Leben und Wirken des Pioniers der Psychoanalytischen Pädagogik

Leben und Wirken des Pioniers der Psychoanalytischen Pädagogik Rudolf Ekstein (9.2.1912 – 18.3.2005)…

Von Roland Kaufhold

»Als ich sechzehn Jahre alt und Sozialist war, hatte ich einen zionisti­schen Freund. Wir beide stritten uns unaufhörlich. In einem Schulaufsatz schrieb ich, daß sich weder Zionismus noch Sozialismus in ihrer reinen Form jemals verwirklichen lassen werden. Aber ich fügte hinzu, daß etwas anderes viel wichtiger sei. Wenn man ein anständi­ger Mensch ist, müsse man eine Utopie haben. Man brauche Zielvorstellung­en, auch wenn in der Zeitung nur Schreckensnachrich­ten stünden. In diesem Sinne bin ich Uto­pist geblieben. Alles, was Sie in meinem Haus sehen, sind aufgelesene Bruchstücke von Utopie.«
Rudolf Ekstein (in: Koelbl 1989, S. 59)

 1. Kindheit und Jugend

Rudolf Ekstein wurde am 9. Februar 1912 als Kind jüdischer Eltern in Wien geboren. Sein Vater war ein in Wien ansässiger Buchhalter, seine Mutter starb bald nach seiner Geburt. Als sein Vater am 1. Weltkrieg teilnehmen mußte, wurde Rudolf Ekstein der Obhut einer katholischen Frau über­geben, die er als eine sehr liebevolle »Ersatzmutter« in Erinnerung hat (Oberläuter 1975, S. 20). Seine Pflegemutter pflegte ihm gelegentlich zu sagen: »Rudi, a so Schema Bua bisse. Möcht ma gar nett glauben, daß d’ a Jud bist« (Pelinka 1992, S. 10).

Ekstein wuchs in der Nußgasse 12 des 9. Bezirks von Wien auf und besuchte die Volks- und die in der Glasergasse gelegene Realschule des 9. Bezirks. Zu seinem 10. Geburtstag bekam er vier Bücher geschenkt, die für ihn von großer Bedeutung waren: Die »Deut­schen Heldensagen« sowie drei Bücher von Jules Verne. In einem dieser Bücher, »20.000 Meilen unter dem Meeresspie­gel«, wird ein Kampf zwischen der Mannschaft und einem Unge­heuer geschildert, in dem einer der Männer in höchster Not nach sei­ner Mutter rief. Die österreichische Ekstein-Biographin Oberläuter (1985, S. 20) nimmt diese Schilderung als Metapher für die ausgeprägte Sensibili­tät und das Einfühlungsvermögen des 10-jäh­rigen Jungen.

Mit elf Jahren erkrankte Rudolf Ekstein an einer Mittelohren­tzündung, wodurch ein mehrwöchiger Spitalkrankenhaus notwendig wurde. Er fühlte sich verängstigt und allein gelas­sen. In einem Aufsatz hat Ekstein die Bedeu­tung dieser Beeinträch­tigung seiner Hörfähigkeit verdeutlicht:

»Nach einem Krankenhausaufenthalt zu Beginn der Pubertät wurde ich traumatisiert, verlor in der Schule Zeit und mußte die Klasse wiederholen. Ein Mittelschullehrer schlug damals meinem Vater vor, mich aus der Schule herauszunehmen und in die Bürgerschule zu schicken. (…) Mir ist unvergeßlich, wie mein Vater mir über diese Unterredung berichtete. Er entschied sich aber trotz der autoritären Macht des Lehrers dafür, seinem Herzen und seinen Hoff­nungen zu glauben, und ließ mich in der Mittelschule. Der Krankenhausauf­enthalt, der Verlust des einen Jahres, die Drohung des Lehrers, der Miße­rfolg, die endlosen Tage und Wochen voll Angst, die dem folgten, sind sicherlich ein Trauma gewesen. (…) Ich habe dann die Schule fortgesetzt und erinnere mich an meine zwanghaften Gedanken, ich müsse alles tun, um mich gegen die Ungerechtigkeit des Lehrers aufzuleh­nen und eines Tages ein besserer Lehrer zu werden als die, die mich hat­ten durchfallen lassen.« (Ekstein 1979, S. 1096)

Sowohl das Vertrauen sei­nes Vaters als auch der Zuspruch, den er von seinem neuen Lehrer erhielt, war für ihn eine große Hilfe. Die Erfahrung, daß schwierige Aufgaben sich als bewäl­tigbar erweisen, begleitete ihn auf seinem weiteren Lebensweg: Der junge Rudi Ekstein wehrte sich gegen das Gefühl, wegen seiner Erkran­kung unge­recht behandelt zu werden und wurde in kurzer Zeit der beste Schüler der Klasse. Er gab schwächeren Kindern Nachhilfe und enga­gierte sich für benachteiligte Kinder. Sein päda­gogi­sches Interesse war geweckt.

Eksteins Berufswunsch stand nun fest: Er wollte ein Lehrer werden – ein bes­serer Lehrer als derjenige, der ihn die Klasse hatte wiederholen las­sen. Zeitgleich entstand in ihm noch ein wei­teres Engagement, das ihn bis ins hohe Alter nicht mehr ver­lassen sollte: Er begeisterte sich für die sozia­listische Jugendbewegung.

2. Jugendbewegung und politischer Widerstand

Bereits als Untermittelschüler engagierte er sich im »Verein Soziali­stischer Mittelschüler«. Das Zusammensein mit Gleichgesinnten sowie die Arbeiterlieder der Ersten Repu­blik bewegten ihn innerlich, formten sein Lebens­gefühl. War sein anfängliches Motiv für die Mitarbeit in der sozia­listischen Jugendbewegung weniger politischer Natur, so entstand in ihm bald ein Inte­resse an der Politik. Er erlebte die sozialen Unruhen seiner Jugend­zeit mit und identifizierte sich mit der Linken. Er begei­sterte sich für die neuen Ideen, für die Jugendbewegung, die sozialisti­sche Forderung nach einer Verknüpfung von Bildung und politischem Kampf. Das Kämpferi­sche, die Betonung der sozialen Verantwortung sowie die so­zialen Utopien befriedigten seine Suche nach Sinn und boten dem als Einzelkind aufge­wachsenem Jungen eine zweite Heimat (Oberläuter 1985, S. 29).

Zum Judentum hingegen hatte Ekstein, aus einem assimilierten jüdischen Elternhaus stammend, eher eine abstrakte Beziehung: Er hatte in der Schule zwar jüdischen Religionsunterricht, auch hatte sein Vater als kleiner Junge im Tempel im Chor gesungen. Innerhalb seiner Jugendgruppen kümmerte er sich jedoch nicht um die Religion seiner Freun­de:

»Die meisten von uns jungen Leuten waren damals zwar nicht atheistisch. Aber die Kirche oder die Synagoge hatten keine Bedeutung mehr. Wir hatten neue Ideen, aber haben sie nicht vergöttert. Selbst unser Rabbiner im Religionsunterricht hat uns eigentlich nur Ethik beibringen wollen«. (in: Koelbl 1989, S. 58)

Als 17-jähriger schrieb er eine Matura-Arbeit über »Soziale Probleme bei den Propheten«, in der er eine marxistische Erklärung des Wirkens der Pro­pheten zu geben versuchte.

Ange­sichts der anwachsenden gesellschaftlichen Widersprüche und sozialen Ausei­nander­setzungen wurde er politisch zuneh­mend bewußter, radikaler: »Da hat es Rote und Schwarze gegeben und dann hat es Braune gegeben und in der Atmosphäre ging ich in die Mittelschule und in der Atmosphäre ging ich dann zur Universität« (Scholz-Strasser 1992, S. 1). Die Mai­feiern, die Fackelfeiern sowie das Internationale Jugend­tref­fen mit 50.000 Teilnehmern bewegten ihn tief.

Ekstein engagierte sich bei den »Roten Falken«. Außerdem leitete er Gruppen der »Kinder­freunde« – denen damals auch Ernst Federn angehört hat. Auch nach seinem Eintritt in die Universität im Jahre 1930 setzte er seine Arbeit bei den Roten Falken aktiv fort, studierte nicht nur an der Universität, sondern auch in Arbeiterbildungsvereinen. Weiterhin wurde er Mitglied des Verbandes Sozialistischer Studenten und der Selbstschutzgruppe »Akademische Legion« (Oberläuter 1985, S. 31, Ekstein 1992, S. 124). Innerhalb der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) gehörte er dem linken Flügel an. Geprägt wurde er insbesondere vom Austromarxisten Max Adler sowie durch Edgar Zilsel, Rudolf Carnap, Friedrich Waismann, Josef Schächter und Otto Neurath, den »Philosophen und Soziologen der Linken« (Ekstein 1992, S. 124). Außerdem gehörte er dem Kreis um Ernst Fischer an, der sog. »Lin­ksopposition« innerhalb der Partei. Seine eigene Entwicklung hin zu einer zunehmenden Politisierung und Radikalisierung beschreibt er mit den Worten: »Wir sind langsam linker und linker gewor­den. (…) Was zuerst politische Unterschiede waren, ist dann politischer Streit und Kampf geworden« (Oberläuter 1985, S. 32).

Ekstein hat in seinen zahlreichen Vorträgen sowie bei privaten Begegnungen, die ich mit ihm seit 1988 hatte, sehr anschaulich die prekäre, widersprüchliche Studiensituation in seinen Wiener Studienjahren beschrieben, die durch das Erstarken des Nationalsozialismus, jedoch auch durch die konservativen bis rechtsnationalistischen Tendenzen unter Studenten geprägt wurde. Es war ein permanentes Lernen im Widerspruch, in der Polarität, der Bedrohung. Seine ersten ernüchternden Eindrücke von der Universität beschreibt Ekstein so: Er ging mit seinem Vater zu einem Berufsberater, welcher ihm, sofern er weiterhin bei seinem Vater wohnen könne, zu einem Universitätsstudium riet – arbeitslos sei er danach angesichts der vorherrschenden Verhältnisse sowieso. Ekstein fährt fort:

»Eine dramatische und tragische Art, Freiheit und Trostlosigkeit zu gleicher Zeit zu erwerben. Ich durfte also an die Universität gehen. So kommt nun das Inskribieren und ich suche mit Hilfe der Berater der Sozialistischen Studenten verschiedene Kurse zu inskribieren. In der Aula, nie vergessen, kommt ein deutscher Student auf mich zu, preußisch sprach er und nicht wienerisch, und fragt mich: ›Was wollen Sie eigentlich studieren?‹ Ich sagte, ich würde Philosophie studieren und auch Psychologie. Er fragt mich: ›Sind Sie ein Kantianer?‹ Ich kam aus der Nußgasse, nichts von Kant gehört, hatte keine Idee, wovon er sprach. Achselzuckend schlägt er die Hacken zusammen, marschiert weg. Das war eine Atmosphäre, so verschieden von den Tagen der Jugendbewegung, wo es nun einander bekämpfende Studentengruppen, verschiedene Philosophien, eine Art Freiheit des Studiums gibt, wo man lernen kann, was man will oder auch Vorlesungen schwänzen kann.« (1992, S. 123f.)

