Nach Vorwürfen gegen Haasenburg: Psychologe: "Geschlossene Heime helfen …

Halt oder Folter: Geschlossene Heime wie die der Haasenburg sind heftig umstritten. Foto: dpa

Nach den schweren Vorwürfen gegen drei Jugendeinrichtungen in Brandenburg fordern einige Experten, geschlossene Heime abzuschaffen. Der Psychologe Güter Esser ist anderer Meinung.

Frankfurt (Oder)/Potsdam - Geschlossene Heime bieten einigen Kindern und Jugendlichen nach Meinung eines Psychologen die Möglichkeit, sich auf Bindungen einzulassen. "Man hält sie irgendwo fest - im doppelten Sinne des Wortes", sagte der Professor für Klinische Psychologie an der Universität Potsdam, Günter Esser, am Dienstag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Angesichts der Misshandlungsvorwürfe gegen drei Heime in Brandenburg waren Stimmen laut geworden, die gegen eine geschlossene Unterbringung sind. Der Psychologe hält dagegen: "Kinder und Jugendliche mit starken Bindungsstörungen bekommen in geschlossenen Heimen erst die Chance, zur Ruhe zu kommen und Beziehungen aufzubauen", meinte Esser.

Ihnen könne diese Art der Einrichtungen helfen. Sonst liefen sie einfach weg, genau wie oft schon viele Male zuvor. "Sie vertrauen nicht mehr, weil sie teils schon im Säuglingsalter schlechte Erfahrungen gemacht haben und gelernt haben: "Binde dich nicht, sonst wirst du nur enttäuscht.""

"In geringer Zahl kann man auf solche Heime nicht verzichten", sagte Esser. Misshandlungsvorwürfe müssten aber schonungslos aufgeklärt werden - nur dann sei das Konzept von geschlossenen Heimen tragbar.

Zur Rolle der Erzieher sagte der Psychologie-Professor: "Wenn sie körperlich angegriffen werden, müssen sie cool reagieren, abgeklärt und souverän." Das verlange viel Mut und Selbstbewusstsein. "Alles andere sind Entgleisungen - dann hat sich jemand nicht im Griff gehabt."

Die betroffenen Heime der Haasenburg GmbH im Süden und Osten Brandenburgs haben nach Angaben des Bildungsministeriums 114 Plätze für Kinder und Jugendliche aus besonders schwierigen Familienverhältnissen, 56 der Plätze mit "freiheitsentziehenden Maßnahmen". Berichten der Zeitung "taz" zufolge kam es dort unter anderem zu Knochenbrüchen. Bis 2010 wurden Fixierliegen genutzt.

Die Bewohner ab zehn Jahren stammen aus 14 Bundesländern, mit Ausnahme von Bremen und Schleswig-Holstein. Viele von ihnen haben den Angaben zufolge Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen gemacht, sind drogenabhängig oder haben psychische Erkrankungen. Auch einige verurteilte Straftäter sind laut Ministerium darunter.


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