Neue Piraten für die Brücke gesucht

Inland

Parteitag in Neumünster



Die Piratenpartei setzt heute ihren Parteitag mit der Wahl des politischen Geschäftsführers fort. Die bisherige Amtsinhaberin Marina Weisband kandidiert in Neumünster nicht wieder, weil die Belastung durch Amt und Psychologie-Studium ihr nach eigenen Angaben zu viel wurden. Die 24-Jährige gilt als das Gesicht der Partei.

Als Nachfolgerin Weisbands wurde der Berliner Johannes Ponader gewählt. Der 35-Jährige, der sich auch in der Occupy-Bewegung engagiert, setzte sich gegen acht weitere Kandidaten durch. Der 35-Jährige kam auf 74,4 Prozent. Er charakterisierte sich bei seiner Kandidatur als "Gesellschaftskünstler".

[Bildunterschrift: Das "Gesicht" geht von Bord: Marina Weisband will nicht länger Geschäftsführerin der Piratenpartei sein. ]


[Bildunterschrift: Er ist der Neue: Johannes Ponader ist Nachfolger Weisbands als politischer Geschäftsführer.]


 

In einer ersten Reaktion sprach sich Ponader dafür aus, die Beteiligung der Parteibasis weiter auszubauen. Seine Wunschvorstellung sei es, auch während Talkshows per Blitzumfragen die Meinung der Partei gewisserweise in Echtzeit wiedergeben zu können. Der Ausbau der Meinungsbildung sei "sauwichtig", sagte Ponader. Die Parlamentarier der Piraten warteten darauf, die Empfehlungen zu bekommen.

In der Vergangenheit war die Partei wiederholt in die Kritik geraten, nachdem die Parteispitze beispielsweise in einer Debattenrunde zur Rettung der Drogeriekette Schlecker nichts sagen konnte, weil kein Parteibeschluss dazu vorlag.

Weitere Wahlen und eine Flut von Anträgen

Am Nachmittag müssen die mehr als 1300 Parteitags-Teilnehmer noch über einen neuen Generalsekretär und ein neues Schiedsgericht abstimmen. Der neue neunköpfige Bundesvorstand will sich anschließend in einer Pressekonferenz vorstellen.

Zudem stehen noch rund 220 Anträge auf der Tagesordnung. Es sei allerdings fraglich, ob tatsächlich alle Anträge abgearbeitet werden könnten, sagte eine Sprecherin.

Regierungsbeteiligung im Bund? Warum nicht?

Am Vortag hatten die Piraten den 41-jährigen Bernd Schlömer zum neuen Parteichef gewählt. Sein Vorgänger Sebastian Nerz wurde neuer Parteivize. Für die kommenden Monate gab Schlömer seiner Partei konkrete Ziele vor: Erstens müsse ein umfassendes Wahlprogramm bis zur Bundestagswahl 2013 entwickelt werden. Zweitens müsse die Kommunikation bei den Piraten verbessert werden. Drittens solle "Liquid Feedback, unser einzigartiges parteiinternes Meinungsfindungssystem", überprüft und weiterentwickelt werden, sagte der neue Parteichef der "Bild am Sonntag".




[Bildunterschrift: Schließt eine Regierungsbeteiligung im Bund nach 2013 nicht aus: Piraten-Chef Schlömer ]


Schlömer machte zudem klar, dass er eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl 2013 nicht grundsätzlich für abwegig hält. "Wenn uns der Einzug in den Bundestag 2013 tatsächlich gelingt, werden wir uns mit dem Thema Koalitionsfähigkeit ernsthaft beschäftigen", sagte Schlömer. Jetzt sei es dafür aber noch zu früh.

Eine klare Position bezog der neue Parteichef zu rechtsextremem Gedankengut. "Wir sind es leid, uns von anderen Parteien und auch von den Medien in die rechte Schmuddelecke drängen zu lassen." Die Partei habe klare Kante gezeigt und einen Antrag gegen Holocaust-Leugner mit großer Mehrheit beschlossen. "Bei uns gibt es keinen Platz für braune Menschenfeindlichkeit!"

Die Teilnehmer des Parteitags hatten am Samstag einen Beschluss gegen rechtsextreme Tendenzen verabschiedet. Darin heißt es, den Holocaust unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu relativieren, widerspreche den Grundsätzen der Partei. Damit reagiert die Partei auf Vorwürfe, nicht ausreichend gegen rechtsextremistische Ansichten in den eigenen Reihen vorzugehen.

Vorstand auf neun Mitglieder vergrößert




[Bildunterschrift: Ein bisschen Spaß muss sein: Piraten toben sich beim Bundesparteitag im Bällebad aus. ]


Außerdem hatten die Mitglieder die Neuordnung des Vorstands beschlossen. Das Gremium wächst von sieben auf neun Mitglieder. Hinzu kommen ein zweiter stellvertretender Parteichef sowie ein weiterer Beisitzer. "Wir haben uns vorgenommen, die Struktur der Partei etwas zu professionalisieren, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen", sagte der bisherige Bundesvorsitzende Nerz. Befürworter der Vorstandserweiterung hatten argumentiert, dass die Parteispitze angesichts der jüngsten Wahlerfolge und der vielen Medienanfragen auch eine personelle Verstärkung brauche.

Ein Antrag, die Amtszeit der Parteichefs von einem auf zwei Jahre zu verlängern, verfehlte dagegen deutlich die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Auch ein Vorstoß, die Trennung von Amt und Mandat einzuführen, wurde von den Teilnehmern des Parteitags mit großer Mehrheit abgelehnt.

Die Piratenpartei verzichtet im Gegensatz zu anderen Parteien auf die Entsendung von Delegierten. Bei allen Abstimmungen darf jedes der inzwischen mehr als 25.000 Mitglieder am Parteitag teilnehmen und ist stimmberechtigt. Einzige Bedingung: Bei den Beiträgen dürfen die Parteimitglieder nicht mehr als drei Monate im Verzug sein.

Interview:

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