Neue Hoffnung bei Legasthenie

Richtiges Training kann bei Lese- und Rechtsschreibschwäche enorme Verbesserungen erzielen - so eine Studie der Karl-Franzens-Universität Graz. Im Mittelpunkt steht ein eigenes Trainingsprogramm, das in Graz entwickelt wurde.

Drei bis 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden an einer Lese-Rechtschreibschwäche, damit verbunden ist ein höheres Risiko für emotionale Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten. Eine mögliche Ursache wird in der Struktur und Funktion von sprachrelevanten Regionen im Gehirn vermutet.

Richtiges Training verändert die Gehirntätigkeit

Betroffene und Angehörige dürfen nun hoffen: Eine Studie am Institut für Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz lieferte erste Hinweise, dass richtiges Training nicht nur die Rechtschreibfähigkeit und das Leseverständnis verbessern, sondern auch zu positiven Veränderungen im Gehirn führen kann - damit ließe sich das Problem an der Wurzel packen.

APA/dpa/Oliver Berg

Bis zu 15 Prozent der Kinder haben Probleme beim Lesen und beim Schreiben

„Morpheus“ soll bei Legasthenie helfen

Bei dem Trainingsprogramm „Morpheus“ geht es darum, dass Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwächen Schreibweisen von Wortgruppen verinnerlichen sollen. Damit lernen Kinder die Schreibweise eines Wortes anhand bestimmter Regeln abzuleiten - zum Beispiel, dass das Wort „verfahren“ aus der Vorsilbe ,ver-‘, dem Wortstamm ,-fahr-‘ und der Nachsilbe ,-en‘ gebildet wird, wobei man die Vorsilbe ,ver-‘ immer mit ,v‘ schreibt, und den Wortstamm ,-fahr-‘ immer mit stummem ,h‘, so die Mediziner.

Rechte Hirnhälfte schlechter vernetzt

Vor dem fünfwöchigen Training hätten rechtschreibschwache Kinder im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit durchschnittlichen Rechtschreibleistungen eine schlechtere Vernetzung der rechten Hirnhälfte gezeigt, was eine weniger effiziente Kommunikation zwischen rechtsseitigen Hirnregionen vermuten lässt, erklären die Experten. Nach dem Training hätten sich beim Großteil der Kinder deutliche Verbesserungen eingestellt, heißt es.

„Lehrer“ statt „Lera“

Zusätzlich wiesen Kinder mit Rechtschreibschwäche vor dem Training eine stärkere Aktivierung frontal und in der rechten Hirnhälfte auf - das wiederum deutet laut den Medizinern auf eine erhöhte Aufmerksamkeit und die Verwendung einer Kompensationsstrategie hin, wie zum Beispiel das innerliche Vorsagen von Wörtern, um die Schreibweise zu erschließen. Diese Strategie führe zu lautlich korrekten, aber orthographisch fehlerhaften Wörtern, wie etwa „Lera“ statt „Lehrer“.

Deutliche Erfolge nach dem Trainingsprogramm

Nach dem fünfwöchigen Training ließen sich laut den Forschern ganz klar positive Veränderungen feststellen: Bei den rechtschreibschwachen Kindern hätten sich sowohl die Rechtschreibleistung und das Leseverständnis, als auch die „Vernetzung“ in der rechten Hirnhälfte verbessert. Zusätzlich zeigten Hirnareale, die für das Abrufen der neu erlernten morphembasierten Strategie zuständig zu sein scheinen, eine gesteigerte Aktivierung.

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Publiziert am 10.04.2012

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