Mit dem Anwalt zum Studium

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Christian Mardink ist nicht der Einzige, der gerichtlich gegen die Uni Halle vorgeht. Mehr als 400 Verfahren laufen derzeit. Der Vorwurf: Die Universität habe die Zahl der Studienplätze falsch berechnet. Dabei geht es vor allem um die begehrten Fächer wie Humanmedizin, Zahnmedizin und Psychologie.

Ganz so einfach sei das jedoch nicht, sagt Carsten Heckmann. "Die Universität hat die Anzahl der Studienplätze gewissenhaft berechnet", so der Uni-Pressesprecher. "Wir halten uns dabei stets an die Regeln der Kapazitätsverordnung." Dabei gibt es allerdings ein Problem: Diese Verordnung kann unterschiedlich ausgelegt werden. Um die Zahl der Studienplätze zu berechnen, muss eigentlich nur das Lehrangebot durch die Lehrnachfrage geteilt werden. Vereinfacht: Je mehr Lehrer es gibt, umso mehr Studenten können auch aufgenommen werden. Allerdings spielen noch andere Faktoren eine Rolle: Umfang der Lehrveranstaltungen oder Größe der Seminargruppen. So kann es passieren, dass Universität und Gericht unterschiedliche Kapazitätsgrenzen berechnen.

Genau darauf setzen die Studenten, die sich einklagen wollen. "Die Klagen zielen darauf ab, dass das Gericht die Zahl der Studienplätze nach oben hin korrigiert", so der hallesche Rechtsanwalt Thomas Herz. Jedes Semester kommen junge Menschen in seine Kanzlei, um sich einzuklagen. Das hat mittlerweile System: Es gibt sogar eine Frist für alle, die klagen wollen. Noch bevor die Universitäten Zu- und Absagen verschicken, müssen Studenten einen entsprechenden Antrag stellen. Trudelt dann ein Ablehnungsbescheid ins Haus, ziehen Anwalt und Kläger vor Gericht.

Christian Mardink lässt sich seine Chance auf einen Studienplatz rund 1 000 Euro kosten. So viel zahlt er für seinen Anwalt. Der gebürtige Niedersachse studiert schon seit drei Semestern in Halle. Nun möchte er von Soziologie auf Psychologie wechseln. Ein anderer Studienort kommt für ihn nicht in Frage. "Ich habe mich in Halle eingelebt und möchte hier bleiben", so Mardink. Dafür nimmt er auch ein teures Gerichtsverfahren in Kauf.

Wenn die Richter entscheiden, dass zusätzliche Studienplätze vorhanden sind, ist der Kampf allerdings noch nicht gewonnen. Oft ist die Zahl der erfolgreichen Kläger höher als die der erstrittenen Plätze. "Dann entscheidet das Losglück, wer einen Platz bekommt", sagt Rechtsanwalt Herz. Abiturschnitt und Wartezeit spielen dann keine Rolle mehr. Im vergangenem Wintersemester haben vier Studenten einen Psychologie-Platz an der Universität Halle erstritten.

Alle Klagen für die Fächer Human- und Zahnmedizin waren dagegen weniger erfolgreich: Dort wurden diesmal keine zusätzlichen Studenten aufgenommen. Das Gericht hatte also gegen die Anträge der Studenten entschieden. Bis Ende März wird das Verwaltungsgericht voraussichtlich über Hunderte Anträge für das aktuelle Wintersemester befinden, das bereits seit Oktober läuft.

Halten die Kläger endlich eine Zulassung für ihr Traumfach in den Händen, stehen sie oft vor einem ganz anderen Problem: Weil sich die Verfahren monatelang in die länge ziehen, hat ihr Studium längst angefangen. So wird auch Christian Mardink, falls er Ende März zugelassen wird, vermutlich eine neue Hürde meistern müssen: Das Nachlernen eines ganzen Semesters.




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