Meisterschule statt Einsatz auf hoher See

Unna.Jeder, der schon einmal im Landschulheim oder auf Jugendgruppenfahrt war, kann sich sicher an ganz besondere Höhepunkte im fest strukturierten Tagesprogramm erinnern: Frühstück, Mittagessen, Abendbrot. Ganz ähnlich ist es bei der Bundeswehr. Und das hinter der Floskel „ohne Mampf kein Kampf“ viel mehr steckt, wissen alle, die in Heer, Luftwaffe oder Marine den Kochlöffel schwingen: „Wir sind Psychologen am Kochtopf“, lacht Oberbootsmann Christian Prinzler (29).

Sonst 2. Proviantmeister auf der Fregatte Brandenburg, sitzt er statt auf schwankendem Schiffsboden jetzt mit seinen Kollegen Martin Tabbert (Segelschulschiff Gorch Fock) und Melanie Horvath (Fregatte Sachsen) auf dem Trockenen. Festlandeinsatz in der Glückauf-Kaserne. Ihr neunmonatiger Aufenthalt fern der See hat einen simplen Grund. Das Köche-Trio nutzt die von der Bundeswehr angebotene Aus- und Weiterbildungsmöglichkeit zum Küchenmeister. Statt Kombüse ist so jetzt die Lehrküche in Königsborn ihr Betätigungsfeld.

Zurück zur Psychologie. „Ist doch klar, dass die Mahlzeiten an Bord einen ganz speziellen Stellenwert haben, wenn der reguläre Dienst auf See mal eintönig ist. Oder eben extrem anstrengend, wenn bei Nachrichtensperre tagelang, ohne Kontaktmöglichkeit zu den Angehörigen in Deutschland, Gefechtsdienst gefahren wird“, erklärt Melanie Horvath. Hauptbootsmann, auch wenn sie eine Frau ist – da macht die Marine keinen Unterschied.

Um die Stimmung zu heben, lässt der Schiffskommandant dann auch mal den Speiseplan ändern. Dann gibt’s Pizza statt Fisch als Stimmungsaufheller. „Pizza und Pasta gehen immer“, grinst Christian Prinzler. „Und Labskaus geht gar nicht“, ergänzt Oberbootsmann Martin Tabbert (31) unter zustimmendem Nicken seiner beiden Kameraden.

Generell steht der Speiseplan an Bord meist für die gesamte, mehrmonatige Einsatzfahrt. „Schließlich müssen bei uns auf der Sachsen ja bis zu 240 Soldatinnen und Soldaten täglich versorgt werden. Da muss vor dem Auslaufen genau koordiniert werden, welche Verpflegung in die Schiffsbunker geladen wird“, sagt die 27-jährige Proviantmeisterin. Am 23. Juli läuft sie mit der Sachsen für 4,5 Monate zum nächsten Einsatz am Horn von Afrika aus; zur Piratenabwehr vor Somalia. Tonnenweise werden zuvor in Wilhelmshaven Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch und Tiefkühlkost eingebunkert.

Tagesrationen werden mit Arzt genau geplant

Die Tagesrationen werden zur ausgewogenen Ernährung in Abstimmung mit dem zuständigen Schiffsarzt genau vorgeplant. Der je nach Einsatzart und Einsatzziel festlegt, welche Kalorienzahl pro Mitfahrer täglich anzusetzen ist. „Für Somalia sind das 3600 Kilojoule und die tägliche Wasserration wird von vier auf acht Liter erhöht.“ Jeder zusätzlich freigegebene Platz im Schiff werde genutzt „um Wasserflaschen zu verstauen“.

Bei der Planung greifen die Smutjes auf ein spezielles Computerprogramm zurück, „wo ernährungsphysiologisch die Menübestandteile bis ins Detail, also Vitamine, Ballaststoffe oder Fettanteil genau bestimmt und erfasst werden können“, erklärt Oberbootsmann Tabbert.

Der trotz aller Vorplanung sein Drei-Gänge-Mittagsgericht (Vorspeise, Hauptgang, Dessert) für die Schulmannschaft der Gorch Fock auch mal spontan umschmeißen muss. „Wenn der Segler bei hoher See mit Schräglagen bis 30 Grad stampft und rollt.“ Dann ist trotz aller Sicherungsnetze und der Schlingerleiste am Herd nur noch Sturmration möglich: „Suppe mit Brötchen.“ Eine Extremsituation, bei der einige bleiche Lehrgangsteilnehmer lieber nur zum Spezialmenü greifen würden: „Kamillentee mit Zwieback“, grinst Martin Tabbert.

Marcus Esser.

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