplätze. „Bayernweit gibt es die Regelung, dass Universitäten mehr Gelder für Erstsemesterstudierende im Bachelor erhalten als für Mastererststudierende“, erklärt Großer. Bachelorplätze seien für Universitäten daher lukrativer. Geld spiele aber nur eine Rolle: „Ich denke nicht, dass das Ministerium uns die Plätze nur aus Böswilligkeit kürzt“, meint Großer. „Sie kalkulieren einfach falsch.“

Das Ministerium gehe davon aus, dass nur Bachelorstudierende nach dem sechsten Fachsemester ein Masterstudium beginnen. Die Rechnung geht nicht auf: „Es fehlen beispielsweise alle Studierenden, die sieben oder acht Semester für ihren Bachelor benötigen; die, die schneller fertig werden oder ein Jahr lang nach ihrem Bachelor reisen“, sagt Großer.

Das Problem: Für die angehenden Psychologen kommt der Bachelor einem Berufsverbot gleich. „Ohne Master können wir im McDonalds anfangen oder Pizzabäcker werden“, sagt Johannes Großer. Ein abgeschlossenes Bachelorstudium Psychologie bietet kaum Berufschancen, wie auch der Bundesverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in einer Pressemitteilung bestätigt. „Jeder Student, der einen Masterplatz im Fach Psychologie anstrebt, soll diesen auch bekommen“, fordert der BDP daher.

Auch den Master an einer anderen Universität zu absolvieren, sei schwierig. „Jede Uni hat erstmal die eigenen Studierenden unterzubringen“, sagt Großer. Zudem werden viele Module vorausgesetzt, die an anderen Universitäten gar nicht angeboten werden.

Einen Masterplatz erhält, wer die besten Noten vorweisen kann. „Der Wert von Noten wird dadurch viel wichtiger als das Gemeinsame“, bedauert Großer. Der NC wird weit nach oben rücken, sind sich die Psychologie-Studenten sicher. Das spüre man. „Es steigert den Leistungsdruck enorm, gerade jetzt in der Prüfungszeit“, sagt Nora Gerstner, Psychologiestudentin im sechsten Semester. „Vorher wollten wir einfach nur gut sein“, sagt Gerstner. „Jetzt kann eine einzige Note über die ganze Zukunft entscheiden.“

An vielen Universitäten in Bayern und in ganz Deutschland sieht die Situation ähnlich aus – und das nicht nur im Studiengang Psychologie. „Von den Kürzungen sind fast alle betroffen“, sagt Johannes Großer. Umso wichtiger, dass alle Studiengänge ihr Recht auf einen Masterplatz einfordern.

Mit ihrem Protest hat das Institut für Psychologie in Würzburg ein erstes öffentliches Zeichen gesetzt, dass es so nicht geht. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns den Master klaut“, protestieren sie lautstark. „Master ade, das tut weh“, steht auf ihren Schildern. Ein paar Studenten heben sogar einen Sarg auf ihre Schultern. „Wir tragen unsere Masterplätze zu Grabe“, sagen sie.

Noch ist es nicht zu spät, hofft Großer. Anfang Oktober wissen die Studenten mehr – dann werden die Masterplätze endgültig vergeben. „Bis dahin werden wir warten, bangen und hoffen, dass sich doch noch etwas ändert“, sagt Großer.

Master- und Bachelorplätze

115 Bachelor- und 140 Masterplätze hat das Institut für Psychologie für die kommenden zwei Semester beantragt.

154 Bachelor- und 95 Masterplätze hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bewilligt.

72 Bewerber für den Master, alleine aus Würzburg, gibt es schon jetzt für das Wintersemester 13/14. hfi

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