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«Nur eine gute Selbstkontrolle macht Kinder im späteren Leben wirklich stark»

Von Klaus Wilhelm.
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Laut dem Psychologen Roy Baumeister ist nicht das Selbstwertgefühl der Schlüssel zum Erfolg, sondern Disziplin.

Harte Lebensschule: Für den Psychologen Roy Baumeister zählt einzig die Selbstkontrolle. (Bild: Auditions für die School of American Ballet in New York, 2010)

Harte Lebensschule: Für den Psychologen Roy Baumeister zählt einzig die Selbstkontrolle. (Bild: Auditions für die School of American Ballet in New York, 2010)
Bild: Keystone

Roy Baumeister: Der Sozialpsychologe von der Florida State University beschäftigt sich beruflich seit fast vier Jahrzehnten mit dem Selbst. (Bild: PD)

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Roy Baumeister von der Florida State University gilt als einer der renommiertesten Sozialpsychologen. Vor allem aber ist Baumeister bekannt als «Papst» der Selbstkontrolle, preist deren Segnungen und kritisiert in seinem Buch «Die Macht der Disziplin» vehement das, wie er meint, übersteigerte Selbstwertgefühl vor allem vieler junger Menschen.

Was ist so schlimm daran, meinem Kind ein möglichst grosses Selbstwertgefühl einzuimpfen?
Das kann ich Ihnen genau sagen: Ein hohes Selbstwertgefühl bringt nur wenig, was ich als positiv bezeichnen würde. Zunächst dachten wir ja, dass es Kinder beispielsweise erfolgreicher in der Schule machen würde. Doch in Langzeitstudien hat sich herausgestellt: Der Erfolg macht die Kinder selbstbewusst und nicht umgekehrt.

Werden die Kinder zu oft gelobt?
Wir hatten den Eltern jahrelang über alle Kanäle erzählt, sie sollten ihre Kinder so erziehen, dass sie die besten und wertvollsten Menschen überhaupt sind. Viele machen das seitdem. Das alles war ein kapitaler Fehler. Abgesehen davon, dass die meisten Kinder ohnehin genug Selbstwertgefühl haben. Das grösste Geschenk, was wir unserem Nachwuchs mitgeben können, ist, möglichst viel Selbstkontrolle.

Das aber stösst vielen Anhängern liberaler Erziehung, gerade in Europa, sauer auf.
Ich weiss. Aber so sehr sich die Leute auch aufregen: Erst Selbstkontrolle macht uns wirklich menschlich.

Was ist denn so toll an Selbstkontrolle?
Selbstkontrolle ist der wahre Glücklichmacher, Selbstkontrolle macht Kinder im späteren Leben stark. Leute mit viel Selbstkontrolle führen im Schnitt bessere und längere Beziehungen als Menschen, die sich weniger gut im Griff haben. Sie werden mehr gemocht und anerkannt. Sie sind weniger gestresst, fühlen sich weniger schuldig, können sich besser an neue Situationen anpassen und sind weniger beratungsresistent. Sie begehen weniger Verbrechen. Sie haben weniger psychische und körperliche Probleme. Sie überwinden sogar Vorurteile besser. Und, nach all dem nicht überraschend: Sie leben länger. Wirklich eindrucksvoll! Das alles wissen wir sicher aus mehreren, Jahrzehnte dauernden Langzeitstudien. Es ist schwierig, ein persönliches Problem zu finden, das nicht irgendwie mit dem Versagen der Selbstkontrolle zusammenhängt.

Alles schön und gut. Aber gibt es eine Überdosis Selbstkontrolle? Viele Leute sind sehr diszipliniert, können aber ihr Leben nur schwer geniessen.
Das eine – das hohe Mass an Selbstkontrolle – bedingt nicht das andere. Denn in den USA und anderen Ländern sehen wir, dass die Leute mit den höchsten Werten der Selbstkontrolle ihr Leben sehr wohl auskosten. Und wir haben in allen unseren Daten aus vielen Jahren intensiv geschaut, ob es ein Übermass an Selbstkontrolle gibt. Und die Antwort ist: nein. Ich kann das manchmal selbst kaum glauben, weil in jedem Guten normalerweise auch etwas Schlechtes steckt. Natürlich kann man Selbstkontrolle wie auch Intelligenz missbrauchen – so geschehen unter den Nazis. Aber das ist eine andere Geschichte und hat nichts mit dem Wert der Sache an sich zu tun.

Was ist mit überkontrollierten Kindern?
Diese Kinder haben Angst vor der Welt und sind gehemmt. Diese Hemmung wird beispielsweise hervorgerufen durch Eltern, die übermässig hart bestraft haben. Solche Traumen brennen sich ein ins Unbewusste und sind sehr schlecht. Aber das hat mit Selbstkontrolle nichts zu tun. Mit ihr überwinden wir Impulse und regulieren bewusst unser Verhalten. Und davon kann man nicht genug haben.

