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Keine Spenderlebern für schwere Kinder

Seit diesem Sommer gelten angepasste Organzuteilungsregeln: Lebern von erwachsenen Spendern müssen prioritär Kindern bis 25 Kilogramm zugeteilt werden. Ein Jurist wittert Diskriminierung.

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Ein Arzt des Kinderspitals Zürich bringt ein gesundes Herz in den Operationssaal. (Dezember 2011)
Bild: Gaëtan Bally/Keystone


Mehr Informationen, mehr Ablehnung

Immer mehr Schweizer lehnen es ab, ihre Organe zu spenden – trotz der Kampagnen des Bundes.

Seit 2007 führt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) jedes Jahr Informationskampagnen zu Organspenden durch. Es fordert die Bevölkerung auf, sich zu informieren und für sich einen Entscheid zu treffen. Und mahnt im neusten TVSpot, in dem zwei Männer im Auto über einen Abgrund schaukeln: «Warten Sie nicht zu lange. Sonst müssen Ihre Angehörigen für Sie entscheiden.»

Seit die Kampagnen laufen, ist allerdings nicht die Zustimmung, sondern die Ablehnung gegenüber Organspenden gestiegen – von anfänglich 43 Prozent auf 53 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2012. «Es stellt sich die Frage, ob sich die Kampagnen nicht nachteilig auf die Spendenbereitschaft auswirken», sagt Franz Immer, Direktor von Swisstransplant. Er kann sich vorstellen, dass die Bevölkerung irritiert ist, dass das heikle Thema derart prominent abgehandelt wird. Beim BAG heisst es, man könne die höhere Ablehnungsrate nicht bestätigen oder kommentieren, da man sie nicht selber erhebe. 2013 hat das Amt 1,5 Millionen Franken für die Kampagne ausgegeben.

In Europa lehnen es nur 30 Prozent der Bevölkerung ab, Organe zu spenden. Mit Nationalität oder Religion habe die Ablehnung aber nichts zu tun, sagt Franz Immer. Der Grund sei vielmehr, dass viele europäische Spitäler besser auf Organspenden vorbereitet seien als jene in der Schweiz. Sie verfügten etwa über Fachleute, die mit Patienten oder Angehörigen Gespräche führten und wüssten, wie sie sich in dieser schwierigen Situation verhalten müssten. Dagegen weiss Immer von Schweizer Spitälern, die sich bei Angehörigen von Hirntoten nicht einmal erkundigen, ob eine Organspende infrage kommt. Gar nichts hält er vom «hochgelobten spanischen Modell», das zur höchsten Spenderrate Europas führt: Dort erhalten Spitalangestellte eine Prämie, wenn sie jemanden dazu bringen, Organe zu spenden. «Die Betroffenen müssen ethisch und moralisch frei entscheiden können. Man darf sie nicht unter Druck setzen, indem man sagt, wenn sie nicht zustimmten, würde ein Mensch sterben.»

Bewährt hat sich für Swisstransplant die Zusammenarbeit mit Facebook: Seit letztem Herbst können die Benutzer in ihrem Profil angeben, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden wollen oder nicht und über das Netzwerk Spendekarten herunterladen. «So diskutiert man über ein Thema, dem man gerne ausweicht», sagt Immer. Und mittlerweile wird bei Swisstransplant fast jede vierte Spendekarte über Facebook heruntergeladen.
Janine Hosp

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Der Bund führt erstmals eine exakte Gewichtsgrenze als Zuteilungskriterium für Organe ein: Gespendete Lebern von Erwachsenen müssen künftig prioritär Kindern zugeteilt werden, die nicht schwerer als 25 Kilogramm sind. So steht es in der Änderung der Organzuteilungsverordnung, die im Juli in Kraft trat.

Diese Neuerung hat Max Baumann, Rechtsanwalt und Gründungsmitglied des Instituts Dialog Ethik, hellhörig gemacht. Er hält sie für problematisch: «Die neue Regelung führt zu Diskriminierungen», sagt er. «Sie sollte unbedingt nochmals überdacht werden.» Baumann glaubt, dass übergewichtige und fettleibige Kinder durch das 25-Kilogramm-Limit benachteiligt werden. Zudem bewirke die Gewichtsgrenze tendenziell eine Bevorzugung von Mädchen gegenüber von Jungen, die das Gewicht von 25 Kilogramm früher erreichten, so Baumann. Unklar ist dem Juristen auch, was passiert, wenn ein junger Patient schwerer als 25 Kilogramm wird, während er noch auf der Transplantationswarteliste steht. «Kinder können innert weniger Wochen mehrere Kilos zunehmen», sagt Baumann. Er hat seine Kritik Anfang Woche im Schweizer Juristen-Fachblatt «Jusletter» dargelegt.