Nach den Februarkämpfen des Jahres 1934, dem Verbot der Arbeiterpartei sowie der Kinderfreunde trat der 22-jährige Intellektuelle aus Protest gegen die zögerlich-unentschlossene Haltung der Mehrheitssozialdemokraten gegenüber der erkennbaren faschistischen Gefahr dem Kommunistischen Jugend­verband bei, der in der Illegalität operierte. »Man hat mit der Phantasie gelebt, man müßte siegen und dann die andere Partei ver­nichten. (…) Wir glaubten an volle Macht« (Oberläuter 1985, S. 25), beschrieb Ekstein 50 Jahre später die damalige gesellschaftliche Situation.

Ekstein hatte einen Kreis von etwa 20 jungen Leuten um sich versammelt und war für die Erstellung von Flugblättern und die theoretische Schulung der Mitglieder zuständig. Weihnachten 1935 organisierte er im Haus eines Taubstum­men-Vereins ein Camp für die Roten Falken, wo er Vorträge über die »Grund­lagen des Marxismus« hielt. Im Kon­text der politischen Unterdrückung nahm Rudolf Ekstein an illegalen Wehrübungen im Wienerwald teil. Ekstein nahm zum Selbst­schutz einen neuen Namen an.

Wie sehr der Nationalismus die Atmosphäre seiner Studienjahre prägte, ihn – wegen seines Judentums sowie seines sozialistischen Engagements – mit sehr konkreten existentiellen Bedrohungen konfrontierte, jedoch zugleich auch sein emotionales und politisches Bewußtsein schärfte, hebt Ekstein in einer Schilderung hervor:

»Ich erinnere mich noch an die Zeit, da ich zum Beispiel im Hörsaal 38 eine zweistündige Vorlesung höre, daß man plötzlich während dieser Vorlesung von draußen brüllende Studenten hören kann, nationalistische Studenten, die riefen: ›Juden hinaus, Juden hinaus.‹ Ich entsinne mich genau des Zwiespalts in mir. Nicht nur die Angst vor der Prügelei, auch der Wunsch zu lernen war da. Ich habe plötzlich den Gedanken, daß diese Burschen ja nicht in den Hörsaal eindringen werden, was auch der Fall war, daß ich da fast noch eine ganze Stunde zuhören und lernen kann, bis ich hinaus ins feindliche Leben muß, demonstrieren muß – die damalige soziale Situation in Wien. Trotz der Majorität der Studenten gab es den österreichischen und später den deutschen Faschismus, obwohl viele von uns in der sozialistischen Bewegung blieben und auch zurückhauen wollten. Wie ich mich doch jener Zeit erinnere, wo wir selbst zur Rampe kamen gegen die nationalistischen Studenten und es den Deutschnationalen, den Vorläufern der Hitlerjungen zeigen wollten. Wir standen auf der Rampe, drinnen waren die nationalistischen Studenten mit den Prügeln, vor uns auf der Ringstraße die Polizei. So hat man halt damals Philosophie und Psychologie studiert.« (Ekstein 1992, S. 126)

Nach einer anfäng­lich optimistischen Phase wurde Ekstein die Gefährdung Öster­reichs zunehmend bewußter: »Es war Leuten wie mir ziemlich klar, daß wir gegen eine Verlustsituation ankämpften. Aber man hat ja nicht aufge­ben können, nicht?« (Oberläuter 1985, S. 33). Und: »Damals lebten wir schon in einer Zeit, in der man nicht recht wußte, wie lange man noch in Österreich leben kann, bis man flüchten muß. Werde ich mit dem Doktorat fertig werden?« (Ekstein 1992, S. 127). Ekstein wurde wegen seiner politischen Aktivitäten mehrere Male inhaftiert und verbrachte einige Wochen im Gefängnis.

3. Das erwachende Interesse an der Psychoanalytischen Pädagogik und der Jugendbewegung

Rudolf Ekstein hatte bereits als 14-jähriger von seinem Onkel Otto Ekstein einige Bücher von Freud geschenkt bekommen. An der Universi­tät studierte er einerseits die »offizielle« Psy­chologie, die vor allem von den Bühlers geprägte »Wiener Psychologische Schule«. Ande­rerseits befand er sich, primär angeregt durch Siegfried Bernfelds »Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung«[01], seit vermutlich 1935 bei Eduard Kronen­gold in psycho­analytischer Aus­bild­ung. Sein Aufnahmegespräch wurde u.a. von Anna Freud und Willi Hoffer gelei­tet:

»Willi Hoffer (…) fragt mich: ›Was bringt Sie hierher?‹ und ich sage: ›ich habe Bernfelds Buch gelesen, Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung‹ und er sagt mir: ›treten Sie bei‹. Wir beginnen ich weiß nicht, morgen, nächste Woche. Erst später habe ich langsam herausgefunden, daß das ein­mal sein bester Freund war, und komm natürlich auf das Buch, das die zusammen geschrieben haben, Kinderheim Baumgarten. Also vom Sisyphos zum Kinderheim Baumgarten. Plötzlich war ich drin. Was aber merkwürdig war, daß der Übergang einer war von ›Ändere die Gesellschaft‹ zu einem neuen Standpunkt, ›Du kannst keine Gesellschaft ändern, wenn Du Dich nicht selbst änderst‹. Dann begann der Kampf.« (Scholz-Strasser 1992, S. 4)

Ekstein be­suchte Kurse für Psychoanalytische Pädagogik in der Berg­gasse Nr. 7. Im Rahmen seiner analytischen Ausbildung arbeitete Ekstein unter Aufsicht eines Analytikers gelegentlich mit Kindern. Auch über 50 Jahre später berichtet Ekstein noch mit großer Begeisterung von seinen damaligen psychoanalytischen Ausbil­dern, u. a. A. Freud, M. Mahler, E. und R. Sterba sowie R. und J. Waelder.

Von nachdrücklichem Interesse waren für ihn philosophische Frage­stellungen. Unter dem Einfluß seines Hochschullehrers Moritz Schlick sowie von  Carnap und Neurath begei­sterte er sich für das philosophische Suchen und Fragen. Sein Interesse galt der Philosophie Witt­gensteins.

Ekstein promovierte 1936 mit dem Thema »Zur Philosophie der Psy­chologie« und machte am 6.3.1937 sein Rigorosum. Er wollte diese Dissertation ursprünglich bei seinem verehrten Hochschul­lehrer Moritz Schlick einreichen, der jedoch am im Juni 1936 auf den Stufen der Universität das Opfer eines durch Eifersucht motivierten Attentats wurde. Ekstein ließ sich deshalb bei Karl Bühler sowie Reiniger prüfen. Bühler, mit dem ihn Jahrzehnte später in den USA eine Freundschaft verbinden sollte, soll ihm im Rigorosum die Frage gestellt haben: »Was haben wir gegen die Psychoanalyse einzuwen­den?« (Oberläuter 1985, S. 50).

Eksteins Begeisterung sowohl für die Psychoanalyse als auch für den Mar­xismus  – »Die Zeit damals war eine absolut revolutionäre Zeit in dem Sinn, daß man die Analyse erlebt hat als die psychoanalytische Bewegung«; »Die psychoanalytische Bewegung empfanden wir als wahrhaft revolutionäre Bewegung. Als eine Revolution ohne Gewalt, ohne Maschinengewehre, ohne Tanks, ohne Terror, als eine geistige Revolu­tion« (Ekstein 1989, S. 40) – sollte weitreichende Konsequenzen, auch per­sön­liche Enttäu­schungen mit sich bringen: Er interessierte sich für eine Synthese psychoa­nalytischer und marxisti­scher Ideen und publi­zierte in den Organen der illegalen Roten Falken Auf­sätze über Sexua­lität. So erschien 1937 sein von Wil­helm Reichs Gedanken­gut beeinflußter Aufsatz »Sexualpolitik des Fa­schis­mus«, in dem Ekstein schrieb:

»Sexuell glückliche Menschen, sexuell befreite Menschen, Menschen ohne ungesunde Selbstvorwürfe für natürliches Verlangen können nicht Faschi­sten sein. Jetzt wird es ver­ständlich, warum die befreite Frau immer in der ersten Reihe der Revolution steht. (…) Nur Menschen mit gesunder Moral, die schon in dieser Welt glücklich sein wollen, haben genü­gend Kräfte frei für den revolutionären Kampf.« (Ekstein 1937)

Diese Bemühungen um eine Synthese marxistischer und psychoanalytischer Ideen stieß auf Unverständnis und führte zum Ausschluß Rudolf Eksteins aus dem KJV. In der Zeitung der »werktätigen Jugend« wurde zu seinem Ausschluß von einer »Entlarvung eines Trotzkisten« gesprochen, der »Zersetzungsa­rbeit innerhalb der Kinderbewegung« geleistet habe (Ober­läuter 1985, S. 35). Das Erleben dieser engstirnigen ideologischen Strei­tigkeiten, der inneren Zersplitterung bei gleichzeitiger Leugnung der realen äußeren Gefahr, dürfte zu Rudolf Eksteins späterem Bemühen um Zu­sammenarbeit und politische Liberalität maßgeb­lich mitgewirkt haben. Ekstein erlebte diesen Ausschluß als »ein merkwür­diges Schicksal, daß man mehr von den eigenen (Leuten) rausges­chmissen wird, als von den anderen« (Oberläuter 1985, S. 37).

4. Emigration und Neuanfang

Ekstein mußte aus drei Gründen emigrieren: »als Jude, als Sozia­list und als Psychoanalytiker« (Oberläuter 1985, S. 59). Er erkannte, daß sich für ihn in Österreich weder eine politische noch eine persön­lich-berufliche Zukunft bot. Nach­dem er im Juli 1938 bei einem illega­len Treffen in der Berggasse festgenommen und in einem Gefängnis inhaftiert worden war, beschloß er gleich nach seiner Freilassung, unverzüg­lich nach England zu emigrieren: »Da er durch die Analytiker Freunde hatte, die in England für ihn Geld deponiert hatten, gestaltete sich seine Ausreise ganz ›normal‹, d. h. er hatte einen Paß, mit dem er legal ausreisen konnte« (Oberläuter 1985, S. 59).

Diese Emigration vollzog er nur unter Schuldgefühlen: Er erwog, sich noch von einigen Freunden zu verabschieden, unterließ dies wegen der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung jedoch. Am nächsten Morgen er­schien die Gestapo bei seiner Mutter, um ihn abzuholen. Er wäre vermut­lich un­verzüglich in ein Konzentrationslager gekommen, wie viele andere seiner Familienangehörigen und Freunde.

Auf seinem letzten Spaziergang mit seinem Lehrer August Aich­horn erzählte ihm dieser von einem Traum: »Er habe geträumt, auch Jude zu sein, und wäre glücklich darüber gewesen, fliehen zu können, da er so die Freuds wiedersehen könne« (Oberläuter 1985, S. 58). Dieser Traum stellte für den jungen Rudolf Ekstein eine Ermutigung dar, nahm er ihm doch einen Teil der Angst vor dem Neuen und den Schmerz wegen der Vertreibung.

