Miesepeter können klarer denken



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Miesepeter können klarer denken und sind sozialer

Menschen suchen nach Glück und Zufriedenheit. Doch auch Trübsinn hat Vorzüge, wie Psychologen feststellen. Plädoyer für die schlechte Laune.

Mies gelaunte Menschen haben oft einen flexibleren Geist, fanden deutsche Forscher heraus.

Mies gelaunte Menschen haben oft einen flexibleren Geist, fanden deutsche Forscher heraus.
Bild: PD

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Es ist zum Kotzen. Sie lassen einen nicht in Ruhe. Permanent nötigen sie einen, seine schlechte Laune zu erklären und Gründe dafür anzuführen. Dabei gibt es nichts zu erklären. Schlechte Laune ist manchmal einfach da, ohne Anlass. Und hört vor allem damit auf, einem ständig die Ohren mit Geschichten von den grandiosen Vorteilen guter Gefühle vollzusülzen: Wer gut gelaunt ist, lebt gesünder. Wer gut gelaunt ist, hat ein geringeres Risiko für Herzinfarkt. Wer gut gelaunt ist, hält Stress besser aus.

Diesen Fokus auf das Glück, das Gute, das Schöne, hält niemand auf Dauer aus. Und so schlimm ist das mit der schlechten Laune gar nicht. Zum Glück existieren nämlich ein paar Wissenschaftler, die das Feld der positiven Psychologie anderen überlassen und sich mit den teils erfreulichen Nebenwirkungen mieser Stimmung befassen. Was zum Beispiel der Psychologe Joseph Forgas von der University of New South Wales in Sydney in einem Überblicksartikel zusammengetragen hat, lässt sich als Plädoyer für schlechte Laune lesen (Current Directions in Psychological Science, Bd. 22, S. 225, 2013). Erst mal nur so viel: Ist die Stimmung verhagelt, funktioniert das Gedächtnis besser, fördert das analytische Denken und reduziert einige chronische Fehler des menschlichen Geistes.

Miesgelaunte sind schöpferisch

«Die derzeitige kulturelle Epoche zeichnet sich durch die einseitige Konzentration auf die Vorteile der Zufriedenheit aus», sagt Forgas. Doch natürlich sei die Dysphorie – so der Fachterminus für die alltägliche Verstimmung – ein permanenter Begleiter des Menschen. Niemand läuft nur gut gelaunt durchs Leben. Trotzdem streben alle nach diesem Zustand, alle wollen sie heiterere, glücklichere und im Endeffekt erfolgreichere Menschen werden. Als einzigen Lichtschimmer in der Dunkelheit trüber Stimmung benennen die meisten Menschen die vermeintlich schöpferische Kraft, die sich aus der Schwermut ergebe. Menschen wie der übellaunige Beethoven, der schwermütige Franz Kafka oder der depressive Ian Curtis, der früh verstorbene Sänger der britischen Band Joy Division, gelten vielen als Beleg für den Trübsinn als kreative Quelle.

In zahlreichen Studien haben Forscher zum Beispiel beobachtet, dass mies gelaunte Menschen einen flexibleren Geist haben. Rasseln sie im Alltag in neue Situationen oder stehen vor einer neuen intellektuellen Herausforderung, passen sie ihr Handeln und Denken eher den Umständen an. Ist die Laune im Keller, weiche man leichter vom eigenen vorbereiteten Drehbuch ab, auch das Vertrauen in Stereotype reduziere sich, und die Beurteilung anderer Menschen sei offener, schreibt Forgas in seiner Übersichtsarbeit. Der gut Gelaunte vertraut hingegen auf das Klischee.

Übellaunigkeit verleitet Menschen zu grösserer Umsicht und mehr Höflichkeit in sozialen Interaktionen.

Wer hingegen schlechter Stimmung sei, der interpretiere dies in der Regel als Signal für eine Situation, die ihn herausfordere, in der es besser sei, sich auf externe Faktoren zu konzentrieren und sich eventuell den Umständen anzupassen, argumentiert auch der Psychologe Klaus Fiedler von der Universität Heidelberg. Der beschwingte, ausgeglichene Mensch schert sich hingegen nicht viel um seine Umwelt. Alle Signale werden positiv interpretiert, und wenn sich in diesem Falle jemand anpassen soll, dann bitte schön die Umwelt an den gut gelaunten Menschen und nicht umgekehrt. Kurz, Trübsinn richtet den Fokus nach aussen, gute Stimmung eher nach innen auf einen selbst.

Daraus ergibt sich eine Konsequenz. Der Übellaunige, der Grantler und Nörgler ist der sozial verträglichere Mensch, dem sogar Fairness und Gerechtigkeit mehr am Herzen liegen als dem Sonnenschein und Gute-Laune-Bär. Beim Diktator- oder Ultimatum-Spiel, das von Verhaltensökonomen und Spieltheoretikern gerne in Studien eingesetzt wird, geben Miesepeter zumindest mehr Geld an andere ab und bestrafen auch eher Schmarotzer, selbst wenn sie dafür hohe Kosten ertragen müssen. Ist schlechte Laune also gar ein evolutionärer Vorteil? Zumindest diskutieren Forscher das.