Kritik stösst auf Unverständnis

Beobachter fühlen sich an die Diskussion erinnert, die die Nationale Stiftung für Organspende und Transplantation, Swisstransplant, vor drei Jahren losgetreten hat. Ihr Direktor, Franz Immer, regte damals an, bei der Zuteilung von Organen stärker auf den Nutzen zu achten. So solle ein Organ nicht unbedingt den Patienten auf der Warteliste zugeteilt werden, denen es am schlechtesten geht. Unter Umständen könne es sinnvoller sein, Patienten mit den grössten Erfolgaussichten das Organ zu geben.

Die Kritik des Juristen stösst bei Transplantationsmedizinern auf Unverständnis. «Die Gewichtsgrenze von 25 Kilogramm hat einen rein medizinisch-technischen Grund», sagt Swisstransplant-Direktor Immer. Die angepasste Regelung habe deshalb auch nichts mit der Diskussion von vor drei Jahren zu tun. «Die medizinische Dringlichkeit bleibt oberstes Kriterium, und es dürfen keine Patienten diskriminiert werden», sagt Immer.

In der Schweiz werden jedes Jahr rund ein halbes Dutzend Lebertransplantationen bei Kindern vorgenommen. Ein Teil der Organe stammt dabei von erwachsenen Spendern. In seltenen Fällen gibt es seit wenigen Jahren die Möglichkeit, die Leber von Erwachsenen in zwei Teile aufzuteilen: den grossen rechten Lappen und den kleinen linken Lappen. Der kleinere Teil der Leber lässt sich einem Kind unter 25 Kilogramm zuteilen, während der grössere Lappen einem Erwachsenen gegeben werden kann. «Damit lassen sich die raren Organe optimal nutzen und mit einer Spende zwei Empfängern transplantieren», sagt Immer.

Untergewichtige Empfänger

Internationale Erfahrungen zeigen gemäss Swisstransplant, dass vor allem die kleinen Kinder auf der Warteliste schwer krank sind und dringend ein Organ brauchen. «Sie sind alle weit unter 25 Kilogramm», sagt Immer. Dass durch das Limit Knaben benachteiligt würden, sieht er nicht: «Um das Alter von acht Jahren sind die Mädchen grösser – die Diskriminierung wäre eher umgekehrt.» Daniel Candinas, Chefarzt Viszerale und Transplantationschirurgie am Inselspital in Bern, empfindet die Kritik von Baumann als «Spitzfindigkeit» ohne Realitätsbezug: «Leberkranke Kinder sind nie übergewichtig.» Sie seien im Gegenteil von schwerer Mangelernährung bedroht.

Das 25-Kilogramm-Kriterium kommt laut Gesetz nur bei Spendern über 18 Jahren zum Einsatz, wenn keine Notfälle eine sofortige Transplantation notwendig machen. Bei jüngeren Spendern spielt das Körpergewicht der Empfänger hingegen keine Rolle, das Alter wird ausschliessliches Kriterium: Erste Priorität haben Kinder unter zwölf Jahren, dann Jugendliche bis 18 und schliesslich Patienten über 18.

Mit dieser Bevorzugung von Kindern sollen die Mängel des bisherigen Systems behoben werden. «Kleine Kinder mit geringer Muskelmasse wurden bislang benachteiligt», sagt Immer. «Sie haben bei einem Messkriterium im Vergleich zu Jugendlichen und Erwachsenen deutlich tiefere Werte.»

Eine Niere wegen Ausbildung

Eine Priorisierung von Kindern und Jugendlichen existiert auch bei der Zuteilung von Nieren und Herzen. So haben unter 20-Jährige Priorität bei Nierentransplantationen. «Man will sie nicht den Schäden an Augen und Gefässen durch eine jahrelange Dialyse aussetzen», sagt Immer. Zudem bekämen die Kinder und Jugendlichen bei ihrer Ausbildung Probleme wegen Müdigkeit durch die Nierenkrankheit. Beim Herz werden unter 16-Jährige bevorzugt, wenn der Spender ebenfalls unter 16 ist. «Diese Bevorzugung geschieht immer nur unter der Voraussetzung, dass auf der Warteliste keine dringlichen Fälle zum gespendeten Organ passen», sagt Immer.

Beide Regelungen existieren bereits seit über fünf Jahren. «Der Gesetzgeber hat entschieden, dass ‹Gleichheit› wichtiger als ‹Nutzen› sei», sagt Chefarzt Candinas. Anpassungen seien ausschliesslich innerhalb dieses Rahmens möglich. (Tages-Anzeiger)

Erstellt: 21.08.2013, 08:55 Uhr


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