Er bereitete sich auf die Emigration vor und lernte mit gleichgesinnten Freunden intensiv Englisch. Ekstein nahm zwei Koffer voller Bücher mit in die Emigration, darunter elf Bände der »Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik«, Bernfelds »Sisyphos« und Thomas Manns »kleines, aber unvergeßliches Büchlein» (Ekstein 1973a, S. 37) »Über den kommenden Sieg der Demokratie«. Er hat diese Bücher bis heute aufbewahrt und zeigt sie voller Stolz seinen zahlreichen (europä­ischen) Besuchern. Diese Bücher, der geistige Besitz seiner ersten Heimat, sind ein Symbol seines Widerstan­des, seiner inneren Ungebrochenheit und psychischen Kontinuität:

»Als es mir im Sommer 1938 gelang zu flüchten und ein neues Leben im Ausland zu beginnen, war ich voller Angst und Wut. Aller Widerstand war vergebens gewesen. Der Kampf gegen den Faschismus, seit 1934 sogenannter illegaler Widerstand, war verloren. Ich mußte weg, aber nicht nur als Jude, sondern auch als Illegaler, als Widerstandskämpfer. Ich war ein junger Mann und versprach mir, ich würde nie wieder zurückkommen, ich würde nie wieder Deutsch sprechen. Deutsch war für mich die Sprache der Unterdrücker, der Hakenkreuzler«, (Ekstein 1987, S. 472) erinnerte sich Ekstein 1987 auf dem österreichischen Kongreß »Vertriebene Vernunft« seiner ambivalenten Gefühle kurz nach seiner erzwungenen Emigration.

Ekstein lebte einige Monate in England und traf dort Anna Freud: am 27.10.1938 hielt sie einen Vortrag für Lehrer (Ekstein 1982, S. 11). Dieses Wiedersehen war ihm so wichtig, daß er die Eintrittskarte bis heute aufbewahrt hat. 22 Jahre später, am 22.12.1960, hob er in einem Brief an Anna Freud noch einmal hervor, wie bedeutsam für ihn wie auch für einige weitere emigrierte Psychoanalytische Pädagogen dieses damalige Wiedertreffen gewesen sei, »(…) wie gestärkt wir uns alle nach dem Debakel in Österreich fühlten, als wir kamen, um Sie anzuhören« (in: Young-Bruehl 1995, S. 48).

Nach einem Zwischenaufenthalt in England im Dezember 1938 fuhr Ekstein auf einem Boot nach Amerika, wo er am 22. Dezember ankam (Ekstein 1989, S. 33). Er ließ sich in New York nieder. Durch Vermitt­lung einer Flüchtlingshilfeorgani­sation bekam er bei New Hampshire eine Stelle als Lehrer. Wenige Wochen nach seiner An­kunft veröf­fentlichte er seinen ersten englischspra­chigen Aufsatz, in dem sich sein ungebroche­nes pädagogisch-politi­sches Interesse sowie seine Hoffnung auf das demokratische Amerika wider­spie­gelt: »A refugee Teacher Looks on Democratic and Fascist Education«. Er beginnt mit den Worten:

»So sehr wir uns auch bemühten, in meinem kleinen Land in Mitteleuropa den Faschismus zu verhindern und die Demokratie wiederherzustellen – wir hatten keinen Erfolg. Es mag daher abwegig erscheinen, wenn ein Flüchtling nach dem Untergang der Freiheit in Österreich über demokratische und faschistische Erziehung in Amerika schreibt, dieser Hochburg der persönlichen Freiheit und der Hoffnung der gesamten fortschrittlichen Welt. Wir wenigen Glücklichen aus einer unüberschaubaren Anzahl von Flüchtlingen und Gefangenen müssen unser Versagen eingestehen. Es ist uns nicht gelungen, in unserer Heimat die Kultur, die Glaubensfreiheit, die Freiheit der politischen Meinung (…) zu verteidigen (…)«. (1994e, S. 138)

Ekstein analysiert für den amerikanischen Leser den manipulativen Charakter der nationalsozialistischen Erziehung und erinnert bereits 1939 an die Existenz von Konzentrationslagern. Er hebt die gezielte, staatlich gesteuerte Förderung aggressiver Neigungen sowie die Manipulation des Gewissens hervor: Die Schüler »dürfen es nicht wagen, unabhängige Einzelpersönlichkeiten zu sein (…) Man lehrt sie Helden zu sein, aber nur auf Befehl« (Ekstein 1994e, S. 142). Ekstein analysiert das »Führerprinzip«, die Kontrolle der Familien durch die Aushorchung von Kindern sowie die gezielte Heranbildung aggressiver Bestrebungen, die gegen einen vermeintlichen »Feind« im Ausland und anschließend gegen einen »Feind« im Inneren gerichtet werden: »Die aggressiven Emotionen der unzufriedenen Jugend werden gegen hilflose nationale und religiöse Minderheiten gelenkt – die vielleicht verabscheuungswürdigste Tat der Faschisten« (S. 143). Das Hauptziel sei eine Infantilisierung einer ganzen Bevölkerung. Ekstein beendet seinen ersten englischsprachigen Beitrag mit den Worten:

»Ich bin sehr glücklich darüber, an einer amerikanischen Schule zu arbeiten, und ich bin besonders froh darüber, daß diese Schule ein Interesse an fortschrittlicher Erziehung hat und die Errungenschaften der Wissenschaft dazu nutzt, das rechte Ziel zu erreichen. Ich werde mein Bestes geben, um den Weg der Demokratie zu gehen. Und ich habe, trotz aller dunklen Wolken, die im Augenblick über Europa und dem fernen Osten stehen, doch noch die Hoffnung, daß der Weg, den Amerika heute bereits beschreitet, morgen der Weg der ganzen Welt sein wird. Meine Hoffnung ist Amerika!«

Ekstein selbst vermochte sich zu retten. Nahezu seine gesamte Familie jedoch ist von den Nationalsozialisten umgebracht worden:

»Die einzige Person, die ich retten konnte, war mein Vater. Mein Onkel und seine katholische Frau sind in Wien krank und ohne Verpflegung zu­grunde gegangen. Alle anderen mir bekannten Verwandten – mit Ausnahme von zwei älteren Damen, die ich noch getroffen habe – sind umgekommen. Ich weiß nicht, wo.« (in: Koelbl 1989, S. 57)

Eineinhalb Jahre nach seiner Ankunft in den USA ging Ekstein nach Boston und begann an der Social Work School eine Ausbildung als Sozialarbei­ter. Er schloß diese Ausbildung 1941 mit dem Titel »Master’s degree of Social Service« ab. In Boston und Cambridge arbeitete er als »group-wor­ker« und als »case-worker« und beendete bei dem ebenfalls aus Wien ver­triebenem Psychoanalytiker Eduard Hitschmann seine Lehranalyse. Er arbei­tete in einer privaten Praxis sowie als Forschungsassistent an der Harvard University. Sein fortdauerndes In­teresse an einer Verknüpfung von pädagogischer und psychoanalytischer Tätigkeit fand Ausdruck in seiner Beschäftigung mit Fragen der Ausbildung und der Supervision. 1958 faßte er seine Forschungs­ergebnisse in dem Buch »The teaching and learning of Psychotherapy« zusammen.

Auch privat verlief Eksteins neues Leben in Amerika glücklich: Es ge­lang ihm noch rechtzeitig, seinen Vater nach Amerika zu holen. Am 23. Mai 1942 heiratete er seine in Amerika aufge­wachsene Frau Ruth.

5. Berufliche Stationen

5.1 Menninger Foundation: Praxis, Ausbildung und Forschung (1947–1958)

Eksteins besonderes Interesse galt – ganz im Sinne von Freuds »Junktim von Heilen und Forschen« – einer Verknüpfung von klinischer Tätigkeit mit wissenschaftlicher Forschung und Ausbildung. 1947 bot ihm Karl Men­ninger eine Mitarbeit an dem Forschungsinstitut der Menninger Foundation an; Ekstein, inzwischen zweifacher Vater, nahm dieses Angebot an. Die Menninger Foundation bot zahlreichen emi­grierten Psychoanalytikern eine Arbeitsmöglichkeit und wurde hierdurch zu einem internationalen Zentrum der Psychoanalyse.

Ekstein arbeitete als Therapeut, Lehranalytiker und Supervisor. Er wurde Dozent für klinische Psychologie und Psychiatrie sowie einige Jahre später Direktor der der Menninger Foundation angeschlossenen Southard School. Diese Tätigkeit sollte seine weitere wissenschaftliche und be­rufliche Arbeit maßgeblich prägen: Er arbeitete mit psychotischen und sogenannten »Grenzfallkindern« und entwickelte hieraus ein eigenständiges Forschungsprojekt. In seinen wissenschaftlichen Publikationen wirkte sich dies im Sinne einer Neuakzentuierung seines Arbeitsgebietes aus: Während er sich in seinen bisherigen Publikationen primär mit philosophischen und theoretischen Fragen be­schäftigt hatte, publizierte er nun, häufig gemeinsam mit Kollegen seines Instituts, eine nahezu unüberschaubare Fülle klinischer Fallbeschreibungen und theoretischer Schriften. Sein außergewöhn­liches Einfühlungsver­mögen in die innere Welt schwer­kranker Kinder sowie seine Aufgeschlossenheit für unkonventionelle Heran­gehens­weisen wurde bereits er­kennbar. Seine erste Fallbe­schrei­bung – sie handelte von der Behandlung eines »Raumkindes«– sollte er später auch in deutsch­sprachigen Veröf­fentlichungen mehrfach aufgrei­fen. Seine vielleicht wichtigste Erkenntnis:

»Unserer Erfahrung nach führt die Arbeit des Therapeuten und des teilnehmenden Teams dann am ehesten zum Ziel, wenn sie engagiert und der For­schung verpflichtet sind. Wie früher schon oft erwähnt, ist die Arbeit mit solchen Kindern jedoch viel eher Suche als Forschung (…), und die einzelnen Teams, die diese kleinen Forschungs­projekte durchführen, haben oft nicht die Kraft und die Zeit, Brücken zueinander zu bauen, um miteinander über ihre Arbeit zu sprechen.« (Ekstein/Nelson 1981b, S. 336f.)[02]

Von daher sei es die Aufgabe des Therapeuten und Forschers, »uns den Weg vom wissenschaftlichen Narzißmus zum wissenschaftlichen Dialog zu weisen« (Ekstein/Nelson 1981b, S. 337).

Als Rudolf Ekstein zehn Jahre später, am 31.10.1957, seine Tätigkeit an der Menninger Foundation beendete, war dies auch für eine breitere Öf­fent­lichkeit ein Ereignis: »Ekstein to Leave Menningers Soon« titelte die lokale Tageszeitung.

5.2 Reiss-Davis Klinik: Psychotherapie mit autistisch-psychotischen Kindern (1958–1978)

1957 siedelte der 45-jährige gemeinsam mit seiner Familie aus persönlichen Gründen an die Westküste Amerikas, nach Los Angeles, über, wo er bis zum Ende seines Lebens blieb. Am Reiss-Davis Child Study Center vermochte er seine bisherige klinische und wissenschaftliche Tätigkeit fortzusetzen und auszubauen. Ekstein initiierte bereits 1957 ein Forschungsprojekt zur Arbeit mit autistischen und psychotischen Kind­ern und Jugendlichen und gab ab 1964 das »Reiss-Davis Clinic Bulletin« heraus. In dieser Forschungszeitschrift, die zweimal jährlich erschien, publizierte Ekstein eine beinahe unüberschaubare Anzahl von klinischen Forschungsberichten und Buchrezensionen.

