Meine Zukunft ist Deutschland

Trier. Selbstbewusst und fröhlich strahlt Raza Hoxhaj in die Sonne auf dem Domfreihof. Niemand denkt, dass die 22-Jährige vor 16 Jahren nach Deutschland geflüchtet ist: "1999 war Bürgerkrieg im Kosovo. Dadurch sind meine Mutter, meine Geschwister und ich nach Deutschland gekommen, wo mein Vater bereits lebte und als Bäcker arbeitete." Mit dem Geländewagen seien sie nach Albanien gereist, von wo sie nach Italien übersetzten. Dort habe sie ihr Vater abgeholt.

Die neue Sprache in Deutschland war und ist für Hoxhaj keine Barriere: "Ich hatte keinen Auftrag, Deutsch zu lernen - es ist einfach so passiert." Als großes Glück bewertet sie, dass sie mit acht Jahren die erste Klasse in der Grundschule wiederholt. Auf diese Weise festigen sich Grammatik und Vokabular, so dass sie heute ohne Akzent fließend Deutsch sprechen kann. "Ich denke, dass mein Alter für den Spracherwerb förderlich war. Meine ältere Schwester, die in die sechste Klasse kam, hatte es viel schwerer als ich", stellt Hoxhaj fest.

Kritisch sieht sie die damaligen Methoden der Sprachförderung: "Sie bestand darin, dass mich die Sekretärin aus der Klasse nahm, mir eine Gabel zeigte und den Namen laut und deutlich aussprach. Das ist nicht effektiv. Ich bin froh, dass sich in diesem Bereich viel verändert hat."

Nach der Grundschule besucht Hoxhaj eine Gesamtschule in Duisburg und qualifiziert sich für die gymnasiale Oberstufe. Im Stoff sei sie trotz Migrationshintergrund gut mitgekommen. Von ihren Schulkameraden integriert und durch ihre Lehrer unterstützt, engagiert sie sich neben der Schule in der Schülervertretung: "Ich bin gerne in die Schule gegangen und habe mich wohlgefühlt." 2013 beendet sie ihre Schulzeit mit dem Abitur, wobei sie einen 1,7-Schnitt erreicht. Seit Oktober letzten Jahres studiert sie an der Universität Trier Psychologie: "Mich hat schon immer fasziniert, wie Menschen denken. Was ich später genau machen möchte, weiß ich noch nicht - das ändert sich pro Semester", schmunzelt sie.

Trier sei für Hoxhaj eine kleine, aber feine Stadt mit Charme: "Die Menschen sind sehr nett und mein Vermieter hat mich herzlich bei sich aufgenommen. In Trier kennt jeder jeden - das ist schön." Defizite seien der lückenhafte Sternbusverkehr und die deutsche Bürokratie. Da ihr Vater bereits in Deutschland arbeitete, sei sie weitgehend von Behörden verschont geblieben: "Mein Vater, der mit Akzent spricht, geht nicht gerne zu Ämtern. Die Mitarbeiter denken irrtümlicherweise immer, er verstehe nicht gut Deutsch, und sprechen laut und langsam."

Für verbesserungswürdig bewertet Hoxhaj, dass viele gegenüber Flüchtlingen voreingenommen urteilen. Sie würden direkt als Kriminelle und Ausbeuter dargestellt: "Hätte mich damals jemand als Verbrecherin beschimpft, würde ich heute bestimmt anders über Deutschland denken", merkt sie kritisch an. Für sie sei es eine Bereicherung, in zwei Kulturen aufgewachsen zu sein.

Trotz einiger Reisen zum Rest ihrer Familie in den Kosovo möchte Hoxhaj in Deutschland bleiben: "Ich fühle mich den Menschen und der Sprache verbunden - hier liegt meine Zukunft." beh

 

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