Medizinische Psychologie bietet neuen Studiengang an: Master of Migrant Health

In der erweiterten Europäischen Union nimmt
die Zahl der Migranten rasch zu. Migration
beeinflusst die Gesundheit massiv.
„Bio-psycho-soziale Erklärungsansätze
berücksichtigen dabei biologische und
genetische Faktoren, kulturelle Einflüsse,
die soziale Lage, den Prozess der Migration,
die gesundheitliche Lage im Herkunftsland
und die Zugangsmöglichkeiten zur
Gesundheitsversorgung als relevante
Einflussgrößen. Zusehends wächst der Bedarf
an speziell ausgebildeten Fachkräften“,
stellen Jeannette Riedel, Ursula Viktoria
Wisiak und Hans-Joachim Hannich die
Dringlichkeit der Situation dar.

Um die immer deutlicher werdende Lücke zu
schließen und interkulturelle Kompetenz zu
vermitteln, entwickelte ein
interuniversitäres Konsortium ein Curriculum
für den ‚Master of Migrant Health‘. Riedel
und Kollegen stellen berichten über das neue
Studienangebot in ihrem aktuellen Reader
„Der Kopf ist rund, damit das Denken die
Richtung wechseln kann“ – Facetten der
medizinischen Psychologie in Greifswald. Im
Mittelpunkt des Curriculums mit gemeinsamem
Abschluss stehen die Module:

  • Bewertung des Nutzens für die klinische und
    öffentliche Gesundheit

  • Epidemiologie und Forschungsmethoden

  • Umweltmedizin und Gesundheitsschutz am
    Arbeitsplatz

  • Wirtschaftliche/gesundheitsökonomische Folgen
    der Migration

  • Organisations- und Systemmanagement

  • Psycho-soziale Aspekte der Migration

Im Rahmen der Ausbildung zum Master of Migrant
Health wurde in Greifswald im Wintersemester 2012/13
erstmals „Gesundheit von Migrant/innen und
Interkulturelle Kommunikation“ angeboten. Das
Studienangebot soll Medizinstudierenden vor allem
Risikofaktoren in Zusammenhang mit Migration und
deren Einfluss auf die Gesundheit verdeutlichen.

Neben den hohen Anforderungen, die der
Migrationsprozess an die Betroffenen stellt –
Verlassen von Familie, Freunden und der vertrauten
Umgebung, Orientierung und Sicherung der Existenz im
Gastland – gilt es, eine große Anzahl individueller
Einflussgrößen zu berücksichtigen: Vertreibung,
Verfolgung, Flucht vor gewaltsamen Konflikten oder
Naturkatastrophen, Armut oder Arbeitslosigkeit.
Angekommen im Gastland , ist die
Gesundheitsversorgung noch längst nicht gesichert;
weitere Hürden gilt es zu überwinden: „Neben
strukturellen, finanziellen, sprachlichen und
kommunikativen Problemen kann unzureichende
interkulturelle Sensibilität zu indifferenten wie
auch kontraproduktiven Problemdiagnosen und
Lösungsansätzen führen.“

Zu den Lehrinhalten am Institut für Medizinische
Psychologie der Universitätsmedizin Greifswald
gehören

  • Das Wissen über den Einfluss von
    Migrationserfahrungen auf das psycho-soziale
    Wohlbefinden

  • Professioneller Umgang mit multikulturellen und
    multireligiösen Aspekten

  • Verständnis für die Risiken von Gewalt und
    Folterung bei Flüchtlingen

  • Ethische und juristische Kompetenz im Umgang mit
    Migranten

Das durch Erasmus Mundus geförderte Projekt „CHANCE
– MSc in Migrant Health: Addressing New Challenges
in Europe“, an dem fünf Universitäten in Europa
beteiligt sind, wird koordiniert durch Prof. I.
Szilárd der Universität Pecs in Ungarn. Das Modul
„Psycho-soziale Aspekte der Migration“ liegt in der
Verantwortung des Instituts für Medizinische
Psychologie der Universitätsmedizin Greifswald unter
der Leitung von Prof. H.-J. Hannich in
Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für
Medizinische Psychologie und Psychotherapie in Graz
unter der Leitung von Frau Prof. U. Wisiak.
 


J. Riedel, U.V. Wisiak, H.-J. Hannich:
Interkulturelle Kompetenz – Ein Lernziel in der
Medizinischen Psychologie der Universität
Greifswald. In: U. Wiesmann, C. Altenstein, W.
Hannöver, U. Plötz, J. Riedel (Hrsg.): „Der Kopf
ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln
kann“

Pabst Science Publishers, Lengerich, 2013, ISBN
978-3-89967-794-2

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