Ab 1961 bot das Reiss-Davis Child Study Center von Los Angeles Kurse für Lehrer an. Im Zentrum standen Fragen der Entwicklung und Interaktion »normaler« Kinder sowie die Reflexion des professionellen Selbstverständnisses, der Identität von Lehrern. 1964 arbeitete Ekstein das auf drei Jahre angelegte Programm eines Master-Curriculum für Lehrer aus. Einen wesentlichen Aspekt dieses Lehrganges bildete die Selbsterfahrung. Die Bedeutung dieses Projektes kann angesichts der Geringschätzung des pädagogischen Sektors sowie des ausgeprägten Pragmatismus in den USA nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Im Zentrum von Eksteins Interesse stand jedoch die Arbeit mit psychotischen und Grenzfallkindern. So initiierte er 1957 ein Forschungsseminar über kindliche Psychosen. In den Jahren von 1962–1968 ist ein auffallendes Ansteigen von Eksteins Publikationen zu beobachten, wobei die Hälfte seiner Veröffentlichungen sich auf das Kinderpsychoseprojekt beziehen. In diesem Kontext verglich er seinen eigenen Ansatz der individuellen Psychotherapie mit den Arbeiten von Mahler, Spitz, Bettel­heim und A. Freud. Die wichtigsten seiner diesbezüglichen Arbeiten – sowie die seiner zahlreichen Mitarbeiter – sind in seinen englischsprachigen Büchern »Children of Time and Space, of Action and Impulse« (1966), »The Challenge: Despair and Hope in the Conquest of Inner Space« (1971c) sowie in dem 1973 auf deutsch publiziertem Buch »Grenz­fall­kinder« versammelt. Seine Be­richte zeichnen sich durch ein beeindruckendes Ausmaß von Einfühlungsver­mögen, Kreativität und Phantasie aus. Ekstein fordert vom Pädagogen und Therapeuten den Mut, sich konsequent auf die innere Realität von »Grenzfallkindern« einzulassen, zwischen der Welt der Primär– sowie der Sekundärprozesse hin- und herzupendeln, um »neue Pfade zu finden, um in das Wunderland der schizo­phrenen Krankheit eindringen zu können« (Ekstein 1975a, S. 447; Hervorhebung R. K.). Seine durch Takt und Weitsichtigkeit geprägte Grundannahme bzgl. der Behandlung solcher Kinder sowie der Ausbildung von Analytikern formuliert Ekstein so:

»Unabhängig davon, wieviel Jahre Erfahrung jeder von uns mit der Behand­lung von psychotischen und Grenzfallkindern besitzt, wieviel Beiträge er zu diesem Spezialgebiet geleistet hat, wir müssen zugeben, wenn wir Psy­chotherapeuten für die Arbeit mit diesen Kindern ausbilden, daß wir alle kaum mehr als Anfänger sind. Unsere Arbeit besteht aus Versuch und Irr­tum. Jeder Fall stellt für uns ein wissenschaftliches Experiment dar.« (Ekstein 1973, S. 272f.)

Diese Arbeit mit »Grenzfallkindern« rief in ihm die Erinnerung an seinen geliebten Philosophieprofessor Moritz Schlick wach, nach dem es die Aufgabe des Philosophen sei, immer wieder neue Fragen zu stellen und die­sen einen Sinn zu verleihen. Ekstein empfiehlt eine Verknüpfung von Wissenschaft und Philosophie: der »schöpferische Wissenschaftler« (Ekstein 1979, S. 1079) müsse zeitweise das »Nicht-glauben-Wollen aufge­ben« (1979, S. 1078), um die psychische Realität des traumatisierten Kindes respektieren und so schrittweise verstehen zu können.

In diesen Zeitraum fiel auch die Wiederannäherung an seine früheren Wiener Lehrer Karl und Charlotte Bühler, die inzwischen zu seinem Bekann­tenkreis gehörten. Von besonderem Interesse war für Ekstein eine Reflexion der Beziehung zwischen Bühlers »Sprachtheorie« und der psychoanalytischen Sprachtheorie (vgl. Ekstein 1966b, Ekstein/Bühler 1973e).

Das Jahr 1976 stellte für Rudolf Ekstein einen schmerzhaften Ein­schnitt in seine bisherige professionelle Entwicklung dar: Das von ihm aufgeba­ute Psy­choseprojekt sowie das Forschungsbulletin wurden aus finanziellen Gründen eingestellt. In seinem Brief­wechsel mit Bruno Bettelheim (vgl. Kaufhold 1994a) hat Rudolf Ekstein seinen durch institu­tione­lle und ökonomische Eingriffe ausge­lösten Trauerprozeß beschrieben: In einer Zeit, in der man in den USA auf rasche Lösungen von Schwie­rigke­iten, auf billige Kurzthera­pien setzte, war das Interesse für solche langfr­istig angelegten Behandlungs- und Forschungspro­zesse gering. Oberläuter merkt an:

»Aus finanziellen Gründen und weil die Geldge­ber die Relevanz des Projek­tes nicht verstanden, wurde das so hoffnung­svolle Unternehmen, dessen Gründer und Zentralfigur Ekst­ein gewesen war, nicht mehr weitergeführt. Es klingt eine gewisse Bitterkeit hera­us, wenn Ekstein darüber sagt: ›Das ist erledigt. Kein Geld, kein Inte­resse (…), das ist vorbei‹. ›I worked for twenty years in a clinic. One night afternoon the Board got together, the clinic was dissolved and I was out of job. No money – precipitous change. Twenty years of work down the drain.‹« (Oberläuter 1985, S. 89)

Rudolf Ekstein ließ sich anschließend als Psychoanalytiker in einer pri­vaten Praxis nieder – eine Tätigkeit, die er bis zu seinem Tode fortführte. Mit einem gewissen Ton von Resignation wies er mir gegenüber darauf hin, daß er in dieser privaten Praxis doppelt soviel Geld verdient wie an der Klinik. Die gesellschaftlich gesetzten »Grenzen der Psychoanalyse« wurden ihm erneut schmerzhaft bewußt.

5.3 Biographische und fachliche Kontinuitäten psychoanalytischer Pädagogik: Von Wien über Topeka und Los Angeles zurück nach Wien

Nach meiner Einschätzung gibt es keinen emigrierten deutschsprachigen Pädagogen bzw. Psychoanalytiker, der in vergleichbar konsequenter, zeitlich und thematisch kontinuierlicher Weise wie Rudolf Ekstein die durch den Nationalsozialismus nahezu zerstörte Tradition der Psychoanalytischen Pädagogik im amerikanischen Exil fortgeführt hat – soweit die durch den »Medicozentrismus« (Paul Parin) bestimmten Verhältnisse in den USA dies zuließen. Dies betrifft sowohl die Anzahl seiner Publikationen, die explizit das Zusammenwirken zwischen Pädagogik und Psychoanalyse behandeln, als auch sein Bemühen um eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit gleichgesinnten europäischen Emigranten und Amerikanern. Immer wieder hat es Ekstein in den letzten 60 Jahren vermocht, ein engagiertes, interdisziplinär arbeitendes Team von Psychoanalytikern, Pädagogen und Sozialarbeitern um sich zu versammeln, um insbesondere für psychisch schwer beeinträchtigte Kinder und Jugendliche ein breitgefächertes Förder- und Behandlungsangebot zu kreieren. Es ist mehr als naheliegend, diese Bemühungen Eksteins als eine Form der biographischen Wiederaneignung und Verarbeitung seines in seiner Wiener Jugend geprägten Interesses an der Pädagogik, der Soziologie sowie der Psychoanalytischen Pädagogik zu verstehen. Die Nationalsozialisten haben ihm dieses Erbe nicht zu rauben vermocht. Wie außergewöhnlich dieses Bemühen war und ist kann wohl nur angemessen eingeschätzt werden, wenn man sich die von der europäischen Tradition abweichenden Verhältnisse im amerikanischen Bildungssystem vergegenwärtigt. Schulische Erziehung ist dort dominierend pragmatisch und an der Verwertbarkeit des Erlernten orientiert. Ekstein und Ernst Federn haben diese Diskrepanz in ihren Schriften nachdrücklich herausgestrichen (Federn 1993a, b, S. 76f, Plänkers/Federn 1994, S. 198–209). So betont Federn:

»Der Amerikaner wird nicht erzogen. Der Amerikaner ist ›being brought up‹ (…) Das heißt, der europäische Begriff des Erziehens von Pestalozzi von der Aufklärung, das Gymnasium zum Erziehen zu einem höheren Zweck, das die europäische Mittelklasse beherrscht hat, gibt es in Amerika nicht; es ist völlig fremd.« (in: Oberläuter 1985, S. 95)

Um einen Eindruck von der wissenschaftlich-pädagogischen Produktivität Eksteins zu vermitteln möchte ich in einer Fallstudie eine Auswahl seiner Veröffentlichungen skizzieren, die dieser vor allem in dem von ihm mit herausgegebenem »The Reiss-Davis Clinic Bulletin« veröffentlicht hat.

Wie geschildert wurde Eksteins erste Veröffentlichung in den USA bereits einige Monate nach seiner Emigration publiziert: sein Vergleich zwischen einer demokratischen sowie einer faschistischen Erziehung (Ekstein 1939/1994e). Ab 1951 rezensierte er regelmäßig die neuesten Ausgaben der Zeitschrift The Psychoanalytic Study of the Child; eine psychoanalytische Zeitschrift, die man nach Ekstein/Motto (1963, S. 218, vgl. auch Ekstein 1973a, S. 40f.) und Federn (1973a, S. 76) als den amerikanischen Nachfolger der Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik betrachten kann. 1956 erschienen Eksteins ersten beiden deutschsprachigen Publikationen: ein Beitrag über den Einfluß Freuds auf die amerikanische Psychiatrie (Ekstein 1956a) sowie eine Fallstudie über ein psychotisches Kind (1956b). 1960 erschien Eksteins »erste Arbeit über Erziehung« (Oberläuter 1985, S. 90), in der er – gemeinsam mit seinem Kollegen Rocco L. Motto – die Schwierigkeiten beschreibt, die ein psychotisches Kind in der Schulsituation verursacht. Dieses Thema sollte einen zukünftigen Schwerpunkt seiner pädagogisch-psychoanalytischen Forschungen bilden. 1961 rezensierte Ekstein (1961b) Erik H. Eriksons Buch »Identity and the Life Cycle« (dt.: »Identität und Lebenszyklus«), eine wegweisende und vielfach zitierte psychoanalytische Studie über die Identitätsentwicklung insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Bettelheim diente sie als zentrales Grundlagenwerk für sein Verständnis der Identitätsentwicklung (bzw. der gescheiterten Identitätsentwicklung) autistischer Kinder. Im gleichen Jahr erschien Eksteins wichtiger Aufsatz »The Boundary Line Between Education and Psychotherapy«, mit dem er auch sprachlich unmittelbar an Bernfelds »Sisyphos« anknüpfte. Das Verhältnis zwischen Psychoanalyse und Erziehung sollte einen Schwerpunkt seiner weiteren Forschungen bilden.

