Missbrauchsvorwurf: Gutachterstreit im Fall des Ex-Dompredigers

Das Privatgutachten, das von dem Innsbrucker Psychologen Salvatore Giacomuzzi erstellt worden war, “ist nachweisbar mit unglaublichen und gravierenden Fehlern behaftet und vom Ergebnis her falsch”, resümierte Müller gegenüber der APA. War schon Günter Köhnken vom Institut für Psychologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zu der Ansicht gekommen, dass die Schlussfolgerungen Giacomuzzis hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Frau als auch der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben “im günstigsten Fall nicht nachvollziehbar, sehr wahrscheinlich aber falsch” seien, so habe auch der gerichtlich zertifizierte Sachverständige Alexander Gappmaier aus Salzburg “gravierende Fehler” aufgedeckt, sagte der Rechtsanwalt.

Aussagen können nicht als glaubhaft gedeutet werden

Die Nachvollziehbarkeit und Transparenz, als auch die Schlüssigkeit des Gutachtens von Giacomuzzi sei keinesfalls gegeben, “es wurde ebenso eine erhebliche beziehungsweise eindeutige Parteilichkeit seitens dieses Gutachters evident”, zitierte Müller aus Gappmaiers Gutachten. Die Methodik weise gravierende Mängel auf, die Aussagen der 47-jährigen Salzburgerin, die an einer schweren Persönlichkeit leide, “können zum gegebenen Zeitpunkt keinesfalls als glaubhaft gewertet werden, dafür bestehen in ihren Ausführungen unter anderem zu viele Widersprüche in sich. Zudem erhärtete sich der Verdacht, dass die Zeugin Opfer einer Psychotherapie-Indoktrination geworden ist”.

Falls die Expertise von Giacomuzzi nicht akzeptiert werde und Hofer nicht bereit sei, für die Therapie- und Heilungskosten aufzukommen, werde man diese zivilrechtlich einklagen, hatte der Rechtsanwalt der Salzburgerin, Nikolaus Bauer, in der Vorwoche angekündigt. Es gebe keinen Grund, an der 104 Seiten langen Expertise zu zweifeln, der Gutachter habe mit seiner Mandantin fünf bis sechs Stunden gesprochen und ein umfangreiches psychologisches Testverfahren durchgeführt, sagte Bauer.

Peter Hofer hatte sexuelle Beziehung zugegeben

Der emeritierte Universitätsprofessor Peter Hofer hatte im März 2011 bei einer Pressekonferenz eine sexuelle Beziehung mit der Frau zwar zugegeben, den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs aber vehement bestritten. Die Salzburgerin hatte zuvor dem Nachrichtenmagazin “profil” geschildert, sie sei von Hofer in den 1980er Jahren, als er die Stadtpfarre Nonntal geleitet hatte, mehrfach vergewaltigt worden. Zu Beginn der Tat sei sie noch nicht volljährig gewesen. Die Rechtfertigung des ehemaligen Dompredigers und Pfarrprovisors von St. Jakob am Thurn: Er habe eine intime Beziehung in den Jahren 1985 und 1986 geführt, “als die Frau erwachsen war”, sie aber nie zum Sex gezwungen und ihr nie Gewalt angetan. Der Fall ist strafrechtlich verjährt, das kirchenrechtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. “Die Akten liegen in Rom”, hieß es am Mittwoch aus der Erzdiözese. (APA)

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