Was macht wohl ein 17 Jahre junges Mädchen in der Freizeit? Telefonieren? Mit Freundinnen treffen? Shoppen? Reiten? Was Mädchen in diesem Alter eben so treiben? Doch der äußere Schein kann mächtig täuschen. Das gilt auch für Doreen Schleypen. Die 17-jährige Schülerin ist nämlich nicht nur an Mode interessiert, sondern hat auch einiges auf dem Kasten. Die angehende Abiturientin paukt momentan nicht nur für Klausuren, sondern studiert auch noch Psychologie. "Nebenbei", wie sie sagt. Und das bereits seit mehr als einem Jahr.
Wie ist so etwas möglich? Schließlich sind die meisten Schüler bereits mit einem Aushilfsjob neben der Schule restlos überfordert. Bei Doreen begann alles vor etwa anderthalb Jahren. Die Schülerin des Math.-Nat.-Gymnasiums erhielt von der Begabtenförderung der Schule die Empfehlung, einen Infoabend zum Thema Schülerstudium zu besuchen. Ihr Wunschfach Psychologie hatte sie schon lange vorher im Sinn. Nun musste nur noch eine passende Uni her. Die Ruhr-Universität Bochum erwies sich als am besten geeignet. Und prompt war Doreen Schleypen Jungstudentin. Seitdem lässt sie jeden Donnerstagnachmittag den Philosophieunterricht sausen und fährt stattdessen fast zwei Stunden mit dem Zug zu Vorlesungen. Dort kann sie zwar mitschreiben und erste Kenntnisse für das Fach sammeln, an Prüfungen nimmt sie aber nicht teil. "Nach den Vorlesungen muss ich mir immer eine Unterschrift vom Dozenten holen. Als Beweis, dass ich da war", erklärt sie. "Manche Studenten gucken mich dann ziemlich verdutzt an, nach dem Motto ,Die sieht aber jung aus'. Aber da muss man drüberstehen."
Mit ihren Leistungen in Schule und Studium ist Doreen mittlerweile so erfolgreich, dass sie vor zwei Monaten vom Arbeitgeberverband Ruhr/Lippe im Zuge der akademischen Begabtenförderung ein Stipendium im Wert von 1000 Euro erhalten hat. Dafür schickte sie ihre 25 Seiten lange Facharbeit mit dem Titel "Mark David Chapman – Das Profil des John-Lennon-Mörders" ein. Diese hatte sie im vorigen Jahr für das Fach Pädagogik verfasst. Kurz darauf wurde sie zu der Infoveranstaltung eingeladen, an der sie selbst auch schon teilgenommen hatte – allerdings noch unwissend, dass sie ein Stipendium erhalten würde. "Ich hatte keine Ahnung, das war total überraschend für mich", sagt Doreen. Mittlerweile ist die 17-Jährige im dritten Semester – und kommt gut zurecht. Den versäumten Stoff holt sie stets nach. Einen richtigen Abschluss erhält sie zwar nicht, allerdings wird das Schülerstudium bei zukünftigen Bewerbungen sicherlich einen guten Eindruck machen.
Die Begabtenförderung unter der Verantwortung von Gabriele Jösch ist am Math.-Nat. fest verankert. Sie erkundigt sich in Schulkonferenzen bei den Lehrern nach geeigneten Schülern ab der neunten Klasse. "Falls jemand dabei ist, müssen natürlich alle Lehrer zustimmen", sagt Jösch. "Schließlich müssen die Schüler entsprechende Leistungen bringen und das Versäumte eigenständig nachholen. Und falls Klausuren anstehen, gehen diese natürlich vor." Selbst ganz junge Talente werden bereits kräftig gefördert. In den fünften Klassen gibt es Projekte, um Begabungen bei den einzelnen Schülern frühzeitig festzustellen und diese dann gezielt zu fördern.