Dementsprechend verfaßte Ekstein ein Jahr später (1962) eine Einleitung zu einem Beitrag Bernfelds, den dieser 1952, kurz vor seinem Tod, gehalten hatte. 1963 publizierte Ekstein in der Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie den Beitrag »Psychoanalyse und Erziehung – Vergangenheit und Zukunft«, den man durchaus als die Wiedergeburt der Psychoanalytischen Pädagogik im deutschsprachigen Raum bezeichnen darf! (vgl. Kaufhold 1994, 2001).

1966(a) publizierte Ekstein eine ausführliche biographisch-werktheoretische Studie zu Siegfried Bernfeld, mit der er erneut an die ihn prägende Wiener Zeit anknüpfte. Auch diese Studie wird in der einschlägigen Bernfeld-Literatur als Grundlagenquelle zur Aufarbeitung von Bernfelds breitgefächertem Werk und Leben genannt. In den folgenden Jahren erschienen mehrere Schwerpunkthefte des »Reiss-Davis Clinic Bulletin«, die explizit das Thema »Psychoanalysis and Education« wählten.  Die Kontinuität zu Eksteins Wiener Zeit kommt auch darin zum Ausdruck, daß dieses Heft der ein Jahr zuvor verstorbenen Lili E. Peller (1896–1966) gewidmet ist. Peller war ebenfalls vor den Nazis in die USA emigriert und hatte am Chicagoer Institute for Early Childhood Education gewirkt.

1968(a) schrieb Ekstein einen Nachruf auf seinen Wiener Lehrer Willi Hoffer sowie, auf der Basis seiner eigenen Arbeit mit psychotischen Kindern, eine Rezension zu Bettelheims Autismus-Studie »Die Geburt des Selbst« (Ekstein 1968); ein Jahr später (1969a) skizzierte er in der Einleitung zu dem von ihm herausgegebenem Themenschwerpunktheft »The Project on Childhood Psychosis« des Reiss-Davis-Clinic Bulletin Bettelheims Psychosekonzeptionen und verglich diese mit seinen eigenen klinischen Erfahrungen aus dem Zeitraum von 1964–1969. Seine Identifikation mit Bettelheim, den er Anfang oder Mitte der 50er Jahre erstmals getroffen hatte, wird deutlich:

»This year’s report is dedicated to another pioneer in our field. Bruno Bettelheim, whose unbelievable energy, whose dynamic leadership, whose passionate dedication to his work, whose constant contributions to the literature make it difficult to believe that he is celebrating with us his sixty-fifth birthday. As I once suggested to him, his Orthogenic School is not an empty but a full fortress, ready to defend and to attack in the interest of his patients.« (Ekstein 1969d, S. 58f., vgl. Ekstein 2001)

Im gleichen Jahr rezensierte er unter dem beziehungsreichen Titel »The Full Fortress« (1969a) sehr wohlwollend und ausführlich Bettelheims Kibbutz-Studie, die in Israel eine gewisse Verärgerung hervorgerufen hatte.

1969 Ekstein publizierte mehrere deutsch- und englischsprachige Studien über seine Arbeit mit psychotischen Kindern. Diese psychoanalytisch-pädagogische Tätigkeit war zwischenzeitlich zu seinem Forschungsschwerpunkt geworden.

Ebenfalls 1969 erschien Eksteins gemeinsam mit R. L. Motto herausgegebene Studie »From Learning for love to love of learning«, die man als einen »Klassiker« der Psychoanalytischen Pädagogik bezeichnen kann. Dieser Sammelband wurde nicht ins Deutsche übersetzt, weshalb er hierzulande nahezu unbemerkt geblieben ist. Die Hälfte der Beiträge stammen von Ekstein selbst, z. T. gemeinsam mit Motto verfaßt, weiterhin enthält er Beiträge von Bettelheim, Fritz Redl, Edith Buxbaum, Lili Peller und Maria Piers.

In den Jahren von 1970–1974 führte Ekstein seine Studien zur kindlichen Schizophrenie fort. Ekstein verlor hierbei jedoch auch die sozial- und gesellschaftskritische Diskussion in Europa nicht aus dem Auge, wie sie vor allem Alexander Mitscherlich angeregt hatte. So verfaßte er ein Vorwort zu Mitscherlichs »Society Without the Father« (dt.: »Die vaterlose Gesellschaft«) (Ekstein 1972). 1973 erschienen auf Deutsch zwei längere Beiträge Eksteins, in denen er, von seinem großen Vorbild Siegfried Bernfeld ausgehend, diese gesellschaftskritische Diskussion auch in den USA fortführte. Da der Persönlichkeit sowie dem breitgefächerten Gesamtwerk Bernfelds eine zentrale Bedeutung für die Entstehung und gesellschaftspolitische Akzentuierung der Psychoanalytischen Pädagogik zukommt, möchte ich diese Studien Eksteins hier ausführlicher skizzieren.

6. Rudolf Ekstein und Siegfried Bernfeld. Psychoanalyse, Pädagogik und Gesellschaftskritik

Siegfried Bernfeld, dessen »überragende Fähigkeiten als Redner und Lehrer« Sigmund Freud so sehr beeindruckten, daß er ihn in einem Gutachten »als den vielleicht schärfsten Intellekt unter seinen Schülern und Anhängern« bezeichnete (Ekstein 1962), wird in der Literatur immer wieder als die führende, inspirierende Persönlichkeit unter den jüngeren Analytikern und Psychoanalytischen Pädagogen Wiens und Berlins bezeichnet. Sein »Sisyphos« (1925) – »›Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung‹ war für mich das erste Buch, das eine Synthese herzustellen suchte zwischen Psychoanalyse und marxistischem Denken«, betonte Ekstein (in: Oberläuter 1985, S. 51) – gilt bis heute in kleinen, interessierten Kreisen als gesellschaftskritisches »Kultbuch«; wie auch sein »Kindergarten Baumgarten« (1920/21), dieser »erste Versuch, psychoanalytische Grundsätze auf die Erziehung anzuwenden« (A. Freud 1968, S. 7), als wegweisendes pädagogisches Experiment eingeschätzt wird. Auch Ernst Federn, welcher Bernfeld bereits als Jugendlicher gut kannte, war zeitlebens sehr beeindruckt von Bernfelds Ausstrahlung und Kreativität.

»Wiederentdeckt« worden ist Bernfeld bekanntlich im Zusammenhang mit der 68er Studentenbewegung, zuerst in Form von Raubdrucken; später dann, von 1969–71, gaben Lutz von Werder und Reinhart Wolff (1969/1970) drei Bände ausgewählter Schriften Bernfelds unter dem zeitgebundenen Titel »Antiautoritäre Erziehung und Psychoanalyse« heraus, die 1974 als Taschenbuchausgabe wiederaufgelegt wurden. 1981 schließlich erschienen seine gemeinsam mit seiner Frau Suzanne Cassirer Bernfeld ab Mitte der 40er Jahre in den USA erstellten biographischen Freud-Studien auf Deutsch in einer von Grubrich-Simitis herausgegebenen Übersetzung.

Rudolf Ekstein ist  zutiefst durch Bernfelds Persönlichkeit sowie dessen Studien geprägt worden. Bernfeld ist zeitlebens sein wohl überzeugendstes und inspirierendstes Vorbild geblieben, dem er – auch noch im amerikanischen Exil und Jahre vor Bernfelds »Wiederentdeckung« durch die 68er Studentenbewegung – nachzueifern trachtete. Ekstein hat mehrere Publikationen zu Bernfeld veröffentlicht (Ekstein 1962, 1962a, 1966, 1973a, 1973b, 1978b, Ekstein/Fallend/Reichmayr 1988c; vgl. vertiefend Kaufhold 2001) und hat immer wieder auf Bernfeld verwiesen.

Ich möchte in diesem sowie dem folgenden Unterkapitel zwei Aufsätze von Ekstein vorstellen, die er Anfang der 70er Jahre veröffentlicht hat. In ihnen entfaltet Ekstein, von Bernfeld ausgehend, wesentliche Grundzüge und Grunderkenntnisse der Psychoanalytischen Pädagogik. Beide Studien sind in Gisela Ammons Sammelband »Psychoanalytische Pädagogik« (1973) erschienen.

Den Beitrag »Der Einfluß der Psychoanalyse auf Erziehung und Unterricht« (Ekstein 1973a) hielt Ekstein am 15.6.1970 in der Sigmund-Freud-Gesellschaft in Wien; er bildete den Beginn seiner regen Vortragstätigkeit in Österreich und Deutschland. In dichter Form zeichnet Ekstein einführend seinen Zugang zur psychoanalytischen Pädagogik nach, der als repräsentativ für die Entstehung und Verbreitung der »frühen« Psychoanalytischen Pädagogik zu gelten hat.

Er erinnert an Anna und Sigmund Freuds Beiträge zur Psychoanalytischen Pädagogik sowie an die »Geschichte des pädagogischen Interesse(s) der Psychoanalyse« (1973a, S. 38): In der ersten euphorischen Phase der Psychoanalytischen Pädagogik (bis ca. 1930) wurde zwar noch kein »ernster Versuch unternommen (…), das Therapeutische und das Erzieherische auseinanderzuhalten« (S. 38). Hochmotivierte Erzieher, die aus der pädagogischen Praxis kamen, entdeckten für sich die Psychoanalyse, modifizierten sie in die Kindertherapie. Diesen Entwicklungsprozeß hin zur Kindertherapie als primäre Ausformung einer psychoanalytischen Pädagogik interpretiert Ekstein folgerichtig nicht als eine vorrangig aus fachlichen Erwägungen heraus gezogene Schlußfolgerung, sondern als das »gesellschaftliche Produkt« der damaligen »sozialen Situation« (S. 39): »Die Gesellschaftsordnung in Zentraleuropa hatte sich verändert. Die Hoffnungen der jungen Republik nach dem Umsturz sind bald das Opfer verworrener Zeiten geworden. Die Insel, die sich am längsten gehalten hat, war die therapeutische Anwendung der Analyse« (S. 39).

An dieser Stelle nun führt Ekstein Siegfried Bernfeld ein, dessen »Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung« »damals einen großen Eindruck auf viele suchende, junge intellektuelle Menschen gemacht hat, und der für eine Generation von jungen Lehrern zielsetzend wurde« (1973a, S. 39).

