„Menschen haben eine Tendenz zu sammeln“ – saarbruecker

Illingen.

Zig Millionen Menschen sammeln Panini-Sticker. Liegt das Sammelfieber nur an der WM?

Lass-Hennemann: Nein, wir haben als Menschen eine Tendenz zu sammeln. Man denkt, dass das daher kommt, dass wir als Jäger und Sammler gelebt haben – also von unserer Evolution her. Menschen sammeln einfach gerne, gerade Kinder. Und wenn dann so ein Anlass ist wie die WM, dann greift das Sammelfieber meistens noch mehr um sich.

Im virtuellen Zeitalter könnte man doch auch am Computer sammeln – Briefmarken und Gartenzwerge als Fotos?

Lass-Hennemann: Sammeln hat so etwas Haptisches. Man muss die Dinge irgendwie anfassen können, hin und her schieben können, angucken können. Bis jetzt hat sich das virtuelle Sammeln noch nicht durchgesetzt. Weil es um dieses Besitzen, Haben geht – und da brauchen wir Menschen immer noch was zum Anfassen.

Gibt es Personenkreise, die besonders gerne und viel sammeln?

Lass-Hennemann: In der Kindheit machen viele Kinder so eine Phase durch, sie beginnt meistens im frühen Grundschulalter. Bei Erwachsenen ist es dann oft so ein Ausdruck der Persönlichkeit. Wenn ich Fußballbilder sammele, interessiere ich mich für Fußball.

Sammeln Männer mehr als Frauen?

Lass-Hennemann: Da gibt es keine Unterschiede. Wahrscheinlich nur in der Art der Objekte, die gesammelt werden. Fußballbilder sammeln wohl eher Männer. Oft sind es auch wertlose Gegenstände, die gesammelt werden, Kronkorken oder Streichholzschachteln. Es muss der persönliche Wert da sein.

Kann Sammelbegeisterung auch krank machen?

Lass-Hennemann: Sie kann ein krankhaftes Ausmaß annehmen, wenn sie zum alleinigen bestimmenden Lebensinhalt wird. Wenn wir aber von Panini-Bildern sprechen, ist das ja ein definierter Zeitraum, nach der WM wird das irgendwann wieder abflauen. Da habe ich keine Sorge, dass das krank machen könnte.

Zum Thema:

Zur PersonJohanna Lass-Hennemann (31) arbeitet als Psychologin in der Abteilung für klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität des Saarlandes. Dort hat sie öfter mit Patienten zu tun, die krankhaft sammeln (Hoarding- oder Messie-Syndrom). Sie forscht über Entstehungsbedingungen von Angststörungen und tiergestützte Therapien. Zuvor hat sie an der Uni Trier Psychologie studiert. dpa

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