Gesunden Personen beschert eine bestimmte Variante des "PKC alpha-Gens" gute Gedächtnisleistungen. Bei traumatisierten Überlebenden des ruandischen Völkermords begünstigt die gleiche Gen-Variante posttraumatische Belastungsstörungen: Sie können der Erinnerung an Kriegserlebnisse nicht entkommen. Diese Erkenntnisse hat eine deutsch-schweizerische Forschergruppe um die Ulmer Psychologieprofessorin Iris-Tatjana Kolassa in der US-Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.
Im ersten Teil der Untersuchung hatten Wissenschaftler der Uni Basel die Gedächtnisleistungen von mehr als 1000 gesunden Schweizern erhoben. Die Probanden mussten angeben, welche Emotionen standardisierte Bilder bei ihnen auslösen. Anschließend wurden sie aufgefordert, die gezeigten Fotos zu beschreiben. Die Forscher nahmen zudem Speichelproben für genetische Analysen. Insgesamt erinnerten sich Träger der PKC alpha-Variante deutlich besser an Gelerntes. Im Magnetresonanztomographen (MRT) stellte sich letztlich heraus, dass die gedächtnisrelevanten Hirnareale von Studienteilnehmern mit der Gen-Variante beim Betrachten der Bilder aktiver waren.
Kolassa, Leiterin der Abteilung für Klinische und Biologische Psychologie an der Uni Ulm, und Prof. Thomas Elbert (Uni Konstanz) haben die Auswirkungen der Gen-Variante auf ruandische Flüchtlinge untersucht. Die Wissenschaftler befragten rund 350 schwer vorbelastete Ruander zu ihren traumatischen Erlebnissen und testeten die Flüchtlinge auf die spezifische Gen-Variante. Ergebnis: Studienteilnehmer mit der Varietät hatten lebhaftere Erinnerungen an extrem negative Erfahrungen während des Genozids. Sie sind anfälliger für Alpträume oder unwillkürliche, plötzliche Erinnerungen an das traumatische Geschehen.
"Ein genetisch bedingtes gutes Gedächtnis hat bei traumatischen Lebensereignissen eine Kehrseite: Es erhöht das Risiko, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken", sagt Kolassa. Die in der Studie beschriebenen psychischen Unterschiede zwischen Personen scheinen mit molekularen Pfaden der Gedächtnisbildung im Gehirn zusammenzuhängen.