MÄRKTE USA/"Obamacare" und EU-Gipfel treiben Anleger in sichere Häfen – net

Die Schuldenkrise der Eurozone hat auch am Donnerstag als eines der zentralen Themen die US-Finanzmärkte beherrscht, aber beileibe nicht als einziges. Ein zweites Thema bewegte die Anleger womöglich noch stärker: Der Oberste Gerichtshof der USA erklärte die umstrittene Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama ("Obamacare") für verfassungskonform. In dieser Gemengelage setzten Anleger bevorzugt auf sichere Anlagen wie Staatsanleihen.

 

 

Berlin - Die Schuldenkrise der Eurozone hat auch am Donnerstag als eines der zentralen Themen die US-Finanzmärkte beherrscht, aber beileibe nicht als einziges. Ein zweites Thema bewegte die Anleger womöglich noch stärker: Der Oberste Gerichtshof der USA erklärte die umstrittene Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama ("Obamacare") für verfassungskonform. In dieser Gemengelage setzten Anleger bevorzugt auf sichere Anlagen wie Staatsanleihen.

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Aktien standen die meiste Zeit der Sitzung unter Druck, verringerten ihre Verluste kurz vor Handelsschluss aber deutlich, als am Futures-Markt ein großer Block sogenannter E-mini-Futures auf den SP-500 gekauft wurde. Am Markt kursierten Gerüchte, dass den hoch verschuldeten Mitgliedsländern der Eurozone neuerliche Hilfen zugesagt würden.

Der Dow-Jones-Index (DJIA) verlor 0,2 Prozent auf 12.602 Punkte. Der SP-500 fiel um 0,2 Prozent auf 1.329 Punkte. Die Marke von 1.320 Punkten im SP-500 sei seit einigen Tagen eine wichtige technische Marke gewesen, kommentierte Mike Shea, Händler bei Direct Access Partners, die Futures-Käufe. Der Nasdaq-Composite gab um 0,9 Prozent auf 2.849 Punkte nach. Das Umsatzvolumen stieg auf 0,91 (Mittwoch: 0,68) Milliarden Aktien. Den 1.715 Kursgewinnern standen 1.321 -verlierer gegenüber, während 114 Titel unverändert schlossen.

Die Gesundheitsreform sieht eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht vor, was von vielen US-Bürgern als Beschneidung ihrer Entscheidungsfreiheit abgelehnt wird. Das mäßige Wirtschaftswachstum lässt viele zudem an der Finanzierbarkeit des Projekts zweifeln. Das Bruttoinlandsprodukt der USA stieg im ersten Quartal nur noch um 1,9 Prozent, nachdem im vierten Quartal des vergangenen Jahres noch ein Plus von 3,0 Prozent verzeichnet worden war.

Skepsis herrschte auch mit Blick auf den zweitägigen EU-Gipfel, der am Donnerstag begonnen hat. Dort soll die jüngste Verschärfung der Schuldenkrise thematisiert werden. Auf der Agenda stehen vor allem eine Bankenunion und die mögliche Vergemeinschaftung der Schuldenaufnahme durch Euro-Bonds.

Die eher negativen Erwartungen an den Gipfel ließen den Euro zum Dollar abwerten. Enttäuschende europäische Konjunkturdaten und die Auktion italienischer Staatsanleihen, die nur zu besorgniserregend hohen Zinsen am Markt untergebracht werden konnten, verpassten der Gemeinschaftswährung einen zusätzlichen Dämpfer. Im späten US-Handel kostete ein Euro 1,2443 Dollar nach 1,2511 im frühen europäischen Geschäft.

Rohstoffpreise litten unter Zweifeln, dass der EU-Gipfel die Schuldenkrise einer Lösung näher bringt. Auch die Aufwertung des US-Dollar zum Euro belastete die Preise für Öl und Gold. Beide werden in Dollar abgerechnet und verteuerten sich daher für Käufer aus der Eurozone. Der Preis für ein Barrel Leichtöl der Sorte WTI sank um 3,1 Prozent bzw 2,52 Dollar auf 77,69 Dollar. An der ICE verbilligte sich die europäische Referenzsorte Brent um 2,3 Prozent bzw 2,14 Dollar auf 91,36 Dollar.

Der Goldpreis fiel an der Comex um 1,8 Prozent auf 1.550,40 Dollar je Feinunze. Das Edelmetall dürfte vorerst nicht als Inflationsschutz gebraucht werden. Weltweit schwächst sich das Wirtschaftswachstum ab, und sinkende Rohstoffpreise dürften den Preisauftrieb ebenfalls dämpfen. Am Markt setzt sich zudem immer mehr die Überzeugung durch, dass weder die US-Notenbank noch die Europäische Zentralbank Spielraum für neuerliche Zinssenkungen haben, die die Inflation anheizen könnten.

Der Anleihemarkt profitierte unterdessen von der Verunsicherung der Anleger. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen sank auf 1,59 Prozent. Die Treasurys behaupteten ihre Gewinne auch, nachdem die Auktion siebenjähriger Notes auf eine enttäuschend geringe Nachfrage getroffen war. Das US-Finanzministerium zahlte den bisher niedrigsten Zins für diese Laufzeit.

Die Entscheidung zur Gesundheitsreform belastete Aktien von Versicherungsunternehmen. Sie müssen künftig auch Menschen mit Vorerkrankungen versichern, die bisher ein Ausschlussgrund waren. Unter anderem fielen die Papiere von WellPoint um 5,2 Prozent auf 65,90 Dollar. Der Kurs von Aetna gab um 2,7 Prozent auf 39,85 Dollar nach. Die geplante Beteiligung der Arbeitgeber an der Krankenversicherung drückte überdies Aktien der Branchen Gastronomie und Einzelhandel, die hohe zusätzliche Kosten auf sich zukommen sehen. Starbucks ermäßigten sich um 1,3 Prozent auf 52,09 Dollar.

Gegen den Trend gesucht waren dagegen Aktien von Krankenhausbetreibern. Sie profitieren von der Reform, weil sie nun nicht mehr auf Behandlungskosten sitzenbleiben dürften. Die Aktien von HCA Holdings und Tenet stiegen um 10,7 Prozent auf 29,47 Dollar und um 5,4 Prozent auf 5,25 Dollar. Der Aktienkurs von Community Health sprang um 8,0 Prozent auf 27,54 Dollar.

Im Bankensektor büßten die Aktien von J.P. Morgan 2,4 Prozent auf 35,88 Dollar ein. Die New York Times hatte unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen berichtet, die Verluste der Bank aus Derivatgeschäften könnten sich auf bis zu 9 Milliarden Dollar belaufen. Belastend wirkte auch, dass die Citigroup die Gewinnschätzungen für mehrere große US-Banken, darunter J.P. Morgan, gesenkt hatte.

Kontakt zum Autor: claudia.nehrbass@dowjones.com  (© Dow Jones)

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