Bernfeld hatte im Jahre 1925 anhand der mythischen, kämpferisch-unbeugsamen, von den Göttern jedoch immer wieder bestraften Gestalt des Sisyphos dem Pädagogen die doppelten Grenzen seiner pädagogischen Bemühungen deutlich gemacht:

»Bernfeld spricht davon, daß der Erzieher gegen zwei Grenzen der Erziehung ankämpfen muß, die kaum zu meistern sind. Da ist nun die Grenze der Gesellschaftsordnung, die es dem Erzieher unmöglich macht, sein Ziel zu erreichen. Dann spricht Bernfeld über die zweite Grenze, das Unbewußte des Kindes, ein Hindernis, das der Erzieher nicht überwinden kann. Es ist, als ob der Erzieher gegen zwei Feinde ankämpfen müsse: die ungünstige Ordnung oder gar Unordnung der Gesellschaft und die Hindernisse des Unbewußten im Kinderleben.« (Ekstein 1973a, S. 39)

Nach der Zerschlagung der Psychoanalytischen Pädagogik durch den Faschismus habe es im Kontext der weitestgehend medizinisch orientierten Ausprägung der Psychoanalyse in den USA von 1945–1965 eine zweite, therapeutische Phase der Psychoanalytischen Pädagogik gegeben. Erst »in den letzten Jahren haben wir uns wieder darum bemüht, die Psychoanalyse mit Erziehung in Verbindung zu bringen« (1973a, S. 41). Ekstein betrachtet die Psychoanalyse heute als eine Grundwissenschaft der psychischen Entwicklung und Organisation, die es dem Erzieher ermöglicht, sein Handeln zu professionalisieren. Ekstein betont rückblickend:

»Ich bin natürlich noch immer überzeugt, daß viele der Probleme, die wir mit Kindern haben, über die Erziehungsmöglichkeiten hinausgehen, daß sie nicht mehr wirklich Lösungen durch Lehrer und Eltern erlauben (…). Und ich halte natürlich nach wie vor an der Idee fest, daß es wünschenswert wäre, wenn viele Erzieher, so viele als möglich, die Berufserzieher, Lehrer geworden sind, sich auch einer persönlichen Analyse unterziehen, damit sie vollen Kontakt mit sich selbst und mit dem Kind, dem Jugendlichen erreichen können.« (S. 42f.)

Ekstein schließt seinen Beitrag über die Psychoanalytische Pädagogik mit den Worten:

»Vor vielen Jahren, als Kind und als Jugendlicher, habe ich Jugendführer in Wien gehört, die uns immer wieder sagten, wir müßten ›Gegen die Idee der Gewalt die Gewalt der Idee‹ stellen. Ich denke an den Einfluß Freuds, seinen Einfluß in der Welt, ohne Armeen und ohne Kanonen, ohne Furcht zu erregen und nur der Einsicht dienend. Wird die Gewalt seiner Idee doch einmal stärker sein als die Idee jeglicher Gewalt?

Freud ist unser Lehrer geblieben, nicht tröstend, aber einsichtgebend.« (1973a, S. 55)

7. Dialog über Sex: Distanz gegen Intimität

Wie in den einleitenden Kapiteln dieser Studie gezeigt, stand am Anfang der Psychoanalytischen Pädagogik und der Psychoanalyse eine heftige Kritik an der erzieherischen und sozialen Realität. Sigmund Freud selbst formulierte diese Kritik in seinen frühen Studien zur kindlichen Sexualität überzeugend und auch sprachlich vehement. In seinem ebenfalls in Ammon (1973) veröffentlichten Beitrag »Dialog über Sexualität: Distanz gegen Intimität« greift Ekstein diese kritisch – aufklärerische Tradition der Psychoanalytischen Pädagogik auf. Hierbei knüpft er unmittelbar an einige wichtige Publikationen zur Sexualerziehung aus der Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik an, sowie an Siegfried Bernfelds Leitartikel dieses Sonderbandes (Heft 7–9). Einleitend formuliert Ekstein seine Verbundenheit mit Bernfeld bzw. den progressiven Impulsen der Psychoanalytischen Pädagogik, die sich seinerzeit als eine »psychoanalytische Bewegung« (Ekstein 1973b, S. 125) empfand. Er skizziert Bernfelds inspirierendes Wirken als Jugendführer und hebt hervor:

»Viele von uns, die sich damals und 1938 der Psychoanalyse anschlossen, brachten die frühe Begeisterung der neuen Erziehung mit einer neuen Art der psychoanalytischen Pädagogik in Verbindung, die einen Versuch darstellte, die Wissenschaft in die Erziehung zu tragen. Bernfelds Arbeit repräsentiert deutlich die Debatte, die damals stattfand.« (1973b, S. 125)

Ekstein zeichnet die Geschichte der Sexualaufklärung innerhalb der Pädagogik nach. Er betont die Bedeutsamkeit einer realitätsangemessenen Form der Sexualaufklärung, um doch zugleich mit Bernfeld vor einem übertriebenem Optimismus zu warnen. Er hebt hervor: »In seinem Essay goß Bernfeld kaltes Wasser auf den anfänglichen Enthusiasmus und begegnete ihm mit wissenschaftlicher Skepsis« (S. 127). Bernfeld legt in besagtem Aufsatz dar, daß eine noch so wohlmeinende Sexualaufklärung durch die kindliche Fähigkeit zur Verdrängung, in ihrer Wirksamkeit äußerst begrenzt sei. Kinder lehnen häufig »ein Stück der Aufklärung ab, weil es ihren Wünschen weniger entspricht als ihre eigene Theorie« (S. 128). Die Aufklärung erreiche deshalb fast nie das, was sie anstrebe.

»Ich möchte nicht mißverstanden werden. Ja, die Kinder sollen, so früh sie nur wollen, die Wahrheit von ihren Eltern und Erziehern erfahren. Nur soll man das nicht in der Überzeugung tun, dadurch etwas unvergleichlich Wichtiges für die Erziehung getan zu haben.« (S. 130)

Die Grenzen der Sexualerziehung sind demnach zugleich die Grenzen, die der Erzieher in sich selbst gegenüber diesem Thema hat. Das Thema der Sexualität berührt das Unbewußte – beim Kind wie beim Erwachsenen. Dieses Unbewußte tritt uns vielfach in der Form eines »Geheimnisses« (S. 132) entgegen. Die pädagogische Kunst besteht darin, dieses Geheimnis des Kindes einerseits zu respektieren, andererseits den Zeitpunkt zu finden, in dem man es in der Begegnung mit dem Kind schrittweise enthüllt. Insofern stellt der Lehrer eine Brücke her zwischen dem Nicht-Wissen und dem Wissen, der älteren Generation und der Generation der Heranwachsenden. Dieser Entwicklungsprozeß hin zu einer reiferen Sexualentwicklung erfolgt nicht so sehr auf der Ebene der rationalen Wissensvermittlung, des Sprechens, sondern in der Begegnung und Beziehung, dem gemeinsamen Handeln. Ekstein hebt aus psychoanalytischer Sicht hervor:

»Sexualität kann im Dienst primitiver Impulse des Hasses und des Zerstörungstriebs stehen. Sie kann ein Fluchtweg vor dem Leben sein. Nur langsam kann die Sexualität eine treibende Kraft für die menschliche Schöpferkraft werden, eng mit dem gesamten Muster von Liebe und Arbeit verknüpft und als Gegensatz zu Haß und Zerstörung. Das ist ein Ziel, auf das wir Sexualerzieher zustreben müssen.« (1973b, S. 137)

8. Begegnungen mit Bruno Bettelheim. Oder: Die psychoanalytisch-pädagogische Arbeit mit autistisch-psychotischen und Grenzfallkindern

Wie bereits angemerkt bildete die psychoanalytisch orientierte Arbeit mit autistisch-psychotischen Kindern einen Schwerpunkt von Eksteins Engagement an der Menninger Foundation (1947–1957) sowie an der Reiss-Davis Klinik in Los Angeles (1957–1978).

Bereits zu Beginn dieser jahrzehntelangen Forschungen, Anfang oder Mitte der 50er Jahre, lernte Ekstein Bruno Bettelheim kennen. Diese erste Begegnung verlief, sehr entsprechend Bettelheims gelegentlich »unkonventionell-herausforderndem« Auftreten (vgl. Federn 1994), durchaus nicht unproblematisch. Ekstein erinnert sich in seinem Erinnerungsaufsatz an seinen engen Freund und Kollegen:

»Es war in diesen frühen oder mittleren 50er Jahren, als ich nach Chicago zu einem Fachkongreß kam. Ich denke, es war eine psychoanalytische Tagung, und einige Tagungsteilnehmer waren in das Haus des schon sehr alten Dr. Maxwell Gitelson eingeladen. Es war dort, als ich Bruno erstmals traf. Nachdem wir vorgestellt worden waren, begannen wir den Dialog etwa in der Weise: ›Oh, Sie sind Rudolf Ekstein. Ich habe kürzlich einen Aufsatz von Ihnen gelesen in ›Psychoanalytic Study of the Child‹. Es war ein wundervoller Aufsatz, gut geschrieben und angefüllt mit Themen, die von großem Interesse für mich sind. Es war alles falsch.‹ So war Bruno! Lob und Opposition. Ich brauchte Jahre, um ganz den Unterschied zwischen ihm und mir zu verstehen während dieser Jahre. Die Stärke der Orthogenic School war es, eine Umgebung zu schaffen, eine besondere Umgebung, die es ihm ermöglichte, diese autistischen und psychotischen Kinder zu behandeln. Ich, der ich damals an der Menninger Foundation arbeitete, konnte die Umgebung nicht wirklich kontrollieren. (…) Aber ich konnte eine neue Form einer analytischen Arbeit mit diesen Kindern entwickeln und einführen. Bruno pries mein Papier und objektivierte es. Er betonte die therapeutische Umgebung, während ich meine Stärke in der individuellen Psychotherapie fand (…)«. (Ekstein 1994a, S. 89f.,  vgl. Ekstein 1994)

Ekstein beschreibt die einzelnen Phasen ihrer Begegnungen, ihrer zunehmenden Zusammenarbeit, der »unsichtbare(n) Rivalität zwischen uns« (Ekstein 1994a, S. 89), die zu einem engen wissenschaftlichen Austausch insbesondere über angemessene Arbeitsformen mit autistisch-psychotischen Kindern führte, wie auch zu einer lebenslangen Freundschaft.

1973 erschien Eksteins Sammelband »Grenzfallkinder. Klinische Studien über die psychoanalytische Behandlung von schwer gestörten Kindern«. Dieser Sammelband enthält 15 jeweils in sich abgeschlossene klinische Einzelfallstudien aus dem Zeitraum von 1952 bis 1973.

Diese aus einem breit angelegten Forschungsprojekt zur kindlichen Psychose erwachsenen klinischen Fallstudien sind ein Zeugnis für Eksteins tiefe Involviertheit in das Seelenleben dieser früh und massiv gestörten Kinder. Sie stehen ganz in der ihn prägenden europäischen Tradition der Psychoanalyse und der Psychoanalytischen Pädagogik der 1920er und 30er Jahre. Eksteins »Grenzfallkinder« ist aus historischer Perspektive ein frühes Werk der Psychoanalytischen Pädagogik. Zugleich ist es ein eindrucksvoller Beleg für die Möglichkeiten, die eine konstruktive, nicht einem engen Standesdenken verbundene Kooperation von Pädagogen, Kinderanalytikern, Sozialarbeitern, Kindergärtnern, Supervisoren und Medizinern insbesondere für autistisch-psychotische Kinder und Jugendliche eröffnet. Eksteins kinderanalytische Studie »Grenzfallkinder« kann zutreffend als der amerikanische Vorläufer der psychoanalytisch-milieutherapeutischen Modellversuche der Vereine für Psychoanalytische Sozialarbeit in Rottenburg/Tübingen betrachtet werden. Auch engagierte sich Ekstein selbst tatkräftig an dem Aufbau dieser Einrichtungen (vgl. u. a. Ekstein 1989a, 1994) und brachte so seine von Bernfeld, Anna Freud, Hoffer und Paul Federn geprägten frühen pädagogischen Erfahrungen in Wien über Amerika zurück in den deutschsprachigen Raum.

