Kontakt hilft gegen Vorurteile und Diskriminierung

Vorurteile und Diskriminierung können mit Hilfe von Maßnahmen, die den Kontakt zwischen verschiedenen Gruppen fördern, erfolgreich bekämpft werden. Dies schließen Psychologen der Philipps-Universität Marburg aus einer Metaanalyse.


„Das Vorurteil ist das Kind der Unwissenheit“, schrieb schon der englische Schriftsteller William Hazlitt (1778-1830) Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Und tatsächlich konnten psychologische Forschungen zeigen, dass Personen, die Kontakt mit anderen sozialen oder ethnischen Gruppen haben, weniger zu Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt gegenüber diesen Gruppen neigen als solche, die keinen Kontakt – und folglich weniger Wissen – haben. Wie sich diese „Kontakthypothese“ jenseits von Laborexperimenten und Umfragen bewährt, untersuchten Psychologen der Philipps-Universität Marburg nun in einer Metaanalyse.

Studien zur „Kontakthypothese“ im Alltag

Die Wissenschaftler gingen dabei vor allem den Fragen nach: Welchen Einfluss haben Kontaktinterventionen, also aktiv herbeigeführte Kontakte unter natürlichen Alltagsbedingungen? Wie langfristig sind die Effekte? Und trifft die „Kontakthypothese“ auch bei indirektem Kontakt zu, also dann, wenn sich die Gruppenmitglieder nicht physisch begegnen, sondern lediglich erfahren, dass Personen aus der eigenen Gruppe mit der anderen Gruppe Kontakt haben?
Nach Antworten suchten die Forscher in den Daten von insgesamt 73 sorgfältig ausgewählten wissenschaftlichen Dokumenten aus den Jahren 1934 bis 2012 mit mehr als 10.000 Teilnehmern. Auf Basis dieser Studien ermittelten sie, wie effektiv verschiedene Kontaktformen bezüglich der Verringerung von Vorurteilen waren.

Maßnahmen langfristig wirksam

Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigen, dass die Kontaktinterventionen unter natürlichen Alltagsbedingungen langfristig wirksam waren. Selbst verfeindete Gruppen aus Krisen- oder Konfliktgebieten sprachen positiv auf sie an. Dies galt sowohl für Angehörige von Minderheiten – zum Beispiel Menschen mit Migrationshintergrund – als auch für Angehörige von Mehrheiten – zum Beispiel die einheimische Bevölkerung. Zudem wurden durch die Interventionen nicht nur die Vorurteile gegenüber einzelnen Individuen vermindert: Es kam zu einer Vorurteilsverminderung gegenüber der gesamten fremden Gruppe.
Auch profitierten die Studienteilnehmer von bestimmten Formen des indirekten Kontakts – zum Beispiel Büchern und Filmen – genau so stark wie von direktem Kontakt.

Kontaktinterventionen als Instrument in der Flüchtlingspolitik

Die Forscher schließen aus ihrer Analyse, dass Kontakt eine effektive und leicht einsetzbare Interventionsmaßnahme ist, um Vorteile und Diskriminierung zu vermindern. Und sie verweisen auf die politische Tragweite dieser Erkenntnis: Man denke nur an die Ansiedlung von Menschen mit Migrationshintergrund und die aktuellen Debatten um die Unterbringung von Flüchtlingen.

Literatur

Lemmer, G. Wagner, U. (2015). Can we really reduce ethnic prejudice outside the lab? A meta-analysis of direct and indirect contact interventions [Abstract]. European Journal of Social Psychology, 45, 152-168.

23. Juni 2015
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Foto: © Annika Strupkus

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