Kein Fußball – Wie packe ich den WM-Entzug?

Auch das schönste Turnier geht einmal zu Ende: Deutschland ist Weltmeister, die Deutschen im Siegesrausch, aber die WM 2014 Geschichte. Was sollen wir jetzt nur mit uns anfangen, wo doch die täglich Dosis Fußball fehlt - ein Experte weiß Rat.

Mehr als einen Monat lang haben wir fast täglich Fußball geschaut, immer nur von Spiel zu Spiel gelebt, während sonst so wichtige Termine zur Nebensache wurden. An- und Abpfiff bestimmten unseren Alltag - ohne unsere Dosis Fußball am Abend konnten wir einfach nicht ins Bett. Der WM-Spielplan diktierte in vielen Büros auch den Dienstplan, eine der wichtigsten Herausforderungen der letzten Wochen erwartete uns nicht am Morgen, denn der Vortrag vor den Chefs war ein Klacks gegen die Herausforderungen der Nacht.

Was wird aus uns Fußballfan-Workaholics?

Hier waren unsere Kernkompetenzen als Fans gefragt: Mitfiebern, mitbangen, mitfeiern – dann die große Belohnung, die für viele mehr Wert ist als eine Gehaltserhöhung: Deutschland ist Weltmeister und damit wir alle, aber was jetzt? Was sollen wir, die Fußballfan-Workaholics, jetzt eigentlich machen?

Gemeinsames WM-Schauen gibt Halt

 „Das gemeinsame WM-Schauen hat natürlich Halt gegeben“, sagt Fedor Weiser. Der Sozialwissenschaftler beschäftigt sich in seinem zusammen mit Thomas Schneider herausgegebenen Buch „Fußball als Droge“ eingehend mit dem Thema. Weiser hat in der Drogenhilfe gearbeitet und lange Zeit das Frankfurter Fanprojekt geleitet, das die Kommunikation zwischen Fußballfans, Polizisten und Vereinsverantwortlichen fördert.

Bei der Mehrzahl kein krankhafter Zustand

Dass die haltgebenden gemeinsamen WM-Momente jetzt erst einmal zu Ende sind, könne ein Gefühl von Leere entstehen lassen, so der Fußballfanexperte: „Aber das ist etwas ganz Gesundes“, sagt Weiser. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass sich die meisten Fans nicht in einem pathologischen Zustand befinden, wie der Mitarbeiter des Instituts für Berufs- und Sozialpädagogik in Pohlheim erklärt. „Schließlich bedauern die meisten Fans, dass die WM zu Ende ist. Sie haben etwas Schönes verloren.“ Insofern ist das, was sich bei vielen wie ein Entzug anfühlt, also nichts Krankhaftes.

Dies sei bei wirklich süchtigen Fans anders: Ihnen fehlt ihre Dosis Fußball auch, aber mitten in der Sommerpause der Bundesliga erklären sie laut Weiser dann oft: „Gott sei Dank, ist das vorbei.“ Sie sind erleichtert, dass die Saison vorüber ist, ihre Fußballsucht empfinden sie als Last. Außerdem könne die Phase der Fußball-Abstinenz sich bei ihnen auch in einer gewissen Aggressivität auswirken.

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Lederhosen und Dirndl unter südlicher Sonne: Familie Zwicker hat sich für ihren Besuch in der Vila Germânica stilecht gekleidet.

Foto: Manuel Meyer/ dpa


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