Einführend skizziert Ekstein in »Das Grenzfallkind in der Schulsituation«, von Bernfelds »Sisyphos« ausgehend, die zweifachen Grenzen der Erziehung, welche sowohl psychologischer als auch gesellschaftlicher Natur sind. Die Herausbildung eines differenzierten Sonderschulsystems – wie sie beispielsweise in der Bundesrepublik seit den 60er Jahren stattgefunden hat –, wie auch die aktuelle, als historische Gegenreaktion zu lesende Integrationsdebatte innerhalb der Sonderschulpädagogik, stellt für Ekstein einen Fortschritt dar. In drei Fallbeispielen legt Ekstein dar, daß die häufig als polarisierend empfundene Fragestellung, ob behinderte oder psychotische Kinder in Regel- oder aber in Sonderschulen unterrichtet werden sollen, einen Scheingegensatz darstellt. Entscheidend ist für ihn vielmehr, daß Lehrer mit Kinderanalytikern und Sozialarbeitern im Sinne einer Verknüpfung (jedoch nicht Vermischung (!), 1973, S. 227f.) der Funktionen des schulischen Unterrichtes und der therapeutischen Behandlung gleichberechtigt, unter Respektierung ihrer je eigenen Kompetenz, zusammen arbeiten. Ekstein betont:

»Erziehung und Psychotherapie sind für solche Kinder zwei Aspekte, von denen keiner den anderen ersetzen kann. Jeder dieser beiden kann nur erfolgreich sein, wenn der andere nicht vernachlässigt wird. Lehrer und Psychotherapeuten werden einander am besten helfen, wenn jeder den Unterschied in der Tätigkeit des anderen als eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit akzeptiert.« (1973, S. 239f.)

Entscheidend für den pädagogischen Erfolg und die Kompetenzerweiterung eines Lehrers, der ein psychotisches Kind in seiner Klasse unterrichtet, ist sein Vertrauen auf seine eigenen Möglichkeiten, aber auch ein Wissen um die Grenzen seines pädagogischen Wirkens; schließlich die Gewißheit, daß dem psychotischen Kind außerhalb der Schule eine analytische Möglichkeit zur Bearbeitung seiner emotionalen Konflikte und Nöte geboten wird. Wenn der Lehrer ein angemessenes Verständnis für die Schwierigkeiten eines psychotischen Schülers entwickelt, überträgt sich diese »pädagogische Gewißheit« auch auf die übrigen Schüler der Klasse, so daß sie sich möglicherweise mit der Haltung ihres Lehrers identifizieren und das fremdartige Verhalten ihres Mitschülers respektieren.

Ekstein beschreibt mögliche Irrwege des schulischen Unterrichts: Der Lehrer läßt sich durch die ihm unverständlichen Angstattacken dieser Kinder soweit irritieren, daß die übrigen Kinder davon angesteckt werden, was längerfristig beim Kollegium bzw. bei den Eltern der übrigen Kinder zum Wunsch nach Ausschluß dieses Kindes aus dem Unterricht führt. Oder aber der Lehrer sucht bei einem Analytiker Verhaltensdirektiven, was längerfristig zu einer Einschränkung seiner ihm ursprünglich vielleicht noch verfügbaren pädagogischen Möglichkeiten und Kompetenzen führt. Er hebt hervor, »daß das persönliche Zusammenwirken von Lehrern und Therapeuten und die gegenseitige Respektierung der Funktionen des anderen in vielen Fällen zu vorzüglichen Resultaten geführt hat« (S. 228).

Ein von wechselseitiger Achtung und Respekt getragener enger Kontakt zwischen Klinik/Therapeut und Lehrer sei zwar in vielen Fällen hilfreich, jedoch keineswegs notwendig. In vielen Fällen hätten Lehrer das psychotische Verhalten von Kindern auch gar nicht als solches erkannt, sondern als ein »gewöhnliches« Desinteresse oder aber als eine vorübergehende Müdigkeit verstanden; dieses pädagogische »Mißverständnis« sei jedoch keineswegs als nachteilig zu interpretieren, sondern stärke das psychische Abwehrsystem des Lehrers und somit seine pädagogische Selbstbehauptung.

In einigen Fällen jedoch sei ein zeitlich begrenzter stationärer Aufenthalt eines psychotischen Kindes unverzichtbar. Die Rückschulung eines solchen Kindes in die Regelschule ist häufig mit »Übergangsproblemen und Krisensituationen« (S. 236) verbunden, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Klinik unverzichtbar machen. Durch die abrupte Änderung ihrer Lebenssituation, die durch eine sich zuspitzende psychotische Krise hervorgerufen wurde, sind solche Kinder ausgeprägt mißtrauisch oder auch schuldbeladen; sie fragen sich, was ihre neue Umwelt sowie ihre früheren Mitschüler und Lehrer von ihnen denken bzw. von ihrem Krankenhausaufenthalt wissen. Solchen Kindern sollte der Lehrer mit Verständnis und Geduld begegnen.

Eksteins Beitrag »Die Aufgabe des Sozialarbeiters in der Betreuung psychotischer und Grenzfallkinder und deren Eltern« erweitert den Bereich der Schulpädagogik sowie der Psychoanalytischen Pädagogik um die Sozialarbeit. Hierdurch wird ein theoretischer Bogen zu der Idee einer »psychoanalytischen Sozialarbeit« geschlagen, wie sie von dem „Verein für psychoanalytische Sozialarbeit“ in Rottenburg und Tübingen seit über 25 Jahren praktiziert wird. Rudolf Ekstein hat deren Arbeit mit großem Interesse verfolgt und dort 1988 einen Vortrag gehalten. Auf dieser Tagung haben neben Ekstein auch noch Ernst Federn und Hans Keilson  referiert (Ekstein 1989, vgl. Fisher 2003, Kaufhold 2003a)

9. Rudolf Ekstein in Amerika und Österreich: Die Arbeit mit Lehrern

Wie geschildert, war Rudolf Eksteins durch seine Erfahrungen als Schüler sowie als Aktivist in der sozialistischen Jugendbewegung ge­prägter früher Berufswunsch der eines psychoanalytisch geschulten Lehrers gewesen (vgl. Kaufhold, 2001). Nach seiner Vertreibung hatte er sich angesichts der radikal neuen Lebensumstände in den USA der Psychoanalyse zugewandt und doch zugleich sein Interesse für die Psychoanalytische Pädagogik beibehalten. Die Tradition einer psychoanalytisch orientierten Pädagogik setzte Ekstein auch bei seinen jährlichen Europareisen seit 1970 fort. Inspiriert durch den Einfluß seiner Kinder Jean und Rudi, die beide in den USA als Lehrer arbeiten, führte er diese Tradition auch in seiner Praxis fort.

In einem Interview mit einer österreichischen Zeitschrift für Sozialar­beit (Ekstein 1978b) hat Rudolf Ekstein skizziert, was die Aufgabe eines Erziehers in der Arbeit mit verwahrlosten Kindern sei: Der Erzieher müsse zwei Illusionen über­winden: daß er das Kind gegen die Gesellschaftsordnung erziehen, und daß er gegen »die Gesetzmäßigkeiten des Innenlebens« (S. 44) des Kindes an­gehen könne:

»Eine Vorbedingung eines guten Erziehers ist, daß er genügend über sich weiß, genügend über die Gesellschaft weiß und über das Kind weiß, daß er aber trotzdem in sich eine Art Kindlichkeit bewahrt hat. Diese Kindlich­keit wird ihm dann helfen, trotz dieser zwei Hindernisse weiterzuleben. Bernfeld will ja dem Erzieher nicht sagen: ›Verlaß das Feld der Erzie­hung‹ – sondern er will ihm doch eigentlich sagen: ›Bleib – aber du sollst doch wissen, was die Grenzen sind.‹ Können sie aber bleiben, wenn sie die Grenzen ganz annehmen? Es ist eine ganz merkwürdige Ambivalenz, die er erleben muß.« (Ekstein 1978b, S. 44, Hervorhebung R. K.)

Und wenig später fügt Ekstein bezüglich seines Ideals eines Pädagogen hinzu:

»Ein gesunder Mensch paßt sich an die Gesellschaftsordnung an und arbeitet zu gleicher Zeit an der Anpassung der Gesellschaft an sich selbst. Er macht immer beides. Die wahre Idee ist die, daß gute Erziehung Menschen erzieht, die nicht nur in die Welt hineinwachsen, sondern auch an der Welt arbeiten. (…) Ich meine, eine gute Erziehung wäre die, die niemals mit der Welt ganz zufrieden ist, die immer die Welt bessern, verändern will, und eine schlechte Erziehung wäre die, die entweder nur für den Status quo arbeitet oder Menschen als Werkzeug verwendet.« (Ekstein 1978b, S. 45)

10. Die Wiederannäherung an Österreich (1970)

Nachdem Ekstein 1961 erstmals wieder seine geliebte Heimatstadt Wien besucht hatte, intensivierte sich seine Beziehung zu Österreich und Deutschland rasch. Seit 1970 reisten die Eksteins jährlich für jeweils gut zwei Monate nach Europa: Beim 1. Mai-Aufmarsch in Wien ist er stets dabei, um seine Geburtsstadt noch rechtzeitig vor dem 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, wieder zu verlassen. Der erlittene Schmerz löschte die positive Identifikation mit der intensiv erlebten progressiven Wiener Tradition nie ganz aus. Auch in den USA erinnerte er sich an ein Wort von Otto Glöckel: »Wir haben die Wiener Arbeiter von der Schnapsflasche zum Arbeitersymphoniekonzert geführt«; und an Julius Tandlers Bemerkung: »Wer Kindern Paläste baut, reist Kerkermauern nieder.«

Im Mai 1970 hielt Ekstein seine erste Freud-Vorle­sung in der Wiener Freud-Gesellschaft und 1971 den Vortrag »On the Psycho­analysts’ Reunion in Vienna: Faith and Reason – Action and Insight« an­läßlich des Internationalen Psychoanalytischen Kongresses in Wien. Seine ambivalenten Gefühle gegenüber seiner Heimatstadt drückte er so aus: »The International Psychoanalytic Congress in Vienna for quite a number of us was a sentimental journey back into the past, a painful reminder of tragic loss never fully to be mastered, a time for reflection as well as a happy feeling of a new hope« (Oberläuter 1985, S. 97). Solange es ihm sein Alter und seine Gesundheit ermöglichten – bis 1996 – reiste Ekstein jährlich nach Österreich und Deutschland, traf alte Freunde, referierte.

