Kunden-Psychologie: Haptik – Produkte zum Anfassen

Nur Bares ist Wahres!

Unser Gehirn hat sich über Jahrmillionen entwickelt. Auf eine digitale und virtuelle Welt ist es deshalb denkbar schlecht vorbereitet. So erinnern wir uns viel wahrscheinlicher an Dinge, mit denen wir eine haptische Erfahrung verbinden. Die Haptik wird deshalb auch als unser „Wahrheitssinn“ bezeichnet: Durch Anfassen und Befühlen überprüfen wir unsere Eindrücke. Wir „begreifen“ die Welt im Wortsinn. Mithilfe des Tastsinns

  • gelangen Informationen ins Langzeitgedächtnis
  • wird Wertschätzung für ein Produkt erzeugt
  • werden Produkte und Botschaften glaubwürdig
  • wird Kaufbereitschaft geweckt.

Haptik erzeugt emotionale Bindung

Wenn wir frisch verliebt sind, dann können wir die Finger nicht voneinander lassen. So ist es auch, wenn wir uns in ein neues Produkt verliebt haben: Wir wollen es die ganze Zeit anfassen.

Zwischen Menschen ist die körperliche Nähe dazu da, die Beziehung und die Bindung zu festigen. Dann schüttet unser Gehirn Glückshormone wie Dopamin aus, die zum kurzfristigen Glücksrausch und zur langfristigen Stabilisierung der Partnerschaft beitragen. Analog funktioniert das in der Produktwelt: Durch den körperlichen Kontakt „binden“ wir uns emotional an das Produkt – das Handy, das Tablet, das fein geprägte Papier oder den weichen Wintermantel. Es entsteht also eine emotionale Bindung, die sich Verkäufer zu Nutze machen können, um ihre Marke und ihre Produkte an den Mann bzw. die Frau zu bringen.

Werbeblindheit und -taubheit

Durch die permanente Reizüberflutung sind Augen und Ohren ausgelastet. Gegenüber Werbebotschaften, die Sehen und Hören ansprechen, sind wir bereits blind und taub (Mehr dazu auch im Beitrag Kunden-Psychologie: Hintergrundmusik für mehr Umsatz) geworden. Wer dagegen auf den Tastsinn abzielt bzw. ihn in seine Marketing-Aktivitäten miteinbindet, ist nachweislich erfolgreicher: bis zu 30 Prozent mehr Umsatz sind möglich, wenn der Tastsinn gezielt angesprochen wird.

Haptik: Vorteil für den stationären Einzelhandel

Der Online-Handel boomt. Gegenüber dem stationären Einzelhandel hat er aber einen entscheidenden Nachteil: Die Haptik lässt sich nicht am Bildschirm ansprechen. Hier liegt großes Potenzial!

Beispiel Mode: Im stationären Handel werden Kaufentscheidungen weit schneller und kurzfristiger getroffen als beim Online-Shopping. Schließlich befühlen wir dort den Stoff der Kleidungsstücke, was in uns bestimmte Gefühle auslöst. Eine angenehme Haptik löst bereits das „Gefühl des Besitzens“ aus: Damit ist das Kleidungsstück schon fast gekauft.

Bücher zum Anfassen

Mode tragen wir direkt auf der Haut. Die Haptik ist deshalb ganz entscheidend bei diesen Produkten. Ähnlich bei Büchern: Print-Produkte haben gegenüber E-Books den Vorteil, dass wir sie anfassen können und sie uns deshalb auf anderen – auf mehr – Sinneskanälen ansprechen.

Geprägtes Leinen, dickes Papier: Das erzeugt den Eindruck von Hochwertigkeit. Assoziationen zwischen sinnlicher Wahrnehmung und einem qualitativ-hochwertigen Inhalt sollen so über die Haptik geweckt werden.

Ähnliches gilt für Mailings: Je hochwertiger das Papier, desto höher auch die Responseraten. Denn durch Schwere und Dicke des Papiers wird der Eindruck von Qualität und Seriosität vermittelt.

Und wenn es nichts zum Anfassen gibt?

Kleidung und Bücher kann man anfassen und befühlen. Aber wie steht es um Software-Programme? Oder um Versicherungen? Hier haben es Verkäufer und Kunden mit Produkten zu tun, die sich nun einmal nicht sinnlich erfassen lassen. Umso wichtiger ist es, trotzdem den Vorteil für den Kunden deutlich zu machen. Gerade bei Versicherungen und Finanzprodukten ist es essenziell, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und das gewinnt man über den Wahrheitssinn: die Haptik.

Verkäufer nutzen deshalb oft haptische Verkaufshilfen um solche abstrakten Produkte erfass- und erlebbar zu machen. Puzzleteile, die zusammen alle Bestandteile der Altersvorsorge ergeben sind ein Beispiel. Oder auch ein Taschenrechner, mit dem sich Renditen in bestimmten Zeiträumen berechnen lassen. Weiterer Vorteil: Der Kunde wird selbst aktiv. Er gestaltet in einem Prozess Entwicklungen, die so für ihn greifbar werden. Effekte und Vorteile werden so für ihn transparenter, glaubwürdiger und er entscheidet sich leichter und schneller für einen Kauf oder Abschluss.

Es lohnt sich für Verkäufer und Werber also, den Horizont zu erweitern und nicht nur Augen und Ohren anzusprechen. Denn: Nur Bares ist Wahres!

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