Sind wir oft mit solcher Selbstkontrolle beschäftigt?
Wir haben das untersucht und Menschen in ihrem Alltag einen Piepser gegeben, auf den sie immer dann drücken sollten, wenn sie einen spontanen Wunsch nach etwas hatten. Rund acht Stunden ihrer täglichen Zeit im Wachzustand hatten die Probanden irgendwelche dringenden Wünsche und Begehren. Das ist viel. Die stärksten Wünsche waren die nach Schlaf oder nach Sex und nach Entspannung und umgehender Freizeitaktivität. Dank der Selbstkontrolle werden die meisten spontanen Wünsche nicht umgesetzt. Manche Leute schaffen das besser als andere.

Dass es grosse individuelle Unterschiede gibt, weiss jeder, der sich einmal genauer in seinem Freundes- und Bekanntenkreis umsieht. Ist Selbstkontrolle weitgehend genetisch gesteuert?
Sicher ist ein genetischer Anteil dabei. Aber Selbstkontrolle funktioniert vor allem wie ein Muskel. Wir haben hungrige Probanden einige Minuten lang in einen Raum gesetzt, in dem Cookies lagen, nach denen es auch lecker duftete. Und dann waren da noch Radieschen. Einigen Probanden haben wir nur erlaubt, die Radieschen zu essen. Die mussten sich disziplinieren. Man konnte in den Videoaufzeichnungen richtig schön sehen, wie die meisten nach den Cookies förmlich gierten. Andere durften an die Süssigkeiten ran. Alle Teilnehmer mussten sich danach an einer unlösbaren Aufgabe versuchen. Dabei haben wir gemessen, wie lange sie durchhalten, ehe sie aufgeben. Das Ergebnis war klar: Wer im ersten Versuch in der Radieschen-Gruppe war, hatte seine Selbstkontrolle aufgebraucht. Wer Cookies essen durfte, konnte aus einem vollen Speicher Selbstkontrolle schöpfen. Das heisst: Die Willenskraft funktioniert wie ein Muskel. Sie kann ermüden. Nicht nur im Labor, auch im wahren Leben, wie wir inzwischen wissen. Wer zum Beispiel eine Diät macht, sollte lieber nicht shoppen gehen.

Muskeln kann man aber auch trainieren. Geht das auch mit der Willenskraft?
Ja, auch bei erwachsenen Menschen wurde der Effekt in einem guten Dutzend Studien nachgewiesen. Schon simple Massnahmen helfen, die allgemeine Selbstkontrolle zu stärken. Man kann Leuten zum Beispiel sagen, bewusst darauf zu achten, in gerader Körperhaltung zu gehen. Das erfordert bei den meisten Menschen Disziplin. Aber wenn die das ein paar Wochen durchhalten, schneiden die deutlich besser als zuvor auch bei anderen Übungen ab, die Selbstkontrolle erfordern. Viel günstiger aber ist es, Kindern von klein auf Selbstkontrolle und Disziplin beizubringen. Dann gewöhnen die sich nämlich Strategien an, die sie gar nicht erst in Versuchung bringen.

Wie sollte eine Erziehung im Sinne von Selbstkontrolle aussehen?
Es gibt leider darüber nicht viele gute Studien. Strafen sind sinnvoll. Aber viele Menschen verbinden Disziplin vor allem mit harten Strafen. Dabei ist die Härte der unwichtigste Aspekt. Im Gegenteil: Härte bringt wenig und kann sogar kontraproduktiv sein.

Was ist dann wichtig?
Eine massvolle, altersgerechte Strafe muss nach einem Fehlverhalten schnell erfolgen. Und Eltern sollten konsequent bei diesen Strafen sein und nicht einmal bestrafen und ein andermal wieder nicht. Ich weiss, das ist im Alltag manchmal schwierig durchzuhalten. Aber man kann es schaffen und kultivieren. Solche Konsequenz führt dazu, dass Kinder disziplinierter werden. Und noch eins: Verbinden Sie Belohnungen mit bestimmten Leistungen des Kindes. Wenn das Kind eine Woche lang täglich sein Zimmer aufräumt, bekommt es etwas. Solche verzögerten Belohnungen schaffen jede Menge Selbstkontrolle. Der nette Kumpel für Kinder zu sein, bringt meist nichts. Wenn man sich als Vater oder Mutter selbst in seinem Erziehungsstil disziplinieren will, sollte man stets daran denken, dass selbstkontrollierte Kinder später erfolgreicher und glücklicher sein werden.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 31.08.2012, 13:09 Uhr


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