Ekstein hatte sich bei seiner Emigration – wie viele andere Vertriebene – geschworen, nie mehr in sein Heimatland zurückzukehren (Ekstein 1987, S. 472). Seit den 70er Jahren trat dieses schmerzhafte Gefühl zunehmend in den Hintergrund und wich dem Bedürfnis nach Zusammenarbeit, nach Ver­söh­nung. Symbolisch drückte er diesen Versöhnungswunsch in seinen jähr­lichen Euro­pareisen aus: Der Vertriebene brachte in sein Heimatland zu­rück, was er sich in seiner zweiten Heimat Amerika angeeignet hatte. Wie in dem Brief­wechsel mit Bruno Bettelheim in eindrücklicher Form nachzuem­pfinden ist (vgl. Kaufhold 1994a), hat er im Vergleich zu Bettelheim einen per­sön­lich sehr viel glückli­cheren Umgang mit seiner Vertreibung durch die National­sozialisten finden können. Da seine aus Amerika stam­mende Familie nicht bereit war, in Wien zu leben, wurde Rudolf Ekstein zu einem Wande­rer zwischen den Welten. Seine Europa-Reisen geben ihm innere Kraft und Stärke. Er betont: »Nie habe ich den Kontakt zu Europa verloren, weder im wörtlichen Sinne noch seelisch. In den letzten Jahren habe ich fast mehr deutsche als eng­lische Aufsätze geschrieben. Die deutsche Literatur hält mich aufrecht in den letzten Jahren« (in Koelbl 1989, S. 58).

11. Das Alter als ungebrochene Kontinuität und Vitalität

Auch in seinen letzten Jahren setzte Ekstein seine publizistische Tätigkeit fort, solange ihm dies gesundheitlich noch möglich war. Er hielt regelmäßig in Amerika, Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland Vorträge. Er hat zahlreiche Erinnerungen an enge Freunde verfaßt, etwa an Anna Freud (Ekstein 1982), Karl August Menninger und Bruno Bettelheim (Ekstein 1991, 1994, 1994a,b; vgl. auch Bettelheim/Ekstein 1994). An dem österreichi­schen Kongreß »Vertrie­bene Vernunft« im Jahre 1987 hat er sich aktiv betei­ligt (Ekstein 1987, Ekstein/Fallend/Reichmayr 1988).

Seine innere Verbundenheit mit seinem Heimatland, seiner Jugend, wurde mir bei einem Besuch in seiner Wohnung in Los Angeles deutlich, im Frühjahr 1992: Die Wände waren übersät mit Fotos von Sigmund und Anna Freud sowie von Bruno Bettelheim, dessen Freundschaft ihm in dessen letzten Le­bensjahren viel bedeutete. Es finden sich etwa 30 verschiedene Zerti­fikate von diversen amerikanischen Psychoanalytischen Vereinigungen, aber auch eine Viktor Adler Medaille, eine Ehrenmedaille für seine 50jährige Mit­gliedschaft in der Sozialistischen Partei Österreichs. An einer Wand hing eine riesige Wien-Ansicht »von oben« sowie alte Ausgaben der inzwischen einge­gangenen Arbeiterzeitung. Um seinen Swimmingpool tummelten sich seine Wiener Dackel »Waldi« und »Hansi«.

Rudolf Ekstein hatte alle Briefe, Zeitungs- und Zeitschriftenaufsätze von Freunden aufbewahrt, die allein 20 Aktenordner füllen. Es war ein riesi­ges, lebendiges wissenschaftliches Archiv und zugleich – wie er es selbst nannte – »aufgelesene Bruchstücke von Utopie« (in: Koelbl 1989, S. 59). Im oberen Stockwerk seiner Wohnung fanden sich noch alle deutschsprachi­gen Bücher, die er 1938 bei seiner Emigration in zwei Koffern mitgenommen hatte, darunter meh­rere Originalaus­gaben. waren überdauernde Dokumente eines Menschen, der seine inneren Erfahrungen und Überzeugungen nie aufgegeben, sondern diese gerne und in großzügiger Weise an seine Mitwelt weitergegeben hat.

Jährlich fand im Haus der Eksteins anläßlich des Unabhängigkeits­tages in den USA eine kleine Feierlichkeit des aus Europa stammenden Freundeskreises statt. Zu seinem Freundeskreis in Los Angeles gehören u. a. eine Tochter von Siegfried Bernfeld sowie der aus Wien vertriebene Psychoanalytiker und Psychiater Fritz C. Redlich.

Einer seiner Schüler, der sein sowie Bruno Bettelheims wissensc­haftliches und therapeutisches Werk aufarbeitet und fortführt, ist der Histori­ker und Psychoanaly­tiker David James Fisher (Fisher, 2003, Kaufhold et. al, 2003a).

Trotz seiner schwierigen Erfahrungen, trotz der Gewalt, die sich tagtäg­lich ereignet, hat Rudolf Ekstein einen gewissen unverbesserlichen Opti­mismus, einen konstruktiven, kreativ-kämpferischen Umgang mit den vorherrschenden Verhält­nissen niemals aufgegeben. Seine Lebensmaxime hat Rudolf Ekstein in folgen­den Worten zum Ausdruck gebracht:

»Junge Studenten der Psychoanalyse müssen lernen, aber auch rebellieren, müssen ihre Lehrer angreifen, sie verehren, sie bekämpfen. Lehren und lernen ist ein ewiger Kampf zwischen Alt und Jung (…) Ich sehe die Psychoanalyse als eine unvollendete Revolution, als eine Bewegung, die nur lebendig bleibt, wenn sie weitergeht, wenn sie nicht stille steht und sich nicht in sentimentaler orthodoxer Vergangenheit aufhält.« (Ekstein 1989, S. 41)

Dementsprechend insistiert Ekstein:

»Der Macht der Gewalt stelle ich die Macht der Vernunft entgegen. So wie es Freud einmal gesagt hat: Die Stimme des Intellekts ist leise, aber spricht unaufhörlich, bis sie sich Gehör verschafft hat. Für die Lösung des jüdischen Problems wurden immer schon verschiedene Wege vorgeschlagen. Die jüdischen Marxisten und Sozialisten in Wien wollten die Stadt und die Gesellschaft verändern. Theodor Herzl sagte, wir müssen wegzie­hen, denn hier kann man nichts verändern. Und Freud sagte, wir müssen uns innerlich verändern. Ich habe einmal halb im Scherz gesagt, daß ich in meinem Leben alle drei Lösungen kombiniert habe: Ich bin weggezogen, ich betreibe Psychoanalyse, das heißt die innerliche Veränderung, und ich trete für die politische Beteiligung an gesellschaftlichen Veränderungen ein. (…)

Ich glaube, die Sorgen, die wir heute haben, werden auch die Sorgen der nächsten Generation sein. In dieser Hinsicht sehe ich keine wirkliche Veränderung. Jeder von uns weiß, daß wir in einer gefährlichen Welt leben. Jeder Tag belehrt uns, daß immer noch Aggression und Gewalt regie­ren. Daran wird sich noch lange Zeit nichts ändern. Vielleicht werden wir kleine Inseln des Friedens haben. Solche Inseln versuche ich zu schaffen, indem ich einigen Menschen helfe, einige Menschen ausbilde, schreibe, Vorträge halte.« (Ekstein 1989, S. 59; Hervorhebung R. K.)

Daß die gewalttätige Vergangenheit nicht »bewältigt« wurde, daß ihre destruktive Energie auch heute noch fortwirkt, dürfte Ekstein nicht nur durch das Erstarken eines populistisch-reaktionären Demagogen wie Haider deutlich geworden sein. Aufgrund seiner regelmäßigen Vortrags- und Supervisionstätigkeit in Österreich wollte ihm die Wiener Universität ein Doktorat verleihen. Daraufhin meldete ein Hochschullehrer der Medizin Protest an: »Es sei doch nicht akzeptabel, daß erneut ein Jude ein Ehrendoktorat von der Wiener Universität verliehen bekomme…« Rudolf Ekstein erhielt die Auszeichnung im Oktober 1995 dennoch.

Am 18. März 2005 ist Rudi Ekstein in Los Angeles nach langer Krankheit verstorben, zehn Tage später verstarb seine Ehefrau Ruth, mit der er seit 1942 verheiratet war. Sie hinterlassen zwei Kinder, Jean und Rudolf, die beide in den USA als Lehrer arbeiten, sowie ein Enkelkind.

Nach Eksteins Tod wurde ein Teil seiner sterblichen Überreste in Wien beigesetzt. Das in der Jägerstraße 11-13 gelegene Wiener Rudolf Ekstein Zentrum, das sich als ein „sozialpädagogisches Zentrum für integrative Betreuung“ definiert, versteht sich als geistiges Erbe des Wirkens Rudolf Eksteins.

Eksteins sehr umfangreiche Privatbibliothek sowie sein sonstiger Nachlass werden an der Wiener Universität Wien in der „Rudolf Ekstein-Sammlung“ aufbewahrt. Im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) finden sich Interviews mit Ekstein.

Nach dem Tode Rudolf Eksteins schickte mir sein amerikanischer Kollege Daniel Benveniste am 31.3.2005 eine persönlich gehaltene Erinnerung an seinen befreundeten Kollegen, die ich abschließend wiedergeben möchte:

„Some years later I contacted him and asked if I could collect his oral history on his early training in Vienna. He readily agreed and we set a date to meet. I flew from San Francisco, where I was living, to his home in Los Angeles. He greeted me at the door with a flourish and then ushered me into his home which was a veritable psychoanalytic museum filled with old books, old photos, old letters, mountains of Freudiana and artifacts of his own illustrious psychoanalytic career including countless diplomas, certificates and honorary degrees, framed and covering the walls. After receiving the tour we took a walk to a nearby restaurant and were about to order lunch. I looked at the menu and decided on something. The waitress arrived to take our order and Rudi asked me “What will you have?” I said, “I’ll have the pasta primavera.” Rudi turned to the waitress and said, “I’ll have the same.” He then turned to me and added, `It will foster the identification!´”

Von Roland Kaufhold für haGalil gekürzte Version seiner biografisch-werktheoretischen Studie über Rudolf Ekstein (2001). Diese Studie wurde dem Buch von Roland Kaufhold (2001): Bettelheim, Ekstein, Federn: Impulse für die psychoanalytisch-pädagogische Bewegung, Psychosozial-Verlag, Gießen entnommen. Die Redaktion dankt dem Autor und dem Psychosozial-Verlag für die freundlich erteilte Nachdruckgenehmigung.  Bestellen?

Literatur

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  1. Ekstein: »Der Siegfried Bernfeld war, was soll ich sagen, eine Art frecher Revolutionär« (Scholz-Strasser 1992, S. 7). Und: »Der eindrucksvollste psychoanalytische Schriftsteller war für mich Siegfried Bernfeld« (Oberläuter 1985, S. 244). [↩]
  2. Diesen Wunsch nach Kooperation mit kleinen Forschungs- und Behandlungsinstitutionen, die in vergleichbarer Weise wie er mit autistisch-psychotischen Kindern arbeiten, realisierte er in seiner Kooperation mit Bruno Bettelheim sowie mit dem Rottenburger Verein für psychoanalytische Sozialarbeit. [↩]

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