Dass Biokraftstoffe in der öffentliche Debatte oft als Sündenbock dastehen, liegt nach Einschätzung des Soziologen und Zukunftsforschers Matthias Horx vor allem daran, dass Menschen komplexe Sachverhalte durch einfache Schuldzuweisungen ordnen wollen. Dadurch würden sie oft Zusammenhänge konstruieren, die es gar nicht gebe, erklärte Horx in einem Interview mit dem Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID). Sei der vermeintliche Zusammenhang erst einmal hergestellt, lasse der Einzelne nur noch Informationen an sich heran, die sein Vorurteil bestätigten und verstärken.
Die Frage, weshalb trotz des hohen Treibhausgasausstoßes des Mobilitätsbereichs gerade die Biokraftstoffe in der Öffentlichkeit oft negativ beurteilt werden, erklärt Horx mit dem Bedürfnis des Menschen nach greifbaren Zusammenhängen. Während die Vermeidung von Treibhausgasen irgendwie abstrakt sei, scheine die geistige Verknüpfung von Treibstoff und Hunger „äußerst konkret“. Obendrein würden Biokraftstoffe häufig als „unnatürlich“ wahrgenommen. Obwohl es Agrarrohstoffe wie Fasern und Stärken schon lange gebe, sei der „´Acker` mit ´Lebensmittel` codiert“. Das führe zu dem Bild, dass sich Biokraftstoffproduzenten an der Natur versündigten, erläuterte Horx.
Schließlich macht er die Medien als Verstärker der Denkmuster aus. In der „über-konkurrenten Medienwelt“ griffen sie gerne die linearen Schuldzuweisungen auf, die in der Gesellschaft kursierten, um Aufmerksamkeit zu erlangen und sich abzusetzen. Man müsse sich nur die Talkshows ansehen, um zu verstehen, „wie Polarisierung, Polemik, Skandalisierung, brachiale Vereinfachung“ funktionierten.