Lernen von Robert T. Keller: Wer ist innovativ?

6. März 2012

Robert T. Keller hat über 600 Wissenschaftler und Ingenieure zu ihren Innovationen befragt. Dabei zeigte sich, dass das Selbstwertgefühl, die innere Kontrollüberzeugung und die Innovationsorientierung vorhersagten, ob die Befragten nach fünf Jahren innovativ waren und gut arbeiteten.

Innovationen werden von Menschen gemacht. Und man fragt sich: Wer von ihnen wird besonders innovativ sein? Diese Frage hat sich auch Robert Keller gestellt, Managementprofessor an der University of Houston, und seine Antworten im Journal of Applied Psychology veröffentlicht.

Er hat in fünf Jahren zu jeweils drei Zeitpunkten über 600 Wissenschaftler und Ingenieure befragt, die in fünf großen Technologiefirmen im Bereich Forschung und Entwicklung arbeiteten. Erhoben wurden unter anderem die drei Persönlichkeitsmerkmale Selbstwertgefühl, Kontrollerwartung und Innovationsorientierung, die zwei Erfolgsmaße Arbeits- und Innovationsleistung und das Situationsmerkmal Nicht-Routine-Arbeit. Diese Merkmale wurden folgendermaßen erfasst (S. 227):

  • Selbstwertgefühl: Das Selbstwertgefühl gibt an, inwiefern man sich selbst achtet und als wertvoll ansieht. Es wurde mit Rosenbergs Selbstwertgefühlsskala erhoben, bei der die Befragten zehn Aussagen als zutreffend oder nicht zutreffend einschätzen sollten. Eine Beispielaussage: „Ich habe mir selbst gegenüber eine positive Haltung.“
  • Kontrollerwartung: Die allgemeine Kontrollerwartung steht für die Überzeugung, dass das, was im Leben passiert, entweder von einem selbst (innere Kontrollerwartung) oder von äußeren Umständen (äußere Kontrollerwartung) abhängt. Sie wurde mit Rotters Kontrollerwartungsskala gemessen, zum Beispiel: „Was mir passiert, hängt von mir selbst ab.“
  • Innovationsorientierung: Sie steht dafür, lieber neue Dinge auszuprobieren als die gewohnten Pfade zu beschreiten. Eingesetzt wurde Kirtons Innovationsfragebogen. Ein Beispiel-Item: „Ich würde eher etwas neu erschaffen als verbessern.“
  • Arbeitsleistung: Dieses Leistungsmaß setzte sich aus fünf Einzelmaßen zusammen: Qualität der Arbeit, Quantität der Arbeit, Zusammenarbeit mit anderen, Zuverlässigkeit und gesamte Arbeitsleistung.
  • Innovationsleistung: Sie wurde mit der Anzahl der angemeldeten Patente und der Veröffentlichungen gemessen, die ein Wissenschaftler in den vergangenen fünf Jahren hervorgebracht hatte.
  • Nicht-Routine-Arbeit: Diese wurde mit sechs Fragen erfasst, zum Beispiel: „Inwiefern wird Ihre Arbeit von Routine bestimmt?“

Die Innovationen hingen maßgeblich davon ab, ob die Wissenschaftler und Ingenieure sich selbst wertschätzten, von ihrem eigenen Handlungsvermögen überzeugt waren und Lust auf Neues hatten. Im Einzelnen:

Selbstwertgefühl: Dieses sagte die Arbeitsleistung und die Zahl der angemeldeten Patente fünf Jahre später voraus. Je mehr sich ein Ingenieur oder Wissenschaftler selbst wertschätzte, desto produktiver war er.

Kontrollerwartung: Eine hohe innere Kontrollerwartung sagte Patente und Publikationen fünf Jahre später voraus, nicht jedoch die Arbeitsleistung. Mit anderen Worten: Je mehr eine Person erwartete, ihr Leben selbst gestalten zu können, desto fleißiger veröffentlichte sie und desto mehr Erfindungen tüftelte sie aus.

Innovationsorientierung: Diese sagte fünf Jahre später sowohl die Arbeitsleistung als auch die Innovationsleistung (Publikationen und Patente) voraus. Anders ausgedrückt: Hatten die Wissenschaftler und Ingenieure Spaß daran, Neues auszuprobieren, begünstigte diese innere Innovationsorientierung alle Erfolgsmaße. Nicht-Routine-Aufgaben trugen dazu bei, dass sich dieses Innovationspotenzial noch weiter entfalten konnte. Innovationsorientierte arbeiteten bei wenig Routine besonders gut.

Wenn man etwas Neues schaffen will, kommt es also auf die eigenen Überzeugungen an. Die Längsschnittstudie lässt den Schluss zu: Eine positive Haltung sich selbst gegenüber prägt die Innovationskraft fünf Jahre später. Zu dieser Haltung zu gelangen heißt nicht, sich ein Optimismuskorsett überzustreifen. Vielmehr gilt es, Fühlung mit sich selbst aufzunehmen und sich in eigner Wertschätzung zu üben.

Gleichzeitig macht die Studie deutlich, dass es hilfreich sein könnte, Bewerber im F--E-Bereich nach ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Innovationsorientierung zu befragen. Dafür liegen Fragebogen vor, die von Psychologen in umfangreichen Feldstudien über Jahrzehnte hinweg entwickelt wurden.

Wirtschaftspsychologie-aktuell.de

Weiterführende Informationen:

Robert T. Keller (2012). Predicting the Performance and Innovativeness of Scientists and Engineers (Abstract). Journal of Applied Psychology, Vol. 97, No. 1, 225–233.

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