Neigung zum Skeptizismus

«Negative Affekte erhöhen die Sorge um andere», sagt also Forgas. Mehr noch, kurzzeitige Übellaune verleitet Menschen zu grösserer Umsicht und mehr Höflichkeit in sozialen Interaktionen. So formulierten Menschen in Missstimmung in Experimenten Bitten in einem angemesseneren Tonfall als gut gelaunte Probanden – und sie waren damit auch erfolgreicher. Ihre Aussagen enthielten mehr konkrete Inhalte, die sie auch noch besser verpackten. Gut gelaunte Menschen stiessen in diesen Versuchen andere eher vor den Kopf. Ihr Ton war mitunter rüde, ihr Vorgehen energisch.

Forgas bat Probanden, Schriftstücke aufzusetzen, in denen sie für kontroverse Standpunkte (etwa die Erhöhung von Studiengebühren) werben mussten. Auch hier: Gedrückte Stimmung erhöhte ebenfalls deren Qualität. Tatsächlich überzeugte die Argumentation der Miesepeter mehr unvoreingenommene Leser als die Ausführungen, die in heller Stimmungslage verfasst worden waren.

Das kann ab sofort gegen die Nervensägen verwendet werden, die einen ständig aus dunklen Wolken retten wollen. Und dieser Befund auch: Dysphorie verbessert die Gedächtnisleistung. In einem Versuch hing zum Beispiel die Stimmungslage unmittelbar damit zusammen, wie viele Details sich Probanden in einem Laden merken konnten. Die Psychologen manipulieren das Gemüt der Teilnehmer solcher Experimente zum Beispiel mit traurigen Filmen oder indem sie die Teilnehmer über emotional bedeutsame Erlebnisse schreiben lassen. Nicht nur die Auslage von Läden registrierten auf diese Weise leicht verstimmte Menschen besser, sie lieferten auch präzisere Zeugenberichte ab.

Forgas liess zum Beispiel Studenten während einer Vorlesung eine sehr realistisch inszenierte Auseinandersetzung zwischen dem Dozenten und einer aufgebrachten Studentin beobachten. Eine Woche später befragte er die Teilnehmer seines Experiments zu diesem Vorfall. In viele Fragen waren falsche Details eingestreut, die den übellaunigen Teilnehmern tatsächlich eher auffielen.

Aus anderen Versuchen ist bekannt, dass eine gute Stimmung auch mit der Tendenz einhergeht, mehr oder weniger alles zu glauben, was einem erzählt wird. In diesem Zustand fällt vieles leicht, und was einem leichtfällt, fühlt sich für Menschen gut und richtig an. Psychologen sprechen von der kognitiven Leichtigkeit: Dieser Zustand ist erstrebenswert, doch nur, wer sich geistig anstrengen muss, bemerkt Unsinn, wenn er ihm vorgesetzt wird. In mieser Stimmung strengen sich Menschen automatisch mehr an, die Informationen um sich herum wahrzunehmen. Das geht auf Kosten der kognitiven Leichtigkeit, und das reduziert den Eindruck, etwas sei wahr. Schlechte Stimmung erhöht also die Neigung zum Skeptizismus und verbessert die Fähigkeit, Mythen von Fakten zu unterscheiden.

Differenzierter Denken

Überhaupt scheint Trübsal das analytische Denken zu befördern. So mindere schlechte Stimmung die Anfälligkeit für den Halo-Effekt, schreibt Forgas in seiner Übersichtsarbeit. So bezeichnen Psychologen den Umstand, dass Menschen aus einer offensichtlichen Eigenschaft automatisch auf das Gesamtpaket schliessen: So gelten etwa attraktive Menschen als besonders intelligent, Biolebensmittel automatisch als gesünder und ergraute Brillenträger im Tweed-Sakko hält man eher für gebildet als junge Frauen im Spaghettiträger-Oberteil. Nicht so der Miesepeter. Er lässt sich nicht so leicht von einer Eigenschaft blenden. Er bleibt auch bei fordernden, langweiligen Tätigkeiten länger konzentriert bei der Sache. So könnte man meinen: Schlechte Laune macht den besseren Menschen, vergesst «denk positiv».

Jetzt hat die Sache halt nur einen Haken. Alle diese Effekte beobachten Psychologen lediglich bei Menschen, die kurzzeitige Dysphorie erleben. Dauerhafte Trübsal bietet hingegen nichts als dauerhafte Trübsal. Oder wie es der Psychologe Forgas sagt: «Negative Affekte sind nicht immer wünschenswert.» Aber sie sind auch längst nicht so schlimm, wie die vielen Propheten der guten Laune stets behaupten.
(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 05.07.2013, 08:00 Uhr


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